Ergiebige Hausse
Warum Öl auf absehbare Zeit teuer bleiben wird
Die Amerikaner kaufen die internationalen Ölproduktmärkte leer und vergrößern damit die Ungleichgewichte im Weltölgeschäft dramatisch. Die Chinesen wetteifern bei ihrer wirtschaftlichen Aufholjagd um das schwarze Gold und zahlen Rekordpreise. Eine alte Börsenregel schlägt voll durch: Die Hausse nährt die Hausse.
DÜSSELDORF. Die Erdölpreise erreichen immer neue Rekorde. Die Amerikaner kaufen die internationalen Ölproduktmärkte leer und vergrößern damit die Ungleichgewichte im Weltölgeschäft dramatisch. Die Chinesen wetteifern bei ihrer wirtschaftlichen Aufholjagd um das schwarze Gold und zahlen Rekordpreise. Eine alte Börsenregel schlägt voll durch: Die Hausse nährt die Hausse.
Es ist nur ein geringer Trost, wenn daran erinnert wird, dass die Treffergenauigkeit bei den Ölpreisprognosen schon immer sehr gering gewesen ist. Die große Mehrzahl der Fachleute lag mit der Einschätzung des Preispfades seit Anfang des Jahrzehnts besonders falsch. Statt eines prognostizierten Ölpreiskorridors von 18 bis 22 Dollar je Barrel (159 Liter) kletterten die Notierungen zuletzt auf Spitzenwerte von mehr als 60 Dollar. Und im Lager des Erdölkartells Opec werden mittlerweile 70 Dollar bis Ende des Jahres für möglich gehalten.
Wie stabil Erdölpreise auf diesem Niveau sind, darüber wird in der Fachwelt derzeit kontrovers diskutiert. Kommt es zu einer nachhaltigen politischen Eskalation im Mittleren Osten, so ist die Ölpreisskala nach oben offen. Ein Schub der Notierungen auf mehr als 100 Dollar ist dann zumindestens kurzfristig plausibel. In diesem Fall würden die strategischen Erdölvorräte in den Industrienationen zur Marktberuhigung freigegeben, gleichzeitig dürften staatliche Verbrauchsbeschränkungen als Mittel des Krisenmanagements eingesetzt werden. Dennoch würde die Weltwirtschaft in eine nachhaltige Schieflage geraten, mit negativen Auswirkungen sowohl für die Ölproduzenten als auch die konsumierenden Industrie- und Entwicklungsländer. Dieses Szenario wollen zwar alle Akteure vermeiden. Bei der politisch labilen Lage in wichtigen Förderländern wie gerade auch in Saudi-Arabien, dem weltgrößten Erdölexporteur, kann dieser „worst case“ jedoch aber auch nicht ausgeschlossen werden.
Auf der anderen Seite ist auch die Gefahr eines Einbruchs der Notierungen stets latent, wenn auch ein Rückfall auf den Durchschnittspreis der 90er-Jahre bei 18 Dollar unrealistisch erscheint. Die Gefahr eines ruinösen Wettlaufs um mehr Marktanteile ist heute kaum gegeben. Ein solcher Einbruch würde außerdem ein falsches Licht auf die langfristige Verknappung werfen; denn die Kosten für die Erschließung neuer Vorräte steigen erheblich.
Anhaltspunkte für eine plausible Preisprognose liefern die Einschätzungen der internationalen Ölindustrie. Früher lag dieser Preiskorridor für langfristige Investitionsplanungen zwischen 15 und 20 Dollar; er wurde Anfang des Jahrzehnts zunächst um fünf Dollar erhöht. Heute bewegen sich diese für Investitionen eher konservativ nach unten gehaltenen Schätzgrößen im Bereich der 30-Dollar-Marke, und BP, die Nummer zwei in der Weltölindustrie, schätzt das Preisniveau längerfristig auf 40 Dollar.
Für anhaltend höhere Preise spricht das globale Nachfragewachstum, das heute doppelt so hoch ausfällt wie früher. Die Präferenz für Öl ist in Schwellenländern wie China, Indien oder Brasilien so hoch, dass die Kaufkraft aus anderen Wirtschaftsbereichen in den Mineralölsektor verlagert wird.
Vor dem Hintergrund nur unzureichend wachsender Ölförderkapazitäten, vor allem in Staaten wie dem Irak und Iran sowie in Venezuela, ist daher davon auszugehen, dass die Weltölmärkte auf absehbare Zeit eng bleiben werden und die Notierungen sich – kurz- und mittelfristig – in der Spanne zwischen 50 bis 70 Dollar je Barrel behaupten werden. Diese Erwartung gründet sich darauf, dass sich die Weltkonjunktur und damit die Weltölnachfrage weiterhin wahrscheinlich auf hohem Niveau halten wird und gleichzeitig ein Umbruch in Saudi-Arabien verhindert werden kann.
