Von Georg Pröbstl
Vielleicht können Sie sich jetzt, wie viele andere Anleger, eine gewisse Schadenfreude nicht verkneifen. Denn irgendwie scheint die Prognose vieler Großinvestoren, vor allem der institutionellen, beim Wechselkurs nicht aufzugehen. Schon seit zahllosen Monaten bis noch vor wenigen Tagen redeten viele von ihnen den Dollar nur noch schlecht. Ein hohes Defizit in der US-Handelsbilanz und im US-Staatshaushalt sollten den Dollar weiter in die Knie zwingen.
Für die Auguren konnte der Greenback einfach nicht schnell und vor allem nicht weit genug fallen. Viele Profis hielten einen Kurs von 1,5 oder gar 2 Dollar je Euro nur noch für eine Frage der Zeit.
Doch jetzt kam es ganz anders. Und zwar ganz schnell. In wenige Tagen stieg der Dollar gegenüber dem Euro um mehr als 3 % von 1,26 auf 1,22. Und das dürfte erst der Anfang sein. Denn seit seinem Tief Ende 2004 hat der Dollar gegenüber der europäischen Gemeinschaftswährung bereits mehr als 10 % gewonnen.
Obwohl die allgemeine Meinung eine andere war, haben mein Kollege Steve Sjuggerud und ich Sie in der Investoren Akademie in letzter Zeit immer wieder davor gewarnt, auf Euro zu setzen und Sie vielmehr auf die steigende Wahrscheinlichkeit eines stärkeren Dollars hingewiesen.
Gründe für einen festeren Dollar gab es genug:
1) Die Zinsdifferenz zwischen US-Staatsanleihen und deutschen Bundesanleihen liegt seit einiger Zeit im Bereich von 1 %.
2) Das Wachstum in den USA brummt: Während Einkommen und Bruttosozialprodukt in Euroland mit gerade einmal 2 % zunehmen, gibt es in den Staaten ein doppelt so hohes Wachstum. Und während beispielsweise im größten Land der Eurozone, nämlich Deutschland, das Verbrauchervertrauen ein Tief nach dem anderen hinlegt, stieg es in den USA aktuell für Mai wider erwarten an.
3) Wegen des starken Wachstums dreht die FED, die US-Notenbank, schon seit einiger Zeit an der Zinsschraube. Die nächste Erhöhung lässt bestimmt nicht mehr lange auf sich warten. Dann vergrößert sich die Zinsdifferenz zwischen den Staaten und Europa weiter. Noch mehr Anleger werden ihr Geld in die höher verzinslichen US-Papiere stecken.
Das sind alte Gründe. Es gibt neue: Die Bürger Frankreichs und der Niederlande sagen "Nein" zur EU-Verfassung! Das gab dem Dollar in den vergangenen Tagen einen weiteren Schub. Viele Volkswirte bei den großen Banken, Vermögensverwaltern und Versicherungen erwarten jetzt eine Periode der Unsicherheit. Wie geht es weiter mit Europa? Beginnt ein Zerfallsprozess? Manche formulieren es noch drastischer und sagen "Die europäische Idee funktioniert nicht mehr."
Die Folgen werden erst in Monaten oder Jahren tatsächlich spürbar: Die Euro Zone wird für ausländische Investoren weniger attraktiv, weil die Zone keine gemeinsamen politischen Ziele hat. Es fließt weniger Geld hierher. Bei der Währung beginnt es sofort zu wirken. Denn was die Märkte überhaupt nicht wollen ist Unsicherheit.
Dazu kommt: Während sich in den vergangenen Jahren die Europäische Zentralbank heftig gegen Zinssenkungen gewehrt hat, dürfte diese Front angesichts der permanenten Wachstumsschwäche, beispielsweise in Deutschland und Italien, langsam zerbröseln.
Einige Analysten und Beobachter rechnen damit, dass die Europäische Zentralbank wegen des Wahlausgangs in Frankreich die Zinsen schon bald senken wird. Die Zinsdifferenz zum US-Leitzins würde damit weiter wachsen.
Viele Gründe für einen stärkeren Dollar! Warten Sie einmal noch einige Wochen und Sie werden sehen, wie sich die Stimmung der internationalen Finanzwelt gegen den Euro wendet.
Alleine Warren Buffett sitzt mit seiner Investmentfirma Berkshire Hathaway auf einem mittleren zweistelligen Milliarden Euro Vermögen. Er schaut dem politischen Treiben in Euroland und der Unsicherheit ganz sicher nicht lange zu und wird seine Euros verkaufen. Vielleicht ist er schon dabei. Wie vielleicht bald schon die Russen, Chinesen und Japaner. Sie haben den Euro in den letzten Jahren als 2. Reservewährung neben dem Dollar aufgebaut und sitzen auch auf hohen Euro-Beständen.
Dazu kommt: Auch viele Hedgefonds, die gegen den Dollar spekulieren, wurden durch die politische Entwicklung in unseren Nachbarländern auf dem falschen Bein erwischt. Um größere Verluste zu vermeiden, müssen sie sich langsam vom Euro verabschieden und Dollars kaufen.
Da nützt es dann nichts mehr, wenn Europas Politiker, wie vor 4-5 Jahren EZB Chef Wim Duisenberg, gebetsmühlenartig das Gegenteil predigen.
Meine Prognose: Ein Wechselkurs von 1,1 Dollar je Euro, vielleicht sogar die Parität der beiden Währungen, sind durchaus schon 2006 möglich.
Tipp: Wenn Sie auf einen steigenden Dollarkurs setzen wollen, können Sie folgendes tun:
1) Solide und aussichtsreiche US-Aktien kaufen. Steigt der Dollar, machen Sie alleine schon deswegen Gewinn.
2) Auf US-Anleihen mit hoher oder mittlerer Bonität setzen. Hier bekommen Sie nicht nur einen höheren Zins. Sie können bei steigendem Dollar zusätzliche Währungsgewinne einfahren.
3) Deutsche Exportwerte profitieren besonders vom starken Dollar. Denn die deutschen Produkte werden so im $-Währungsraum billiger und damit für Käufer attraktiver. Umsatz und Gewinn dürften steigen. Sehen Sie in die Geschäftsberichte der Firmen. Dort ist oft extra ausgewiesen, wie viel der schwache Dollar in der Vergangenheit gekostet hat.
4) Fliegen Sie noch schnell in die USA. Steigt der Dollar wird nicht nur der Urlaub in den Staaten wesentlich teurer, sondern auch der Ticketpreis für das Flugzeug.