Was treibt den Hedge-Fonds-Boom?

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EinsamerSam.:

Was treibt den Hedge-Fonds-Boom?

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17.10.06 14:42
Fondsmarkt

Was treibt den Hedge-Fonds-Boom?

Alfred Winslow Jones ahnte im Jahre 1949 noch nicht, daß eine angeblich von ihm erfundene Anlagestrategie zu einer ganzen Branche von mehr als einer Billion Dollar aufblühen würde. Damals begann der amerikanische Journalist, sich gegenseitig ausgleichende oder gar „Short-Positionen“ in Aktien aufzubauen, um das Aktienmarktrisiko abzusichern. Über mehr als die nächsten 50 Jahre entwickelte sich diese Methode, die wir unter dem Namen Hedge-Fonds kennen, nur langsam - um dann Ende der 1990-er Jahre zu explodieren.

Heute sind diese Anlageinstrumente an den globalen Kapitalmärkten fest verwurzelt und daher hält Standard & Poor's Ratings Services es für notwendig, daß die Öffentlichkeit mehr über Hedge-Fonds und einige mit der Branche verbundene Mißverständnisse weiß. Dies ist heutzutage deshalb besonders wichtig, weil institutionelle Anleger zwar nach wie vor etwas zurückhaltend in Bezug auf Hedge-Fonds sind, jedoch mehr Interesse zeigen und sie vermehrt in ihre Portfolios aufnehmen.

Wie groß ist die Hedge-Fonds-Branche heute?

Zunächst ist zu beachten, daß Hedge-Fonds nach Auffassung von S&P zwar üblicherweise als Gruppe zusammengestellt und manchmal als Anlagegattung bezeichnet werden, jedoch grundsätzlich nur eine Anlagestruktur sind. Diese Struktur hat die Form einer Personengesellschaft zur privaten Anlage. Die Investitionen in solche Gesellschaften oder Strukturen wurden seit jeher von vermögenden Privatpersonen dominiert - jedoch vielleicht nicht mehr lange, da die Hedge-Fonds weiterhin an Größe und Diversifizierung zunehmen.

Was die Größe der Branche betrifft, so sind Hedge-Fonds nicht zur Meldung ihrer Zahlen verpflichtet und daher läßt sich die Höhe der jährlichen Anlagen nicht genau angeben. Nach Schätzungen von JPMorgan Chase stiegen ihre Anlagen jedoch um das Zwanzigfache, von 38 Milliarden Dollar im Jahr 1990 auf 817 Milliarden Dollar im Jahr 2003, während sich die Anzahl der Fonds im gleichen Zeitraum um das Vierfache erhöhte, von 2.000 auf heute über 8.000.

Nach Berechnungen der SEC liegt das Vermögensverwaltungsvolumen in der Größenordnung von 1,2 Billionen Dollar. Van Hedge Fonds Advisors prognostiziert, daß im Jahre 2008 weltweit 11.700 Hedge-Fonds tätig sein und über ein Vermögen von 1,7 Billionen verfügen werden. Die meisten Branchenteilnehmer sind sich einig, daß weltweit im Jahre 2005 über 200 Milliarden Dollar in Hedge-Fonds angelegt wurden.

Wenn Hedge-Fonds eigentlich nichts falsch machen, warum tun sie dann so geheimnisvoll?
Da sie im allgemeinen als Personengesellschaften zur privaten Anlage strukturiert sind, ist Hedge-Fonds die Werbung oder allgemeine Verbreitung von Informationen über ihre Produktangebote an Personen und Institutionen, die nicht bestimmte Mindestfinanzkriterien erfüllen, gesetzlich verboten.

Darüber hinaus betreiben viele Hedge-Fonds-Manager Strategien, in denen sie Gewinne für ihre Anleger erzielen, indem sie die Preisdifferenzen zwischen einander ähnlichen Wertpapieren nutzen. Daher sind sie der Meinung, daß die Veröffentlichung ihrer Positionen in Echtzeit für ihre Kunden von Nachteil wäre.

Ebenso wie große Investmentbanken sind diese Manager nicht verpflichtet, Positionen ihrer Eigenhandelstätigkeiten der Öffentlichkeit bekannt zu geben. Ihre Long-Positionen in Aktien sind jedoch auf der Website der SEC zu finden, ebenso wie diejenigen anderer institutioneller Anleger.

Warum werden Hedge-Fonds nicht reguliert?

Die Regulation ist der größte Entwicklungsschritt, vor dem der Markt steht. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind Hedge-Fonds von der SEC-Aufsicht nach dem Gesetz über die Investmentgesellschaften von 1940 befreit, solange sie bestimmte Anforderungen erfüllen, wie etwa nicht mehr als 99 Anleger zu haben oder ihre Fonds nur an qualifizierte institutionelle Käufer mit einem anlagefähigen Vermögen von mindestens fünf Millionen Dollar zu vergeben.

Die SEC versuchte Anfang des Jahres, Registrierungsvorschriften zu erlassen, wurde jedoch von einem Bundesgericht gestoppt. Dadurch sind die Abschlüsse und Strategien von Hedge-Fonds wenig transparent, zumindest in den Vereinigten Staaten. Dennoch haben institutionelle Anleger - insbesondere Pensionsfonds - mehr Informationen verlangt. Sie streben eine weit umfangreichere Offenlegung an, so daß sie die Risiken, die sie eingehen, und das Anlageverfahren gelassener betrachten können.

