Leider - oder zum Glück - stimmen Computersimulationen nicht immer ....
"Wissenschaftler vom Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung sagen die WM-Ergebnisse voraus
Josef Zens
"Fußball ist, wenn zweiundzwanzig Spieler um einen Ball kämpfen und am Ende immer Deutschland gewinnt."
Gary Lineker, ehemals Nationalspieler von England
Die richtigen Ergebnisse in einer so simplen Sportart wie Fußball vorherzusagen, ist einfach. Man muss nur zwanzig oder dreißig Jahre lang jeden Samstag Sportstudio gesehen haben, sich überdies in jenem Zeitraum mindestens dreimal pro Monat in einem Stadion aufgehalten haben, um sich ein Spiel anzuschauen, sich heiser zu brüllen und danach im Stau zu stehen. Außerdem ist die jahrzehntelange Lektüre von Fachmagazinen, zum Beispiel "Kicker", und den Sportseiten der Tagespresse Pflicht.
Wer sich dies nicht antun und dennoch in den kommenden Wochen mitreden will, dem bieten Forscher des Berliner Max-Planck-Instituts (MPI) für Bildungsforschung nun Hilfe an. Die Kognitionspsychologen um Gerd Gigerenzer haben ein Computermodell entwickelt, das die Ergebnisse der morgen beginnenden Fußballweltmeisterschaft vorhersagt. Es sei, so sagen die Erfinder Markus Raab und Christian Gröschner, einfacher und zugleich besser als andere Modelle.
"Wir nehmen die Reihenfolge der letzten WM und wenden sie auf die derzeitige Auslosung an", sagt Raab. Der Computer wird also mit allen Ergebnissen der Vorrunden und der Finalspiele 1998 in Frankreich gefüttert. Daraus kann er dann zumeist ableiten, welches von jeweils zwei Teams das stärkere ist, selbst wenn sie nicht direkt gegeneinander antraten. "Take the last ranking", heißt dieser Ansatz. Das Modell weist jedem Team einen Ranglistenplatz zu, der dem Abschneiden beim letzten World Cup entspricht. Frankreich ist demnach auf Rang 1, Brasilien auf Rang 2 und so weiter. Dieser Ranglistenplatz entscheidet im Modell, wer gewinnt: Trifft beispielsweise in der aktuellen Vorrunde Italien (1998 im Achtelfinale ausgeschieden) auf Kroatien (1998: Rang 3), dann gewinnt der MPI-Prognose zufolge Kroatien. Es ist nur ein einziger "Parameter", der den Ausgang der Prognose bestimmt. Sollte es einmal zu einer Kombination keine eindeutigen Informationen geben (zum Beispiel weil ein Team neu hinzukam), dann übernimmt ein Zufallsgenerator die Entscheidung. "Andere Modelle sind weitaus komplizierter", sagt Raab. Deren Vorhersagen basierten auf vielen verschiedenen Angaben, etwa auf dem Verhältnis von geschossenen Toren und Gegentoren, der geschätzten Spielleistung in Angriff und Verteidigung und der Rangliste in der Fifa-Wertung.
Um ihr eigenes, simpleres Modell zu testen, ließen die Berliner Forscher es gegen ein Programm der Harvard University antreten. Ziel war es, den Medaillenspiegel der Olympischen Spiele in Salt Lake City vorherzusagen. Obwohl die Harvard-Experten sogar Wirtschaftsinformationen über die Staaten für ihre Vorhersagen nutzten, lagen sie weiter daneben als die Berliner. Harvard prognostizierte 12 von 24 Platzierungen annähernd richtig, also mit geringerem Abstand als vier Ränge vom korrekten Ergebnis, Berlin 16 von 24. Statistisch ausgedrückt: Harvard erreichte einen Wert von 0,67; Berlin 0,80. Je näher die Zahl bei 1,0 liegt, desto besser ist die Vorhersage.
