Wasser - die stille Erfolgsstory

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Nassie:

Wasser - die stille Erfolgsstory

 
03.05.03 12:58
Getränke: Die Deutschen trinken 110 Liter Mineralwasser im Jahr. Der Markt boomt. Kohlensäurefreie Wasser legen am stärksten zu. Hamburg

Ihr blaues Design strahlt Frische und Eleganz aus. Eben so, wie sich trendbewusste Leute von heute die Verpackung eines gesunden, kühlen, alkoholfreien Drinks vorstellen: die stillen Wasser der großen internationalen Marken wie Volvic, Vittel und Evian. Seit Jahren erobern die Sprudelfreien die Supermarktregale in Deutschland. Doch noch hat der Trend einen Schönheitsfehler: "Die Erfolgsgeschichte des stillen Wassers in Deutschland ist bisher eine rein französische Geschichte", sagt Christoph Witte von der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK).

Die klassischen französischen Markenartikel, die wiederum den Großkonzernen Nestlé (Vittel) und Danone (Evian, Volvic) gehören, verkaufen derzeit mehr als die Hälfte der nichtsprudelnden Mineralwasser - das so genannten "platte Wasser". Zwar konnten auch die deutschen Brunnen von dem Aufwärtstrend profitieren - doch sind sie in dem Sektor noch weit von der Marktmacht ihrer französischen Konkurrenten entfernt.

Allerdings holen die deutschen Anbieter auf. So ging der größte deutsche Mineralwasseranbieter Gerolsteiner Mitte Januar mit einem neuen kohlesäurefreien Wasser an den Markt. Das Unternehmen verpasste seinem Vorgängerprodukt "Excelsis" einen neuen dynamischen Namen (Naturell), ein neues Design und einen anderen Geschmack. Jetzt ähnelt das Produkt mit seiner leicht bläulichen, geriffelten PET-Flasche eher den französischen Klassikern. Und das wirkte: Seit Einführung stieg der Absatz des stillen Wassers sprunghaft um 63 Prozent an. Nun soll der Erfolg mit einer großen Werbekampagne weiter angeheizt werden.

"Das Produktkonzept von Gerolsteiner Naturell geht auf", meint Jörg Croseck, Geschäftsführer Marketing der Gerolsteiner Brunnen. "Bei den wichtigsten Faktoren wie Geschmack, Design der Flasche und Platzierung im Handel erfüllen wir genau die Erwartungen der Konsumenten."

Wichtiges Argument ist natürlich der Geschmack. Hier zeichnet sich bei den stillen Wassern ein Wandel ab. Wie auch ihre französischen Vorbilder sollen sie nämlich möglichst nach nichts schmecken. "Je leichter und natriumärmer ein stilles Wasser schmeckt, desto erfolgreicher ist es", verrät Matthias Riehle, Marketingvorstand von Nestlé Waters Deutschland (Vittel, Fürst Bismarck Quelle) dem Abendblatt. "Die Verbraucher wollen das Geschmacksneutrale."

Erfolgsfaktor Nummer zwei ist das richtige Design. Nicht nur, um die Sympathie des Kunden zu gewinnen. Schon aus praktischen Gepflogenheiten des Handels entscheidet es über den Erfolg eines Wassers ohne Kohlensäure. "Die Supermärkte stellen die stillen Wasser heute meistens separat auf", sagt Heike Görres von Gerolsteiner. Hier habe sich eine neue Produktkategorie herausgebildet.

Der Verband Deutscher Mineralbrunnen zeigt sich angesichts der Marktoffensive von Gerolsteiner optimistisch: "Wenn deutsche Anbieter mit einem guten Konzept für stille Wasser an den Markt gehen, haben sie auch gute Verkaufschancen", so die VDM-Sprecherin Heike Schur. Und auch Gerolsteiner ist zuversichtlich, so Görres: "Der Markt ist sehr dynamisch und bietet allen große Chancen."

Insgesamt kann die Branche jedenfalls sehr zufrieden sein: Seit Jahrzehnten trinken die Deutschen immer mehr Mineralwasser. 1970 wurden lediglich 12,5 Liter pro Jahr und Kopf konsumiert, heute sind es mit 110 Litern fast neunmal so viel. Während in vielen Konsumbereichen über Rückgänge geklagt wird, steigerte die Branche 2002 ihren Absatz um fünf Prozent. Damit war das klare Nass erneut das alkoholfreie Getränk Nummer eins in der Republik.

Bisher greifen die Deutschen - mit 55 Prozent Anteil - aber immer noch am häufigsten zu kohlensäurehaltigem Wasser. Auf Rang zwei folgen jene mit wenig Kohlensäure (27 Prozent) und danach die blubberfreien Wasser, die allerdings im vergangenen Jahr die rasantesten Zuwächse verbuchten. Der Marktanteil der Sprudelfreien legte 2002 um 27,5 Prozent auf 14,1 Prozent zu.

Gründe für die steigende Nachfrage nach Wasser sieht der Verband der Mineralbrunnen in dem zunehmenden Gesundheitsbewusstsein. "Viele Verbraucher wissen mittlerweile, dass man täglich zwei bis drei Liter trinken sollte", sagt die Verbandssprecherin. Und dafür sei plattes Wasser, das den Magen nicht so aufblähe, eben ideal. Auch die Fürst Bismarck Quelle in Aumühle profitiert von der großen Nachfrage mit Umsatzsteigerungen, sagt Marketingchef Riehle. "Unsere kohlensäurearmen und -freien Produkte haben im ersten Quartal um gut 20 Prozent zugelegt."

In Italien, Frankreich und Spanien wird fast nur stilles Wasser getrunken. Dafür werde auch gerne etwas mehr Geld hingeblättert, sagt Witte von der GfK.

Dabei wäre es rein qualitativ betrachtet in Deutschland eigentlich überhaupt nicht nötig, Wasser abgepackt zu kaufen, meint Heike van Laak von der Stiftung Warentest: "Leitungswasser ist hierzulande das am strengsten kontrollierte Lebensmittel." Vorsicht ist nur angebracht, wenn Leitungswasser aus eigenen Brunnen gefördert wird oder noch durch veraltete Bleirohre fließt. Ein Griff zum Wasserhahn könnte also leicht den Gang zum Supermarkt ersetzen, so van Laak: "Trinkwasser ist eine gute Alternative zu Mineralwasser." bk/afp
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