Die Hedge-Fonds waren jedoch mit der Veröffentlichung dieser Informationen sehr zurückhaltend, da viele Manager befürchten, sie würden damit ihre bestgehüteten Anlagegeheimnisse offen legen, Gefahr laufen, ihren Vorsprung vor den Wettbewerbern zu verlieren, und sich möglicherweise gegenüber dem sogenannten Predatory Trading anfällig machen. Umgekehrt könnte eine weitere Offenlegung möglicherweise weitere Anleger anlocken, weil sie nachvollziehen könnten, in welcher Weise die Renditen erwirtschaftet werden.

Hedge-Fonds-Manager geben oft zu bedenken, daß ihre Fonds bereits reguliert seien (wenn auch indirekt), da sie nicht ohne Unterstützung von Banken tätig werden dürfen. Wie fast überall in der Welt werden Banken streng reguliert und aufmerksam überwacht. Auch die Anti-Betrugs-Bestimmungen des amerikanischen Wertpapiergesetzes von 1933 und des amerikanischen Börsengesetzes von 1934 sowie die staatlichen Gesetze gegen Anlegerbetrug gelten für Hedge-Fonds und ihre Tätigkeiten. Zur Abwehr möglicher Eingriffe durch die Aufsichtsbehörden haben manche Hedge-Fonds auch mit der Umsetzung von Qualitätsstandards begonnen, wie sie etwa von Nonprofit-Gruppen wie The Greenwich Roundtable entwickelt wurden.

In Großbritannien sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Hedge-Fonds jedoch ganz anders als in den Vereinigten Staaten. London und New York sind bei weitem die aktivsten Hedge-Fonds-Reviere der Welt. Die British Financial Services Authority verlangt Informationen über die Compliance-Systeme und Risikokontrollen der Hedge Fonds sowie die Veröffentlichung von Jahresberichten.

Die größeren Hedge-Fonds „werden von den Behörden genauer überprüft, unter anderem auch durch Kontrollbesuche“, heißt es im Economist vom 2. September 2006. Darüber hinaus stellt die British Alternative Investment Management Association fest, daß „Hedge-Fonds - da sie risikobewußter sind - oft präziser und detaillierter über die von ihren eingegangenen Risiken Auskunft geben können als traditionelle Manager, auch weil es bei ihnen nicht das übliche Interesse an der Verheimlichung der Risikokriterien gibt.“

Wie kam es zu dem Wachstum der Hedge-Fonds-Branche in jüngster Zeit?

Hedge Fonds wurden nicht gerade über Nacht zur Sensation. Selbst Anfang der 1990er Jahre hatten sie noch nicht in nennenswerter Weise den Weg ins Innenleben des Finanzmarktes gefunden. Die weltweiten Märkte befanden sich in den Anfängen eines der größten Anlagebooms aller Zeiten, und zu diesem Zeitpunkt waren Investmentsfonds mit ihren hohen zweistelligen Renditen die Anlageinstrumente der Wahl.

Die Coming-out-Party für Hedge-Fonds begann Ende der 90er Jahre mit Namen wie George Soros und Julian Robertson in der ersten Reihe. Geschichten darüber, wie diese „geheimnisvollen“ Manager es schafften, „die Bank von England zu sprengen“ und Hunderte von Millionen Dollar zu verdienen, nahmen die Phantasie von Anlegern gefangen, die dank des Haussemarktes auf einem Haufen Geld saßen.

Erst in der darauf folgenden Marktrückgangsphase jedoch kamen die Hedge-Fonds erst wirklich zu Ehren. Als die Anleger die Gewinne mehrerer Jahre fast über Nacht verloren, stellten sie fest, daß die Hedge-Fonds sogar noch Geld verdienten oder im allgemeinen weit weniger verloren als ihre Anlagealternativen.


Quelle: faz.net

Euer

   Einsamer Samariter

sacrifice:

die Pensionskassen, ES

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24.02.07 15:07
jarass.com/Steuer/A/Handelsblatt1106.html

Wie beschreibt man einen Teufelskreis? Fangen wir mit einer Geschichte an, wie sie jeder kennt. Der Geschichte von Heinz etwa, 55 Jahre alt, bis vor kurzem im mittleren Management einer großen Bank in Frankfurt. Er hat bei der letzten Stellenabbaurunde das Angebot angenommen, freiwillig mit einer ordentlichen Abfindung in Vorruhestand zu gehen. Die Geschäfte der Bank liefen gut, doch der Vorstandschef beharrt darauf, 25 Prozent Eigenkapitalrendite vor Steuern machen zu müssen. Sonst sei die Bank international nicht wettbewerbsfähig, sagt er. Natürlich hat Heinz gut vorgesorgt, mit Lebensversicherung und Anteilen an Aktienfonds. Er muss im Ruhestand keine Abstriche machen und hat endlich Zeit für die Familie.

Auch Bob, 58, der gerade nach fast vierzig Jahren seinen Job am Fließband bei Ford in den USA verloren hat, sieht mit Zuversicht in die Zukunft. Er geht mit einer hohen Abfindung, und aus der Pensionskasse des Konzerns wird er eine auskömmliche Rente beziehen. Heinz und Bob haben Glück im Unglück. Sie gehören zu einer Armee von Arbeitern und Angestellten, die in den westlichen Industriestaaten in diesen Jahren in Rente oder Vorruhestand gehen, doch sie gehen gut versorgt. Erwirtschaftet wird ihre Altersversorgung auf den Finanzmärkten. Und dort müssen sich die Pensionskassen, Fondsgesellschaften, Vermögensverwalter und Lebensversicherer immer mehr ins Zeug legen.