Und was kommt nun bei der diesjährigen Fußballweltmeisterschaft heraus? "Frankreich siegt", sagt Raab und teilt lapidar das Ergebnis der MPI-Prognose mit: Zweiter wird Kroatien, Dritter Argentinien und Vierter Italien. Die Berliner Kognitionspsychologen mit dem Faible für Fußball - Raab ist St.-Pauli-Fan - haben auch andere Modelle benutzt und deren Ergebnisse dokumentiert. Kroatien wird demnach überraschend stark eingeschätzt: Ein Computer hat das Team des Balkan-Staates als Sieger ermittelt, ein anderer immerhin als Vizeweltmeister. Italien landet in jedem der Prognose-Programme auf dem vierten Platz. Am interessantesten ist das Ergebnis eines US-Modells: Demnach heißt der Weltmeister 2002 China.
Auf die Frage nach dem praktischen Nutzen dieser Rechnerei antwortet Raab: "Auch Menschen gehen nach sehr einfachen Entscheidungsregeln vor. Wir können also mit unserem Modell zum Beispiel das Wettverhalten von Menschen simulieren." Dafür würden sich etwa Wettbüros interessieren.
Es lassen sich aber auch andere Dinge vorhersagen, wie das Beispiel Olympia zeigt. Raab: "Wir sind in der Lage zu ermitteln, welche Sportarten besonders viele Medaillen holen werden." Das könne für Fachverbände wichtig sein, die über die Förderung von Sportarten zu entscheiden haben. Einen weiteren Vorteil bietet das Modell den Entwicklern selbst. Während in vielen Betrieben diskutiert wird, ob es der Belegschaft erlaubt werden sollte, dort Fußball zu gucken, ist für die Max-Planck-Forscher längst klar: Fußballschauen gehört zu ihrer Arbeit.
Ein Vorschlag für alle, die Probleme mit solch unsicheren Prognosen haben: Sie könnten es wie der frühere Bundesligatrainer Dragoslav Stepanovic halten. Der antwortete auf die Frage eines Reporters, was die kommende Woche wohl bringe: "Montag, Dienstag, Mittwoch ."
"Wissenschaftler vom Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung sagen die WM-Ergebnisse voraus
Josef Zens
"Fußball ist, wenn zweiundzwanzig Spieler um einen Ball kämpfen und am Ende immer Deutschland gewinnt."
Gary Lineker, ehemals Nationalspieler von England
Die richtigen Ergebnisse in einer so simplen Sportart wie Fußball vorherzusagen, ist einfach. Man muss nur zwanzig oder dreißig Jahre lang jeden Samstag Sportstudio gesehen haben, sich überdies in jenem Zeitraum mindestens dreimal pro Monat in einem Stadion aufgehalten haben, um sich ein Spiel anzuschauen, sich heiser zu brüllen und danach im Stau zu stehen. Außerdem ist die jahrzehntelange Lektüre von Fachmagazinen, zum Beispiel "Kicker", und den Sportseiten der Tagespresse Pflicht.
Wer sich dies nicht antun und dennoch in den kommenden Wochen mitreden will, dem bieten Forscher des Berliner Max-Planck-Instituts (MPI) für Bildungsforschung nun Hilfe an. Die Kognitionspsychologen um Gerd Gigerenzer haben ein Computermodell entwickelt, das die Ergebnisse der morgen beginnenden Fußballweltmeisterschaft vorhersagt. Es sei, so sagen die Erfinder Markus Raab und Christian Gröschner, einfacher und zugleich besser als andere Modelle.
