SPIEGEL ONLINE - 11. Dezember 2001, 12:38
URL: www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,172152,00.html
Tora Bora
Al-Qaida-Kämpfer geben auf
In der afghanischen Bergfestung Tora Bora ist nach den massiven Bombenangriffen der Amerikaner der Widerstand der al-Qaida-Kämpfer offenbar gebrochen. Viele von ihnen versuchen nun, nach Pakistan zu fliehen.
AP
Tora Bora: Ein Anti-Taliban-Kämpfer beobachtet den Einsatz in dem Gebirge
Islamabad - Nach tagelangen erbitterten Gefechten konnten afghanische Milizen die vorwiegend arabischen Kämpfer Bin Ladens am Dienstag aus Tora Bora vertreiben. Das sei nach den verheerenden US-Luftangriffen der vergangenen Tage, nächtlichen Vorstößen amerikanischer Spezialeinheiten und dem Dauerbeschuss aus Panzern gelungen, sagten Stammesführer.
Hasrat Ali, ein Kommandeur der Anti-Taliban-Truppen, sagte, seine Soldaten hätten einen von zwei Gipfeln des Berges Enseri Sur erobert, auf die sich Hunderte al-Qaida-Kämpfer geflüchtet hätten. "Sie rennen weg", sagte Ali. "Wir werden versuchen, ihnen von der anderen Seite den Weg abzuschneiden." Die al-Qaida-Kämpfer könnten versuchen, über den Charoti-Pass nach Pakistan zu entkommen. Andere erklärten sich zu Verhandlungen über eine Kapitulation bereit, wie aus Funkgesprächen hervorging. Der Militärchef der afghanischen Milizen, Mohammed Saman, rief einen Waffenstillstand aus.
Von Terrorchef Osama Bin Laden und Taliban-Führer Mullah Mohammed Omar fehlte aber weiterhin jede Spur. Die USA vermuten sie offenbar in der Nähe von Kandahar. Dort stationierte die Marineinfanterie weitere leichte Kampffahrzeuge des Typs LAV-25s, die über eine 25- Millimeter-Kanone verfügen, Geländewagen mit Panzerabwehrraketen und Kampfhubschrauber des Typs Cobra.
Hunderte Bewaffnete angeblich in Kandahar eingerückt
Die Lage in Kandahar bleibt indes weiter unklar: Hunderte Bewaffnete rückten am Dienstag nach Angaben eines Augenzeugen in die Stadt ein. Die Bewaffneten kämen aus verschiedenen Ortschaften der Umgebung, und sie hätten offenbar vor, sich einen Anteil an der Macht zu verschaffen, teilte der Anrufer aus der Stadt mit. Im Haus des Gouverneurs von Kandahar gebe es ein Treffen. Hunderte bewaffneter Krieger stünden draußen und ließen niemanden hinein. Sie sagten, sie verlangten Beteiligung an der Regierung.
In einem Krankenhaus sollen sich nach Berichten eines örtlichen Kommandeurs bewaffnete Kämpfer der Taliban und des al-Qaida-Netzwerks verschanzt haben. Ein Stammesführer teilte der Nachrichtenagentur Reuters telefonisch mit, die Krieger um Hafis Madschid, der als enger Vertrauter von Taliban-Chef Omar gilt, weigerten sich, zu kapitulieren. In der Klinik, dem chinesischen Hospital, befänden sich auch zivile Patienten.
Madschid habe auch dann nicht mit Gnade zu rechnen, sollte er sich ergeben, sagte der Kommandeur. "Irgendjemand wird ihn töten."
Erst am Wochenende hatte der künftige afghanische Interims- Regierungschef Hamid Karzai eine Vereinbarung mit den rivalisierenden Stammesfürsten in Kandahar ausgehandelt. Der Kompromiss sah vor, dass die Kommandantur an den früheren Stadtkommandanten von Kandahar, Gul Agha, gehen sollte.
Aus Kreisen der Familie Karzai in der pakistanischen Stadt Quetta verlautete, Karzai habe eine geplante Reise nach Kabul verschoben und verhandele mit den Kommandeuren in Kandahar, um den dortigen Machtkampf endlich zu lösen.