Die Verwalter der Investmentfonds werden auch in Kontinentaleuropa immer aktiver. Sie fordern auf Hauptversammlungen Shareholder- Value ein und machen sich zum Fürsprecher von Millionen Kleinanlegern. Sie haben dazu beigetragen, dass es in Deutschland einen Corporate-Governance-Kodex gibt, der Aktiengesellschaften zu Transparenz verpflichtet und den Aktionären mehr Mitsprache sichert. Mit ihren großen Aktienpaketen verbünden sie sich von Fall zu Fall mit aggressiven Anlegern wie Hedge-Fonds und so genannten Shareholder-Aktivisten. Wenn die aggressiven Anleger, oft mit kleinen Minderheitsbeteiligungen, öffentlich Vorstände attackieren, deren Ablösung oder eine ganz neue Strategie fordern, dann stimmen viele traditionelle Großanleger auf Hauptversammlungen mit ihnen.

So war es bei der Deutschen Börse, der eine Gruppe von Hedge-Fonds mit Hilfe traditioneller Aktienfonds die Übernahme der Londoner Börse austrieb, so war es bei dem niederländischen Fachinformationskonzern VNU, der vom Käufer zum Kaufobjekt wurde. Solche Kämpfe enden meistens damit, dass viel Geld aus dem Unternehmen an die Aktionäre fließt. Den Fonds hilft das, die Renditen zu steigern und im Kampf um die Milliarden der Anleger zu punkten.

Pensionsfonds sind hingegen die stillen Größen in den Kulissen der Kapitalmärkte. Sie haben ungeheure Summen anzulegen. Allein die 300 größten Pensionsfonds der Welt haben an die zehn Billionen Dollar in ihren Kassen. Schon mit geringfügigen Verschiebungen in ihren Anlageentscheidungen erschüttern sie die Börse und verhelfen neuen Anlageformen zum Durchbruch. Wenn zum Beispiel, wie jüngst geschehen, die größte britische Pensionskasse Hermes, Verwalter der Alterssicherung der Angestellten von BT, den Anteil alternativer Anlageformen in ihrem Portefeuille von sieben auf 15 Prozent erhöht, dann horchen die Märkte auf. Von diesem weltweit sichtbaren Trend zu alternativen Anlageformen profitieren vor allem die relativ jungen Anlageklassen Hedge-Fonds und Private Equity. Pensionsfonds sind heute die größten Geldgeber der europäischen Private-Equity-Fonds: Sie vervierfachten 2005 ihre Zusagen auf 17 Milliarden Euro. In Hedge-Fonds wird nach einer Schätzung der Beratungsfirma Mercer bis Jahresende jede achte britische und fast jede fünfte kontinentaleuropäische Pensionskasse investiert haben. Hedge-Fonds und Private-Equity-Fonds sind dank dieser Zuflüsse innerhalb weniger Jahre zu mächtigen neuen Spielern an den internationalen Kapitalmärkten geworden.

Mit geschätzten 1,5 Billionen Dollar können die Hedge-Fonds spekulieren; Private-Equity-Fonds haben seit Anfang 2003 laut Thomson Financial mehr als 700 Milliarden Dollar eingesammelt. Doch das zeigt nur einen Bruchteil ihrer Macht: Sie hebeln ihr Kapital, indem sie bei Übernahmen oder Aktienkäufen ein Vielfaches des eigenen Einsatzes an Fremdkapital aufnehmen. Die Kredite dafür drängen ihnen Banken derzeit geradezu auf. Das können sie tun, weil sie selber eine enorme Nachfrage nach Anleihen und Kreditderivaten zu befriedigen haben - unter anderem wiederum von Hedge-Fonds. Der Aufstieg von Hedge-Fonds und Private-Equity-Firmen ist also kein Zufall, er beruht unmittelbar auf Anlageentscheidungen an sich erzkonservativer Organisationen wie Pensionskassen und Versicherungsfirmen. Sie wollen höhere Renditen als an der Börse und zugleich einen Ausgleich zu deren Schwankungen. Das hat bisher oft funktioniert, wird es aber nicht ewig. Denn je mehr Kapital in diese alternativen Anlagen fließt, desto schwerer werden es die Fonds haben, ihre Renditeversprechen einzuhalten. Dieses Risiko nehmen die Investoren in Kauf. Es bleibt ihnen keine Wahl: Die herkömmlichen Renditen reichen nicht, um die wachsenden Ansprüche an die Altersvorsorge zu befriedigen. Die demographische Entwicklung in den westlichen Industriestaaten setzt die stillen Verwalter der Renten-Billionen unter Druck. Die Zahl der Leistungsempfänger steigt, und die Rentner leben länger. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Einzahler. Immer mehr von Unternehmen gegründete Pensionsfonds schließen daher ihre Kassen für neue Mitglieder. Sie kämpfen nur noch darum, ihre Verpflichtungen zu erfüllen. Selbst das gelingt ihnen kaum, ohne dass die Firmen Geld zuschießen - das ihnen dann für Investitionen fehlt.