"Wir nehmen die Reihenfolge der letzten WM und wenden sie auf die derzeitige Auslosung an", sagt Raab. Der Computer wird also mit allen Ergebnissen der Vorrunden und der Finalspiele 1998 in Frankreich gefüttert. Daraus kann er dann zumeist ableiten, welches von jeweils zwei Teams das stärkere ist, selbst wenn sie nicht direkt gegeneinander antraten. "Take the last ranking", heißt dieser Ansatz. Das Modell weist jedem Team einen Ranglistenplatz zu, der dem Abschneiden beim letzten World Cup entspricht. Frankreich ist demnach auf Rang 1, Brasilien auf Rang 2 und so weiter. Dieser Ranglistenplatz entscheidet im Modell, wer gewinnt: Trifft beispielsweise in der aktuellen Vorrunde Italien (1998 im Achtelfinale ausgeschieden) auf Kroatien (1998: Rang 3), dann gewinnt der MPI-Prognose zufolge Kroatien. Es ist nur ein einziger "Parameter", der den Ausgang der Prognose bestimmt. Sollte es einmal zu einer Kombination keine eindeutigen Informationen geben (zum Beispiel weil ein Team neu hinzukam), dann übernimmt ein Zufallsgenerator die Entscheidung. "Andere Modelle sind weitaus komplizierter", sagt Raab. Deren Vorhersagen basierten auf vielen verschiedenen Angaben, etwa auf dem Verhältnis von geschossenen Toren und Gegentoren, der geschätzten Spielleistung in Angriff und Verteidigung und der Rangliste in der Fifa-Wertung.
Um ihr eigenes, simpleres Modell zu testen, ließen die Berliner Forscher es gegen ein Programm der Harvard University antreten. Ziel war es, den Medaillenspiegel der Olympischen Spiele in Salt Lake City vorherzusagen. Obwohl die Harvard-Experten sogar Wirtschaftsinformationen über die Staaten für ihre Vorhersagen nutzten, lagen sie weiter daneben als die Berliner. Harvard prognostizierte 12 von 24 Platzierungen annähernd richtig, also mit geringerem Abstand als vier Ränge vom korrekten Ergebnis, Berlin 16 von 24. Statistisch ausgedrückt: Harvard erreichte einen Wert von 0,67; Berlin 0,80. Je näher die Zahl bei 1,0 liegt, desto besser ist die Vorhersage.
Und was kommt nun bei der diesjährigen Fußballweltmeisterschaft heraus? "Frankreich siegt", sagt Raab und teilt lapidar das Ergebnis der MPI-Prognose mit: Zweiter wird Kroatien, Dritter Argentinien und Vierter Italien. Die Berliner Kognitionspsychologen mit dem Faible für Fußball - Raab ist St.-Pauli-Fan - haben auch andere Modelle benutzt und deren Ergebnisse dokumentiert. Kroatien wird demnach überraschend stark eingeschätzt: Ein Computer hat das Team des Balkan-Staates als Sieger ermittelt, ein anderer immerhin als Vizeweltmeister. Italien landet in jedem der Prognose-Programme auf dem vierten Platz. Am interessantesten ist das Ergebnis eines US-Modells: Demnach heißt der Weltmeister 2002 China.
Auf die Frage nach dem praktischen Nutzen dieser Rechnerei antwortet Raab: "Auch Menschen gehen nach sehr einfachen Entscheidungsregeln vor. Wir können also mit unserem Modell zum Beispiel das Wettverhalten von Menschen simulieren." Dafür würden sich etwa Wettbüros interessieren.
Es lassen sich aber auch andere Dinge vorhersagen, wie das Beispiel Olympia zeigt. Raab: "Wir sind in der Lage zu ermitteln, welche Sportarten besonders viele Medaillen holen werden." Das könne für Fachverbände wichtig sein, die über die Förderung von Sportarten zu entscheiden haben. Einen weiteren Vorteil bietet das Modell den Entwicklern selbst. Während in vielen Betrieben diskutiert wird, ob es der Belegschaft erlaubt werden sollte, dort Fußball zu gucken, ist für die Max-Planck-Forscher längst klar: Fußballschauen gehört zu ihrer Arbeit.
Ein Vorschlag für alle, die Probleme mit solch unsicheren Prognosen haben: Sie könnten es wie der frühere Bundesligatrainer Dragoslav Stepanovic halten. Der antwortete auf die Frage eines Reporters, was die kommende Woche wohl bringe: "Montag, Dienstag, Mittwoch ."