Warum so viele Manager ihren Hut nehmen müssen

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Warum so viele Manager ihren Hut nehmen müssen

 
06.06.01 18:44
Warum so viele Manager ihren Hut nehmen müssen
Von Arndt Ohler

Noch nie wurde in Deutschland so viel Wert in so kurzer Zeit gewonnen und verloren: Von Oktober 1999 bis März 2000 stieg der Nemax-All-Share-Index von 2669 auf 8522 Punkte, um dann bis April 2001 auf unter 1500 Punkte zu stürzen - nach dem Kursfeuerwerk ein steiler Abstieg.

Aber nicht nur die Anleger sind enttäuscht, auch die Manager hat es hart getroffen. Immerhin mussten 170 Vorstände bei am Neuen Markt gelisteten Unternehmen vorzeitig ihren Posten räumen. Dies zeigt eine Studie des Beratungsunternehmens IPO-Management, das im Zeitraum vom Dezember 1999 bis Januar 2001 die Personalwechsel bei Neuer-Markt-Firmen untersucht hat. Grundlage waren die Pflichtmitteilungen der Gesellschaften.

Die Abgänge der 174 Vorstandsmitglieder konzentrierten sich auf lediglich 110 Unternehmen. Besonderes Wechselfieber herrschte unter anderem bei dem Internet-Rabatthändler Letsbuyit.com. Dort mussten im Betrachtungszeitraum sechs Vorstände ihren Platz räumen.



Wacklige Geschäftsmodelle als Schleudersitz


Die Management-Rochaden im Wachstumssegment der deutschen Börse hält auch im Jahr 2001 mit unverändertem Tempo an. "Die hohe Wechselrate ist in den ersten Monaten des neuen Jahres konstant geblieben", sagte Michael Wassiluk, geschäftsführender Partner bei IPO-Management und Autor der Studie. Grund für die Unbeständigkeit in der Führungsebene so vieler Startups sind die zum Teil schwer zu prognostizierenden Geschäftsmodelle. Zusätzlich lassen sich die Risiken der innovativen Geschäftsideen nur schwer bewerten, da es kaum oder nur wenig vergleichbare Unternehmen gibt. In den anderen deutschen Indizes wie MDax oder Smax, in denen etablierte Firmen gelistet sind, geht es deshalb weitaus ruhiger zu. Sowohl was die Konstanz in den Führungsetagen, als auch die der Kursentwicklung angeht.


Die Neugründer brachten die guten Ideen, Kreativität, Engagement und zum Teil persönliches Kapital mit in die Unternehmen. Management-Fähigkeiten seien dabei meist auf der Strecke geblieben: "Auf der Vorstandsebene wurden häufig kreative Ideenträger installiert, die es nicht schafften, dem Unternehmen eine Struktur und Form zu geben", sagte Tiemo Kracht, Partner der Personalberatung Ray & Berndtson Deutschland. Ans Leder geht es aber anderen Mitgliedern in den Führungszirkeln: Besonders gefährdet seien die Finanzvorstände. Oft werden sie erst kurz vor dem Börsengang eingestellt. Sie sollen die Firmenbilanz in kürzester Zeit in eine Form bringen, die für einen Börsengang taugt. Stellen sie Fehlentwicklungen fest, haben sie wenig operative Entscheidungsbefugnis um gegenzusteuern. Drücken nach dem Start am Neuen Markt die Schulden oder geht sogar das Geld aus, sind sie die ersten Opfer, die ihre Posten räumen müssen. Die Bilanz: 33 Prozent der entlassenen Vorstände waren für die Finanzen zuständig - so genannte Chief Financial Officers (CFO). Vorstandsvorsitzende traf es dagegen in 27 Prozent aller Entlassungen. Kein Wunder, meint Jürgen Rohrmeier, Mitglied der Geschäftsführung bei der Personalberatung Kienbaum und zuständig für den Bereich New Economy & Advanced Technologies: "Bei dem Hype um den Neuen Markt wurden Leute genommen, die mal irgendetwas mit einem Börsengang zu tun hatten. Da ging der Qualitätsgedanke oft verloren".



Getarnte Entlassungen


Die Begründung für den Wechsel an der Spitze klingt meist lapidar: So heißt es in den dürftigen Mitteilungen, der Ausstieg sei "auf eigenen Wunsch" geschehen. Oft werden auch "persönliche Gründe" genannt. Besonders oft wurde die Floskel "In beiderseitigem Einvernehmen" den Anlegern und Investoren präsentiert - in 40 Prozent der Fälle war dies der Fall. Was sich hinter dieser Formulierung wirklich verbirgt, wird deutlich, wenn - wie in der Studie geschehen - die Anzahl der Wechsel mit der Anzahl der Ergebniswarnungen der jeweiligen Firmen in Beziehung gesetzt werden. Denn meist ist die schlechte Geschäftsentwicklung Ursache für den personellen Aderlass. "Planzahlrevidierung" oder gar "Differenzen über die strategische Ausrichtung" werden lediglich in 14,6 Prozent aller Fälle als Ursache genannt.


Tiefrote Zahlen werden noch bis zum Jahresende 2001 ihren Tribut fordern: "Jetzt werden die Konsequenzen aus den oft verlustreichen Jahresabschlüssen gezogen", glaubt IPO-Experte Wassiluk. Für die Fehlentwicklungen führt er zwei Hauptgründe an: 32 Prozent der in Schieflage geratenen Unternehmen nennen zu hohe Produktentwicklungs- und -einführungskosten als Grund für die Misere ihrer Firma. An zweiter Stelle liege mit fast 29 Prozent die völlig falsche Einschätzung des Marktes.



Quelle 2001 Financial Times Deutschland
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