URL: www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,172152,00.html
Tora Bora
Al-Qaida-Kämpfer geben auf
In der afghanischen Bergfestung Tora Bora ist nach den massiven Bombenangriffen der Amerikaner der Widerstand der al-Qaida-Kämpfer offenbar gebrochen. Viele von ihnen versuchen nun, nach Pakistan zu fliehen.
AP
Tora Bora: Ein Anti-Taliban-Kämpfer beobachtet den Einsatz in dem Gebirge
Islamabad - Nach tagelangen erbitterten Gefechten konnten afghanische Milizen die vorwiegend arabischen Kämpfer Bin Ladens am Dienstag aus Tora Bora vertreiben. Das sei nach den verheerenden US-Luftangriffen der vergangenen Tage, nächtlichen Vorstößen amerikanischer Spezialeinheiten und dem Dauerbeschuss aus Panzern gelungen, sagten Stammesführer.
Hasrat Ali, ein Kommandeur der Anti-Taliban-Truppen, sagte, seine Soldaten hätten einen von zwei Gipfeln des Berges Enseri Sur erobert, auf die sich Hunderte al-Qaida-Kämpfer geflüchtet hätten. "Sie rennen weg", sagte Ali. "Wir werden versuchen, ihnen von der anderen Seite den Weg abzuschneiden." Die al-Qaida-Kämpfer könnten versuchen, über den Charoti-Pass nach Pakistan zu entkommen. Andere erklärten sich zu Verhandlungen über eine Kapitulation bereit, wie aus Funkgesprächen hervorging. Der Militärchef der afghanischen Milizen, Mohammed Saman, rief einen Waffenstillstand aus.
Von Terrorchef Osama Bin Laden und Taliban-Führer Mullah Mohammed Omar fehlte aber weiterhin jede Spur. Die USA vermuten sie offenbar in der Nähe von Kandahar. Dort stationierte die Marineinfanterie weitere leichte Kampffahrzeuge des Typs LAV-25s, die über eine 25- Millimeter-Kanone verfügen, Geländewagen mit Panzerabwehrraketen und Kampfhubschrauber des Typs Cobra.
Hunderte Bewaffnete angeblich in Kandahar eingerückt
Die Lage in Kandahar bleibt indes weiter unklar: Hunderte Bewaffnete rückten am Dienstag nach Angaben eines Augenzeugen in die Stadt ein. Die Bewaffneten kämen aus verschiedenen Ortschaften der Umgebung, und sie hätten offenbar vor, sich einen Anteil an der Macht zu verschaffen, teilte der Anrufer aus der Stadt mit. Im Haus des Gouverneurs von Kandahar gebe es ein Treffen. Hunderte bewaffneter Krieger stünden draußen und ließen niemanden hinein. Sie sagten, sie verlangten Beteiligung an der Regierung.
In einem Krankenhaus sollen sich nach Berichten eines örtlichen Kommandeurs bewaffnete Kämpfer der Taliban und des al-Qaida-Netzwerks verschanzt haben. Ein Stammesführer teilte der Nachrichtenagentur Reuters telefonisch mit, die Krieger um Hafis Madschid, der als enger Vertrauter von Taliban-Chef Omar gilt, weigerten sich, zu kapitulieren. In der Klinik, dem chinesischen Hospital, befänden sich auch zivile Patienten.
Madschid habe auch dann nicht mit Gnade zu rechnen, sollte er sich ergeben, sagte der Kommandeur. "Irgendjemand wird ihn töten."
Erst am Wochenende hatte der künftige afghanische Interims- Regierungschef Hamid Karzai eine Vereinbarung mit den rivalisierenden Stammesfürsten in Kandahar ausgehandelt. Der Kompromiss sah vor, dass die Kommandantur an den früheren Stadtkommandanten von Kandahar, Gul Agha, gehen sollte.
Aus Kreisen der Familie Karzai in der pakistanischen Stadt Quetta verlautete, Karzai habe eine geplante Reise nach Kabul verschoben und verhandele mit den Kommandeuren in Kandahar, um den dortigen Machtkampf endlich zu lösen.