Wall Street lernt mit dem Terror umzugehen
GERTRUD HUSSLA
HANDELSBLATT, 22.10.2001
NEW YORK. Die erste Woche in der Quartalsergebnis-Saison war zwar schlimm, aber nicht ganz so schlimm wie von vielen Marktbeobachtern und Analysten befürchtet. Das zeichnete sich an der Wall Street zum Wochenschluss ab, als Unternehmen wie Microsoft und Nokia positiv überraschten und die wichtigsten Börsen-Indizes nach oben drehten. Auch der Schaden nach den Terror-Attacken ist überschaubar geblieben. Nur fünf Wochen nach dem 11 September haben die Börsen wieder das Niveau erreicht, das sie vor den Attacken hatten. Auch die ausländischen Investoren legen ihr Geld wieder in US-Dollar an und betrachteten den US-Markt als sicheren Hafen. Marktstrategen glauben jetzt, dass das Gröbste überstanden ist – selbst wenn die Kurse noch einmal abrutschen sollten.
Die US-Börsen haben sich nach gemäßigten Inflationsdaten am Freitag erholt, allerdings konnten sie die Verluste in den Tagen zuvor nicht mehr ganz wettmachen. Besonders Bankaktien und Autowerte verloren nach teilweise enttäuschenden Zahlen – vor allem aber wohl aufgrund der weiterhin ungewissen Geschäftsaussichten. Unter dem Strich hat der Dow Jones Index der 30 wichtigsten Industriewerte in der Woche 1,5 % nachgegeben und schloss bei 9 204 Punkten, der breiter gefasste Standard & Poor’s 500 Index endete bei 1 073 Punkten und gab damit um 1,7 % nach, der Sammelindex der Nasdaq gab über die Woche um 1,9 % auf 1 671 Punkte nach. Dabei schwankten die Kurse deutlich weniger als in den Wochen zuvor, was als Zeichen dafür angesehen wird, dass sich die Wall Street von schlechten Nachrichten nicht mehr so schnell aus dem Gleichgewicht bringen lässt.
„Wir sehen, dass das Interesse an Aktien nicht verloren gegangen ist“, sagt Chefstratege David Blitzer des Finanzinformations-Dienstes Standard & Poor’s. „Die Schreckensmeldungen von der Terrorfront werden inzwischen mehr als Unannehmlichkeiten betrachtet, als dass es noch zu weiteren Panik-Reaktionen kommt.“
Der technische Analyst der Investmentbank Merrill Lynch Richard McCabe ist ebenfalls überzeugt, dass das Schlimmste vorüber ist. „Wir könnten zwar in den nächsten drei oder vier Wochen den einen oder anderen Rückschlag erleben. Aber ich glaube, dass die Unterstützungs-Linien standhalten werden“, sagt er. McCabe rechnet zum Jahresende bis in den Januar hinein mit einer längeren Erholungsphase. Wie es dann weiter geht, hänge von der wirtschaftlichen Entwicklung ab. Doch spätestens in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2002 stehe eine sehr solide Erholung an. Die Terror-Attacken sorgten zwar für Ungewissheit, doch McCabe erinnert daran, dass die Börsen sich während Kriegszeiten häufig sehr positiv entwickelt haben.
Allerdings hat McCabe noch keinen Anhaltspunkt dafür, welche Branchen beim nächsten Aufschwung die Führerschaft übernehmen werden. „Vielleicht ist es die Grundstoffindustrie oder der Maschinenbau, vielleicht auch der Energiesektor“, vermutet er. „Der Technologie-Sektor wird es aber mit Sicherheit nicht sein.“ Auch bei Finanzwerten sei das Bild gemischt.