Was bedeutet all das für die Unternehmen? Die Kapitalmärkte setzen ihnen immer ehrgeizigere Renditeziele. Nur selten sind sie Gegenstand öffentlicher Diskussion wie bei der Deutschen Bank, die sich bei der Vorgabe von 25 Prozent Eigenkapitalrendite vor Steuern auf internationale Rentabilitätsvergleiche beruft. Die Renditeziele sind nicht mehr länger nur interne Zielmarken. Geschäftsbereiche, die sie regelmäßig verfehlen, stehen immer schneller zur Disposition. So trennte sich Siemens von der Handy-Tochter, und RWE stellte die Wassersparte zum Verkauf. Doch wo ist die Rendite-Obergrenze erreicht, wann kann ein Unternehmen mit der erreichten Marge zufrieden sein, wann darf es aufhören, die Kosten zu drücken? Es gibt keine Naturgesetze, die bestimmen, ob eine Rendite von 15, 20 oder 25 Prozent die richtige ist. Es ist der Wettbewerb um die Gunst der Investoren, der diese Aufwärtsspirale treibt.

Wer dauerhaft weniger Rendite als die Konkurrenten einfährt, wird an der Börse niedriger bewertet und läuft Gefahr, zum Übernahmeziel zu werden. Wer Top-Renditen einfährt, wird sich eher als Käufer betätigen können. Also geht der Wettlauf um immer höhere Renditen weiter. Unternehmen, die in die Hand von Private-Equity-Fonds geraten, müssen ihre Renditen schon deshalb hochtreiben, um die höheren Zinslasten zu finanzieren. Gleichzeitig drängen Investoren die Unternehmen, erwirtschaftetes Geld nicht zu investieren, sondern lieber so viel wie irgend möglich direkt an sie auszuschütten. Sie kritisieren sogar Unternehmen, die sie für zu gering verschuldet halten, und fordern sie auf, Fremdkapital aufzunehmen, um mehr an die Aktionäre abführen zu können. Das führt zu Absurditäten wie bei Vodafone. Der mit hohem Cash-Flow gesegnete Konzern legte Aktionären Ziele vor, wie er die Verschuldung von Jahr zu Jahr erhöhen will - ohne operative Begründung.

Zugleich schüttete er im Jahr darauf zweistellige Milliarden-Einnahmen aus von Anlegern erzwungenen Beteiligungsverkäufen an selbige aus. Wer heute noch Reserven für schlechte Zeiten anlegt oder Schulden nur aufnimmt, wenn es sein muss, ist aus Sicht der institutionellen Anleger ein hoffnungslos altmodischer Wertvernichter.

Die volkswirtschaftliche Folge dieses Wettlaufs ist, dass viele Aktiengesellschaften heute Investitionen regelrecht gegen ihre Aktionäre durchsetzen müssen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Rohstoffbranche, der die rasche Industrialisierung Asiens einen riesigen Boom beschert hat. Die Konzerne fahren Rekordgewinne ein und investieren auch Rekordsummen. Doch vielen institutionellen Anlegern sind die Investitionen zu hoch. Sie fordern die Vorstände auf, das verdiente Geld lieber auszuschütten.

Der Druck auf hohe Renditen bremst so nicht nur volkswirtschaftlich notwendige Investitionen und lähmt unternehmerisches Denken, er zwingt Unternehmen auch, alle Geschäftsfelder permanent in Frage zu stellen. Wenn man nicht Nummer eins oder zwei in einem Markt sei, postulierte der viel bewunderte Jack Welch, gelte: "Fix it, close it, or sell it." Weltweit beten Manager das Motto des Ex-Chefs von GE nach.

Aus dieser Logik heraus wird der Vorstand einer Aktiengesellschaft zum Portfolio-Manager, er schlüpft in die Rolle eines Finanzinvestors mit einem Kranz jederzeit veräußerbarer Beteiligungen, den er für die Geldgeber verwaltet. Er wird auch eher Wachstum durch Übernahmen anstreben als durch unternehmerische Investitionen in neue Geschäftsfelder. Ein Unternehmen, das regelmäßig an seiner Effizienz arbeitet, wird auch regelmäßig Menschen wie Bob und Heinz wie unnötigen Ballast abwerfen. Der Teufelskreis schließt sich hier: Am Ende haben sich Bob und Heinz im Grunde selber wegrationalisiert, indem sie hohe Renditen von Kapitalverwaltern verlangt haben und diese den Druck an Unternehmen weitergegeben haben. Mit anderen Worten: Die Renditeforderungen sind keine turbokapitalistische Erfindung "der Finanzmärkte", sie sind aus wirtschaftlichen Zusammenhängen heraus erklärbar. Diese Zusammenhänge übersehen wir aber, so wie wir uns über billige Fernsehgeräte aus Fernost freuen und den Tod der heimischen Hersteller beklagen.

In den angelsächsischen Ländern ist der Mechanismus des Teufelskreises schon länger zu besichtigen, für Deutschland ist er noch neu. Die klare Renditeorientierung und der Trend zur Konzentration auf das Kerngeschäft, die Idee des Shareholder-Values, haben sich hier erst in jüngerer Zeit endgültig durchgesetzt. Sie haben die Unternehmenslandschaft durchaus positiv verändert: Die Vorstandschefs werden besser kontrolliert, die Unternehmen sind fitter aus der jüngsten Flaute gekommen. Sie haben den Renditerückstand auf angelsächsische Konkurrenten verkürzt, ihre Börsenbewertungen gesteigert und können sich daher jetzt oft als Konsolidierer ihrer Branchen betätigen. Sind sie damit am Ziel? Nein. Der von der Demographie getriebene Renditedruck wird nicht nachlassen, weil sich die demographische Schieflage in den Industriestaaten nicht so bald bessern wird.

