Artikel aud dem FAZ-NEt zur Lage der Wirtschaft
Konjunktur
Die Rezession ist vorbei
23. Mai 2002 Viel war in den vergangenen Wochen gerätselt worden, ob die deutsche Wirtschaft im ersten Vierteljahr weiter stagniert ist oder doch erste Aufschwungszeichen ihre Spuren beim Bruttoinlandsprodukt hinterlassen haben. Nun sind die offiziellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes da und das Resultat ist: Die Wirtschaft ist wieder auf Wachstumskurs, allerdings noch einem sehr zaghaften.
So legte die Wirtschaftsleistung in den ersten drei Monaten vor allem dank gestiegener Exporte gegenüber dem Vorquartal um 0,2 Prozent zu. Die Ausfuhren nahmen um 1,9 Prozent zu, der Überschuss in der Handelsbilanz war im März auf ein neues Rekordhoch geklettert. Doch auch die Bauinvestitionen nahmen immerhin um 0,5 Prozent zu. Weitgehende Flaute herrscht hingegen nach wie vor beim privaten Konsum, der um 0,3 Prozent zurückging. Das kann vor allem der Einzelhandel bestätigen, dessen Umsätze in den ersten Monaten dramatisch gesunken waren.
Stillstand beim Rückgang
Dennoch ist Deutschland nach gängiger Definition aus der Rezession. In den beiden Vorquartalen hatte es noch jeweils Rückgänge gegeben. Dass der Weg zurück auf den Wachstumspfad steinig ist, verdeutlicht der Vergleich mit dem Vorjahresquartal - hier registrieren die Statistiker noch ein Minus von immerhin 1,2 Prozent. Dies ist der stärkste Rückgang auf Jahresbasis in einem Dreimonatszeitraum seit Anfang 1993. Selbst wenn man berücksichtigt, dass es in den ersten drei Monaten 2002 zwei Arbeitstage weniger gab als im Vorjahr, ist die Wirtschaftsleistung immer noch leicht geschrumpft.
„Das ist noch keine fantastische Wachstumszahl“, betont daher Commerzbank-Volkswirt Christoph Hausen zu dem Anstieg um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Zu der weiter schwachen Inlandsnachfrage zu Jahresbeginn hat seiner Ansicht nach auch Diskussion um den „Teuro“ beigetragen. Die Einführung des Euro-Bargelds habe für Verunsicherung bei den Verbrauchern gesorgt. „Der Rückgang ist aber zum Stillstand gekommen“, betonte Hausen. Dieser Trend wird sich in den nächsten Quartalen bestätigen, im zweiten Halbjahr dürften die Wachstumszahlen wieder deutlich höher ausfallen.
Weiter Träger der roten Laterne
Problematisch ist vor allem die starke Abhängigkeit des Aufschwungs von den Ausfuhren. „Das macht die deutsche Wirtschaft anfälliger als andere für externe Schocks“, gibt Nigel Andersen, Volkswirt bei der Bank of Scotland, zu Bedenken. Im europäischen Vergleich hinkt Deutschland ohnehin weiter hinterher. Im Schnitt wuchs die Wirtschaft der Euro-Länder um 0,5 Prozent im ersten Quartal, im Nachbarland Frankreich immerhin wohl um 0,4 Prozent.
Trotzdem konnte das Bundesfinanzministerium in einer ersten Reaktion auf die Zahlen erleichtert feststellen: „Die Talsohle ist durchschritten.“ Mit einer Verbesserung der Situation auf dem Arbeitsmarkt rechnet das Ministerium „in etwa ab Mitte des Jahres“. Auch Dresdner-Chefvolkswirt Klaus Friedrich ist überzeugt, dass die Wirtschaft zunehmend an Fahrt gewinnen wird: „Das 1. Quartal war nur eine Schwalbe für den Konjunkturfrühling, im 2. Quartal kommt richiger Dampf hinzu.“