Marktstratege David Blitzer empfiehlt nach wie vor eine defensive Strategie mit Positionen in konjunkturunabhängigen Werten. Dazu zählten vor allem die Pharma-Branche oder der Bereich der Konsumgüter. Mutigere Anleger sollten sich dagegen auf die Erholung vorbereiten und Wachstumswerte kaufen, solange sie billig sind. Die populäre Finanzberaterin Suze Orman rät allerdings: „Wer im Technologie-Sektor engagiert ist, sollte Erholungen nutzen um sich von solchen Positionen zu trennen.“
GERTRUD HUSSLA
HANDELSBLATT, 22.10.2001
NEW YORK. Die erste Woche in der Quartalsergebnis-Saison war zwar schlimm, aber nicht ganz so schlimm wie von vielen Marktbeobachtern und Analysten befürchtet. Das zeichnete sich an der Wall Street zum Wochenschluss ab, als Unternehmen wie Microsoft und Nokia positiv überraschten und die wichtigsten Börsen-Indizes nach oben drehten. Auch der Schaden nach den Terror-Attacken ist überschaubar geblieben. Nur fünf Wochen nach dem 11 September haben die Börsen wieder das Niveau erreicht, das sie vor den Attacken hatten. Auch die ausländischen Investoren legen ihr Geld wieder in US-Dollar an und betrachteten den US-Markt als sicheren Hafen. Marktstrategen glauben jetzt, dass das Gröbste überstanden ist – selbst wenn die Kurse noch einmal abrutschen sollten.
Die US-Börsen haben sich nach gemäßigten Inflationsdaten am Freitag erholt, allerdings konnten sie die Verluste in den Tagen zuvor nicht mehr ganz wettmachen. Besonders Bankaktien und Autowerte verloren nach teilweise enttäuschenden Zahlen – vor allem aber wohl aufgrund der weiterhin ungewissen Geschäftsaussichten. Unter dem Strich hat der Dow Jones Index der 30 wichtigsten Industriewerte in der Woche 1,5 % nachgegeben und schloss bei 9 204 Punkten, der breiter gefasste Standard & Poor’s 500 Index endete bei 1 073 Punkten und gab damit um 1,7 % nach, der Sammelindex der Nasdaq gab über die Woche um 1,9 % auf 1 671 Punkte nach. Dabei schwankten die Kurse deutlich weniger als in den Wochen zuvor, was als Zeichen dafür angesehen wird, dass sich die Wall Street von schlechten Nachrichten nicht mehr so schnell aus dem Gleichgewicht bringen lässt.
„Wir sehen, dass das Interesse an Aktien nicht verloren gegangen ist“, sagt Chefstratege David Blitzer des Finanzinformations-Dienstes Standard & Poor’s. „Die Schreckensmeldungen von der Terrorfront werden inzwischen mehr als Unannehmlichkeiten betrachtet, als dass es noch zu weiteren Panik-Reaktionen kommt.“
Der technische Analyst der Investmentbank Merrill Lynch Richard McCabe ist ebenfalls überzeugt, dass das Schlimmste vorüber ist. „Wir könnten zwar in den nächsten drei oder vier Wochen den einen oder anderen Rückschlag erleben. Aber ich glaube, dass die Unterstützungs-Linien standhalten werden“, sagt er. McCabe rechnet zum Jahresende bis in den Januar hinein mit einer längeren Erholungsphase. Wie es dann weiter geht, hänge von der wirtschaftlichen Entwicklung ab. Doch spätestens in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2002 stehe eine sehr solide Erholung an. Die Terror-Attacken sorgten zwar für Ungewissheit, doch McCabe erinnert daran, dass die Börsen sich während Kriegszeiten häufig sehr positiv entwickelt haben.
Allerdings hat McCabe noch keinen Anhaltspunkt dafür, welche Branchen beim nächsten Aufschwung die Führerschaft übernehmen werden. „Vielleicht ist es die Grundstoffindustrie oder der Maschinenbau, vielleicht auch der Energiesektor“, vermutet er. „Der Technologie-Sektor wird es aber mit Sicherheit nicht sein.“ Auch bei Finanzwerten sei das Bild gemischt.
Marktstratege David Blitzer empfiehlt nach wie vor eine defensive Strategie mit Positionen in konjunkturunabhängigen Werten. Dazu zählten vor allem die Pharma-Branche oder der Bereich der Konsumgüter. Mutigere Anleger sollten sich dagegen auf die Erholung vorbereiten und Wachstumswerte kaufen, solange sie billig sind. Die populäre Finanzberaterin Suze Orman rät allerdings: „Wer im Technologie-Sektor engagiert ist, sollte Erholungen nutzen um sich von solchen Positionen zu trennen.“