Kann es uns gelingen, diesen Teufelskreis zu durchbrechen? Ein erster Schritt wäre die Einsicht, dass die Forderungen der Finanzmärkte debattierbar sind. Deutsche Manager haben gelernt, mehr auf die institutionellen Anleger zu hören, das heißt aber nicht, dass sie sich ihre Strategie diktieren lassen sollten. Wir brauchen eine breite Definition von Nachhaltigkeit. Es geht nicht nur darum, die Umwelt zu schützen, sondern auch darum, die wirtschaftlichen Grundlagen für künftiges Wachstum zu sichern. Wenn wir uns aber kollektiv aus jeder wirtschaftlichen Tätigkeit verabschieden, die nicht eine bestimmte Mindestrendite erbringt, dann geben wir den globalen Wettbewerb kampflos auf.

Was wir brauchen, sind Vorstände und Aufsichtsräte, die Unternehmen so rüsten, dass sie auf den Weltmärkten bestehen können und aus dieser Position der Stärke heraus langfristige Strategien gegen kurzfristige Gewinnoptimierung durchsetzen. Auf der anderen Seite müssen auch institutionelle Investoren eine nachhaltige Investitionsstrategie verfolgen, statt aggressive Opportunisten mit Kapital auszustatten und die Hände in Unschuld zu waschen.
sacrifice:

superinteressanter Artikel, wie ich finde o. T.

 
24.02.07 15:23
sacrifice:

Wetteinsatz: Die Rente

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24.02.07 15:28
Pensionsverwalter spekulieren in den USA mit Geldern für die Altersvorsorge. Sie legen Milliarden in Hedge-Fonds an. Von Heike Buchter

Schon in den zwanziger Jahren lockte Greenwich, ein Örtchen im Grünstreifen zwischen den US-Bundesstaaten Connecticut und New York, die Schönen und Superreichen. Doch Burgen-Kitsch und Versailles-Kopien von Rockefeller- und Carnegie-Erben verblassen gegenüber den Eigenheimen, die in jüngster Zeit entstanden sind. Sie gehören allesamt Hedge-Fonds-Managern.

Eddie Lampert beispielsweise, der Gründer von ESL Investments, residiert auf einem Gelände, das fast der Größe von drei Fußballfeldern entspricht und 21 Millionen Dollar gekostet hat.

Hedge-Fonds-Legende Steven Cohen, der Mann hinter SAC Capital, hat seinen 14,8-Millionen-Dollar-Herrensitz neben den üblichen Annehmlichkeiten mit einer Basketballhalle, einem eigenen Friseurstudio und einer Eislaufbahn ausgestattet. Selbst das US-Gesellschaftsmagazin Vanity Fair zeigte sich nach einem Hubschrauberflug über das Areal von so viel Reichtum (»Greenwichs ungeheure Vermögen«) beeindruckt.

Allerdings beschert den Spitzenverdienern nicht in erster Linie ihr Luxusleben ständig neue Schlagzeilen, sondern ihre stetig wachsende Macht an den internationalen Finanzmärkten. Hedge-Fonds haben rund 1500 Milliarden Dollar eingesammelt, sie sind für rund 30 Prozent der Wertpapiertransaktionen in den USA verantwortlich. Und sie wirken als der Wachstumstreiber der Finanzindustrie: Banken verdienen jüngsten Schätzungen zufolge 26 Milliarden Dollar jährlich mit Dienstleistungen und Krediten für die Fonds und balgen sich um das lukrative Geschäft.

Sparer, Rentner und Angestellte finanzieren die Firmenjäger

Für ihren Aufstieg sorgen ausgerechnet normale Sparer, Rentner und Arbeitnehmer. Denn der immer größere Teil des Geldes, das in die umstrittenen Fonds fließt, kommt von Vermögensverwaltern, Versicherern und vor allem Pensionskassen. Bis zum Jahr 2008 werden allein US-Institutionen rund 300 Milliarden Dollar in Hedge-Fonds investieren, so das Ergebnis einer gemeinsamen Studie der Beraterfirma Casey, Quirk & Acito und der Bank of New York. Und mehr als 50 Prozent der Neuzuflüsse in Hedge-Fonds werden bald von Pensionsverwaltern und ähnlichen Institutionen kommen. Der amerikanische Riese Calpers, der Ruhestandsgelder der öffentlichen Angestellten Kaliforniens in Höhe von 208 Milliarden Dollar verwaltet, hat 2,7 Milliarden Dollar in Hedge-Fonds gesteckt und will auf 4 Milliarden Dollar erhöhen.

Auch den Firmenjägern stecken solche Pensionsverwalter großzügig Milliarden zu. Mit rund 21 Milliarden Dollar gehört wiederum Calpers weltweit zu den größten Investoren in Finanzbeteiligungsgesellschaften – so genannten Private-Equity-Firmen. Und Calpers ist nicht allein: Bei einer Umfrage von State Street Advisors gab fast die Hälfte aller Fonds und Vermögensverwalter an, bereits zehn Prozent und mehr in Hedge-Fonds investiert zu haben, fast ein Drittel hat zwischen fünf und zehn Prozent in Private-Equity-Unternehmen gepumpt.