Quelle: HANDELSBLATT, Mittwoch, 10. August 2005, 07:00 Uhr
...be invested
Der Einsame Samariter
Warum Öl auf absehbare Zeit teuer bleiben wird
Die Amerikaner kaufen die internationalen Ölproduktmärkte leer und vergrößern damit die Ungleichgewichte im Weltölgeschäft dramatisch. Die Chinesen wetteifern bei ihrer wirtschaftlichen Aufholjagd um das schwarze Gold und zahlen Rekordpreise. Eine alte Börsenregel schlägt voll durch: Die Hausse nährt die Hausse.
DÜSSELDORF. Die Erdölpreise erreichen immer neue Rekorde. Die Amerikaner kaufen die internationalen Ölproduktmärkte leer und vergrößern damit die Ungleichgewichte im Weltölgeschäft dramatisch. Die Chinesen wetteifern bei ihrer wirtschaftlichen Aufholjagd um das schwarze Gold und zahlen Rekordpreise. Eine alte Börsenregel schlägt voll durch: Die Hausse nährt die Hausse.
Es ist nur ein geringer Trost, wenn daran erinnert wird, dass die Treffergenauigkeit bei den Ölpreisprognosen schon immer sehr gering gewesen ist. Die große Mehrzahl der Fachleute lag mit der Einschätzung des Preispfades seit Anfang des Jahrzehnts besonders falsch. Statt eines prognostizierten Ölpreiskorridors von 18 bis 22 Dollar je Barrel (159 Liter) kletterten die Notierungen zuletzt auf Spitzenwerte von mehr als 60 Dollar. Und im Lager des Erdölkartells Opec werden mittlerweile 70 Dollar bis Ende des Jahres für möglich gehalten.
Wie stabil Erdölpreise auf diesem Niveau sind, darüber wird in der Fachwelt derzeit kontrovers diskutiert. Kommt es zu einer nachhaltigen politischen Eskalation im Mittleren Osten, so ist die Ölpreisskala nach oben offen. Ein Schub der Notierungen auf mehr als 100 Dollar ist dann zumindestens kurzfristig plausibel. In diesem Fall würden die strategischen Erdölvorräte in den Industrienationen zur Marktberuhigung freigegeben, gleichzeitig dürften staatliche Verbrauchsbeschränkungen als Mittel des Krisenmanagements eingesetzt werden. Dennoch würde die Weltwirtschaft in eine nachhaltige Schieflage geraten, mit negativen Auswirkungen sowohl für die Ölproduzenten als auch die konsumierenden Industrie- und Entwicklungsländer. Dieses Szenario wollen zwar alle Akteure vermeiden. Bei der politisch labilen Lage in wichtigen Förderländern wie gerade auch in Saudi-Arabien, dem weltgrößten Erdölexporteur, kann dieser „worst case“ jedoch aber auch nicht ausgeschlossen werden.
Auf der anderen Seite ist auch die Gefahr eines Einbruchs der Notierungen stets latent, wenn auch ein Rückfall auf den Durchschnittspreis der 90er-Jahre bei 18 Dollar unrealistisch erscheint. Die Gefahr eines ruinösen Wettlaufs um mehr Marktanteile ist heute kaum gegeben. Ein solcher Einbruch würde außerdem ein falsches Licht auf die langfristige Verknappung werfen; denn die Kosten für die Erschließung neuer Vorräte steigen erheblich.
Anhaltspunkte für eine plausible Preisprognose liefern die Einschätzungen der internationalen Ölindustrie. Früher lag dieser Preiskorridor für langfristige Investitionsplanungen zwischen 15 und 20 Dollar; er wurde Anfang des Jahrzehnts zunächst um fünf Dollar erhöht. Heute bewegen sich diese für Investitionen eher konservativ nach unten gehaltenen Schätzgrößen im Bereich der 30-Dollar-Marke, und BP, die Nummer zwei in der Weltölindustrie, schätzt das Preisniveau längerfristig auf 40 Dollar.
Für anhaltend höhere Preise spricht das globale Nachfragewachstum, das heute doppelt so hoch ausfällt wie früher. Die Präferenz für Öl ist in Schwellenländern wie China, Indien oder Brasilien so hoch, dass die Kaufkraft aus anderen Wirtschaftsbereichen in den Mineralölsektor verlagert wird.
Vor dem Hintergrund nur unzureichend wachsender Ölförderkapazitäten, vor allem in Staaten wie dem Irak und Iran sowie in Venezuela, ist daher davon auszugehen, dass die Weltölmärkte auf absehbare Zeit eng bleiben werden und die Notierungen sich – kurz- und mittelfristig – in der Spanne zwischen 50 bis 70 Dollar je Barrel behaupten werden. Diese Erwartung gründet sich darauf, dass sich die Weltkonjunktur und damit die Weltölnachfrage weiterhin wahrscheinlich auf hohem Niveau halten wird und gleichzeitig ein Umbruch in Saudi-Arabien verhindert werden kann.
Quelle: HANDELSBLATT, Mittwoch, 10. August 2005, 07:00 Uhr
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Der Einsame Samariter