Bis vor fünf Jahren galten Hedge-Fonds noch als der Geheimtipp für wohlhabende Privatanleger, die sich auf der Suche nach Gewinnen nicht mit braven Renten- oder Aktienfonds begnügen wollten. Das hat sich rasant geändert, seit im Jahr 2001 die Börsen abgestürzt sind.

Wie Kleinanleger hatten sich auch Manager staatlicher Altersruhefonds und betrieblicher Pensionskassen von Börsenboom und New-Economy-Euphorie mitreißen lassen und kräftig in Aktien investiert. Als Folge sackte dann in den Jahren 2000 bis 2003 das Verhältnis zwischen Zahlungsverpflichtung und Deckung bei den öffentlichen Pensionsfonds in den USA von 112 Prozent auf 80 Prozent ab, so eine Studie der Beraterfirma Wilshire. Seither hat es sich nur mühsam auf 87 Prozent erholt. Nicht besser sieht es bei den unternehmenseigenen Pensionskassen aus: Auf der Höhe der Hausse 1999 wiesen die Pensionsfonds der Unternehmen des S&P 500 Überschüsse in Höhe von 280 Milliarden Dollar aus. Daraus ist eine Deckungslücke von rund 140 Milliarden Dollar geworden, wie die Ratingagentur Standard & Poor’s jüngst feststellte.

Hedge-Fonds-Manager konnten derweil während der Baisse mit zweistelligen Renditen glänzen – kein Wunder, dass die Pensionsverwalter bald Schlange bei ihnen standen.

Auch Beteiligungsgesellschaften wie Blackstone, Carlyle Group oder Permira können sich nicht über mangelndes Interesse beklagen. Einst als »Barbaren vor den Werkstoren« verschrien, können sie nun immer größere Objekte in Angriff nehmen. So brach Ende Juli eine Gruppe aus drei Aufkäufern – KKR, Bain Capital und die Beteiligungstochter von Merrill Lynch – nach zwei Jahrzehnten den bisherigen Rekord: Sie kauften für 33 Milliarden Dollar den größten US-Krankenhausbetreiber HCA. Die sieben größten Übernahmen der Branche fanden in den vergangenen zwölf Monaten statt, wobei das HCA-Geschäft ein gutes Beispiel für den neuen Trend ist. Ursprünglich bestand das Profitmodell der Firmenjäger daraus, ein Unternehmen zu erwerben, um es dann gründlich umzukrempeln. Meist wurde das Management ausgetauscht, die Belegschaft drastisch reduziert oder der Konzern gleich ganz zerschlagen. Doch mit dem HCA-Management zeigten sich die Aufkäufer sehr zufrieden.

Warum aber stecken Pensionsfonds Milliarden Dollar in Beteiligungsfonds, wenn die Fondsmanager kein Interesse an einer Gewinnsteigerung der übernommenen Unternehmen haben? »Sie wollen den Hebel der Fremdfinanzierung nutzen, um die Rendite noch weiter zu steigern«, erklärt Martin Fridson vom Brancheninformationsdienst Distressed Debt Investor. Wie das funktioniert, zeigt ein einfaches Beispiel: Ein Anleger kauft für 40 Dollar Aktien und verkauft sie für 50 Dollar. Damit erwirtschaftet er 25 Prozent Rendite auf sein eingesetztes Kapital. Hätte der Anleger zusätzlich weitere 40 Dollar geliehen und die doppelte Zahl Aktien gekauft, betrüge sein Gewinn 20 Dollar oder 50 Prozent Rendite – abzüglich der Zinsen für die geliehenen 40 Dollar. Den meisten US-Pensionsfonds ist es jedoch untersagt, auf Pump Aktien zu kaufen. Denn ihre Aufsichtsräte fürchten die potenziellen Verluste aus der riskanten Strategie. Um die Vorschriften zu umgehen, nutzen die Manager deshalb den Umweg über die Beteiligungsgesellschaften, die für ihre Einkaufstouren neben den Fondseinlagen der Investoren massiv Geld bei Banken oder am Anleihemarkt aufnehmen.

weiter geht's unter:

www.zeit.de/2006/39/Pensionsfonds?page=all
sacrifice:

Die Herren der Heuschrecken

 
24.02.07 18:00
www.capital.de/unternehmen/100006030.html?nv=rss

Private-Equity-Anbieter wie Blackstone, KKR oder Bain machen Schlagzeilen mit Milliardendeals. Sie ziehen die Strippen bei Telekom oder Pro-Sieben-Sat. 1 und klopften auch schon bei Continental an. Möglich machen das große Geldgeber im Hintergrund. Nur: Wer sind die eigentlich?

Salem, US-Bundesstaat Oregon. Im Café Today stehen Tische im Neonlicht. Das Schinkenkäse-Sandwich kostet fünf Dollar, der Thunfischsalat sechs Dollar. Am Eingang des Restaurants kann man Tabletten gegen Kopfschmerzen oder Blähun gen aus dem Automaten ziehen, 50 Cent die Packung. Dieser Raum im Keller des Hauptquartiers ist die Kantine für Ronald Schmitz, Chefinvestor des Oregon Pensions Funds für öffentliche Angestellte. Mit den Kollegen kommt er regelmäßig, die Preise sind fair. „Drei Dollar für einen Milchkaffee wären uns viel zu teuer“, sagt Schmitz, der mit Halbglatze, Henriquatre-Bart und Bäuchlein wie ein Volkshochschullehrer wirkt.

Manhattan, New York. Die Manager von KKR achten nicht auf Kleingeld. Sie tafeln im Edelrestaurant Four Seasons, ein paar Blocks von dem Private-Equity-Imperiums entfernt. Die Gründer Henry Kravis und George Roberts können sich Kobe-Rindfleisch-Sashimi für 65 Dollar oder Hummer aus Maine für 68 Dollar locker leisten. Zusammen sind sie schätzungsweise fünf Milliarden Dollar schwer.

Zwei grundverschiedene Welten, doch ihre Akteure sind eng verbunden: Angestellte wie Oregon-Manager Schmitz sind die Herren der Heuschrecken. Die Milliarden ihrer Pensionskassen, über deren Vergabe sie wachen, machen den globalen Boom der Private-Equity-Anbieter erst möglich. Im vergangenen Jahr kauften KKR & Co. weltweit Unternehmen im Rekordwert von 734 Milliarden Dollar. Blackstone landete gerade den bislang größten Private-Equity-Deal und kaufte für 39 Milliarden Dollar einen US-Immobilienfonds. Auch in Deutschland legen Private-Equity-Firmen das Geld der Pensionskassen an und sind derzeit in rund 5900 heimischen Firmen mit insgesamt 800000 Beschäftigten investiert. Das schätzt der Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften.
Vielen Investoren war George Roberts Plan zu riskant

Den größten Einzelfonds plant derzeit Blackstone mit einem Volumen von 20 Milliarden Dollar. Die sehr gute Performance der Private-Equity-Anlagen zieht mittlerweile auch holländische Pensionskassen oder US-Universitäten an – dadurch sammelten die Firmenjäger 2006 weltweit rund 400 Milliarden Dollar ein, fast ein Drittel mehr als im Vorjahr.

Am Anfang floss das Geld nicht so mühelos. Im Jahr 1980 saß der damals unbekannte KKR-Gründer Roberts als Bittsteller bei Oregon. Der Mann mit der sanften Stimme suchte nach Geld für das neue Konzept, unterbewertete Firmen mit hoher Fremd fi nanzierung aufzukaufen, zu sanieren und mit hohem Gewinn abzustoßen. Vielen institutionellen Investoren war sein Plan zu riskant. Die Vorgänger von Schmitz wagten das Abenteuer und vertrauten KKR fast 200 Millionen Dollar an, das waren acht Prozent ihres Portfolios. KKR konnte den Einsatz in wenigen Jahren vervierfachen. Eine neue Gattung von Finanzinvestoren war geboren.

Noch heute schaut Roberts manchmal im beschaulichen Städtchen Salem vorbei. Dort stehen Schmitz für seine 15 Mitarbeiter große Abteilung jährlich 3,2 Millionen Dollar zur Verfügung. Das ist wie eine bessere Portokasse bei Private-Equity-Firmen. Zwar setzte der Pensionschef in diesem Jahr erstmals kleine Erfolgszulagen für seine Mitarbeiter durch. Trotzdem musste beispielsweise Wei Huang, der Private-Equity-Chef, eine heftige Gehaltseinbuße hinnehmen, als er 2005 aus familiären Gründen von JP Morgan in New York zu Oregon wechselte. Dafür ist sein Posten sicher. „Wenn es wie 2001 an der Wall Street wieder abwärts geht, verlieren sie dort schnell den Job“, rechtfertigt der Familienvater, in Pullover und Jeans gekleidet, seine Entscheidung.

Auch Jay Fewel erscheint am liebsten in Freizeitkleidung. Das Büro des obersten Aktienstrategen, der seit 17 Jahren bei Oregon arbeitet, hat keine Fenster und ist mit drei Schritten durchquert. An der Wand hängen Fotos, in denen Fewel eine Zehn-Kilo-Forelle aus dem Wasser hebt oder einen Schwarm Gänse mit einem Gewehr aufscheucht. Ein ausgestopfter Vogel steht als Jagdtrophäe auf dem Bücherschrank. Schmitz, Fewel und Huang wohnen in Familienhäusern in Lake Oswego, einer verschlafenen Vorstadt von Portland. Deren Heime würde kein Regisseur parodieren – wie es Brian de Palma mit der früheren Wohnung von Kravis in dem Film „Fegefeuer der Eitelkeiten“ machte. In dem Werk von 1990 spielt Tom Hanks den Anleihenhändler und „Master of the Universe“, der sein Apartment mit französisch-viktorianischen Möbeln zustellt – dafür war auch der KKR-Chef in New York bekannt. Von seinem Innenarchitekt Vincent Four cade stammt der Ausspruch: „Unsere Kunden wollen unverschämten Luxus.“

Um ihren Wohlstand weiter zu mehren, antichambriert die Elite der Branche auch heutzutage in Salem. Bei Oregon klingelt das Telefon rund um die Uhr, E-Mail-Anfragen fluten die Computer. Verkäufer der Private-Equity-Firmen, sogenannte Placement Agents, wollen ihre Fondsanteile an den Mann bringen und dadurch Geld für weitere Übernahmen einsammeln. Wenn es zum Gespräch kommt, weiß Fewel oft schon beim ersten Blick, ob er einige Hunderte Millionen Dollar locker machen wird oder nicht. „Man entwickelt ein Gespür“, sagt Fewel. Gar nicht gut kommt Aufschneiderei. „Hier hat keiner Limousinen“, sagt der Veteran. „Wenn ein Manager damit vorfährt, hat er schlechte Karten.“

Ist Private Equity nicht zu riskant, um den Lebensabend von Hunderttausenden Lehrern, Polizisten oder Feuerwehrmännern zu finanzieren? Oregon-Manager Huang hält dagegen: „Durch die hohe Rendite müssen unsere Mitglieder niedrigere Beiträge zahlen.“ Der größte Teil der Renten-Gelder sei zudem in Anleihen oder Aktien investiert. Private-Equity-Anbieter hätten dazugelernt, ergänzt Fewel, wie etwa KKR aus der 31 Milliarden Dollar teuren Übernahme des Nahrungsmittelgiganten RJR Nabisco 1988. Dessen Zerschlagung brachte den Firmenjägern das Image von Barbaren ein. Heutzutage würden die Investoren das Risiko besser verteilen, schlössen sich für größere Übernahmen zu Club Deals zusammen.

Auf Schmitz und seiner Mannschaft lastet ein hoher Performancedruck. Wie bei allen Pensionsfonds stagnieren die Mitgliedszahlen, die Leistungsversprechen steigen. Deswegen müssen die Manager jährlich mit 60 Milliarden Dollar eine Rendite von acht Prozent erwirtschaften. Als einer der Besten in den USA erzielt Oregon seit 2001 ein jährliches Plus von durchschnittlich elf Prozent. Nicht zuletzt dank des Private-Equity-Geschäfts, in das bis zu 15 Prozent des Gesamtdepots investiert sind. Seit 1981 liegt die jährliche Rendite bei durchschnittlich 18 Prozent – nach Abzug von Kosten und Gebühren. „Kaum ein anderer Fonds legt so viel Geld in Private Equity an wie wir“, sagt Fewel.
Mit Blackstone arbeitet Oregon nicht zusammen

Doch die Möglichkeiten sind begrenzt. Zwar gibt es unzählige Private-Equity-Firmen; allein im Bundesstaat Oregon arbeiten Schmitz und Kollegen mit 70 Anbietern zusammen. Doch die Auswahl wird schwieriger: „Viele Fonds sind überzeichnet“, berichtet Fewel. „Unser Verhandlungsspielraum schrumpft.“ Oregon ist groß und verdrahtet genug, um trotzdem auch mal Nein sagen zu können. Mit der Branchengröße Blackstone beispielsweise arbei tet die Kasse nicht zusammen – die New Yorker behalten 50 Prozent der erwirtschafteten Gewinne statt der sonst üblichen 20 Prozent. „Das machen wir nicht mit“, sagt Fewel.

Andere Geldgeber können sich das nicht erlauben – etwa James Nielsen, Chefinvestmentstratege der kleinen Pensionskasse des Bundesstaates Arizona: „Für uns ist es schwierig, in die Top-Fonds zu kommen.“ Diese nutzen ihre starke Position. „Wenn man Blackstone heißt, kann man vieles durchsetzen“, sagt etwa Andrew Metrick, Finanzprofessor bei der University of Pennsylvania. Zum Beispiel weigern sich immer mehr Investoren, wie früher vier bis fünf Prozent jedes Fonds aus eigener Tasche zu zahlen. Diese Regel sollte sicherstellen, dass sie die Interessen ihrer Geldgeber verfolgen. Zudem erhöhen viele Private-Equity-Anbieter die jährlichen fixen Managementgebühren – zwei Prozent sind keine Seltenheit mehr. Bei einem Fondsvolumen von 15 Milliarden Dollar sind das immerhin 300 Millionen.

Anteilseigner haben durch Klagen erreicht, dass Private-Equity-Firmen seit 2002 ihre Performance offenlegen müssen. Angesichts der Millionengehälter in der Branche platzt Kritikern wie Mark Anson, Chef des britischen Vermögensverwalters Hermes, der Kragen: „Für das Geld kann man oft gut essen gehen“, sagte er kürzlich in einer Rede in London, „ohne auch nur einen Pfennig Gewinn erzielt zu haben.“ Anson kann sich solche Offenheit jetzt leisten. In seinem vorigen Job als Chefinvestmentstratege bei Calpers, der kalifornischen Pensionskasse, musste er vorsichtig sein – um sich nicht die guten Kontakte zu verderben. Auch sein Ex-Arbeitgeber macht mit den Finanz investoren gute Geschäfte: So wuchsen 125 Millionen Dollar, die Calpers im Jahr 2002 den Managern von KKR anvertraut hatte, um 70 Prozent. Und 142 Millionen Dollar, die die Kasse 2003 bei Blackstone anlegte, haben sich sogar verdoppelt.

Weshalb wechseln Schmitz, Huang oder Fewel nicht die Seiten? „Dafür müsste man nach San Francisco oder New York ziehen“, sagt Fewel, der in Portland familiär verwurzelt ist. „Die Private-Equity-Leute verbringen 20 Stunden am Tag in Flugzeugen und in Konferenzen“, sagt er. „Ich will mehr vom Leben haben.“

Immerhin könnte er schnelle Imbisse in der tristen Cafeteria umgehen und sich von den Geldanlegern zum Essen ausführen lassen – laut Spesenordnung für bis zu 100 Dollar pro Einladung. Doch der Aktienchef winkt ab: „Ich könnte jeden Tag in einem schicken Restaurant sitzen. Aber ich esse lieber mit meiner Frau.“

von Thomas Jahn

capital.de, 23.02.2007
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