Aus der FTD vom 15.1.2002
Das Kapital: Ein kosmetischer Vorschlag für die Telekom
Die Telekom sollte einen Griff in die Trickkiste erwägen. Aus optischen Gründen böte es sich an, den Goodwill, den die Bonner durch ihre unzähligen Zukäufe angesammelt haben, in einem der kommenden Quartale mit einem Schlag zu reparieren, das heißt auf ein angemessenes Niveau abzuschreiben.
Der Goodwill ist ein bilanzieller Posten, der die Differenz zwischen dem Kaufpreis einer Firma und deren Buchwert anzeigt. Nach den alten Regeln der amerikanischen Rechnungslegungsmethode US-GAAP muss der Goodwill über die Jahre abgeschrieben werden. Das verhagelt den bilanziellen Gewinn, obwohl damit keine Zahlungen verbunden sind. Mit der erstmaligen Vollkonsolidierung von Voicestream fallen bei der Telekom ab diesem Jahr Goodwill-Abschreibungen von knapp 3,3 Mrd. Euro an.
Würde die Telekom ihren Goodwill - ähnlich wie zuletzt AOL oder vorher schon JDS und Nortel - auf einmal korrigieren, könnte sie diesen Posten in Zukunft vermeiden. Der Preis dafür wäre, dass sie ein Quartal mit einem optischen Riesenverlust abschließt. Ökonomisch würde sich nichts ändern. Die Telekom würde damit nur eingestehen, dass sie für ihre Akquisitionen zuviel bezahlt hat. Aber das ist Schnee von gestern.
Bei einem geschätzten Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Goodwill (Ebitda) von gut 18 Mrd. Euro könnte die Erfolgsrechnung der Telekom im nächsten Jahr dann wie folgt aussehen: Abzuziehen wären rund 10 Mrd. Euro für Abschreibungen auf Anlagen, knapp zwei Mrd. Euro für Abschreibungen auf UMTS-Lizenzen und rund 4,4 Mrd.Euro für Zinsen. So blieben als Vorsteuergewinn etwa 1,6 Mrd. Euro, gegenüber -1,7 Mrd. Euro unter Einrechnung des Goodwills. Schaffen die Bonner ihren Schuldenplan, reduzierte sich die Zinslast um etwa eine Mrd. Euro. Der Vorsteuergewinn läge dann bei etwa 2,6 Mrd. Euro. Bei einem Steuersatz von 35 Prozent entspricht das einem Netto-Gewinn von 1,7 Mrd. Euro.
Die Telekom wird weiter argumentieren, dass auch die UMTS-Abschreibungen keinen Mittelabfluss nach sich ziehen. Das ist nicht ganz koscher. Aber immerhin gründen sie auf einem Missgeschick von gestern. Wenn man sich anschließt, beliefe sich der zugrunde liegende Geschäftserfolg auf rund 3,7 Mrd. Euro. Danach bemessen notierte die Telekom mit einem 2003er KGV von rund 20.
Die Probleme sind damit natürlich nicht vom Tisch. Insbesondere die Schuldenlast drückt schwer. Theoretisch kann die Telekom ihr Schuldenziel schaffen, selbst nach Abzug der für Debis fällig werdenden 4,6 Mrd. Euro. T-Mobil (10), das Kabelgeschäft (5,5), Immobilien (2,5) sowie die Steuerrückerstattung (1,4) könnten zusammen 19,4 Mrd. Euro in die Kassen spülen. Doch bis auf die Steuerrückerstattung ist noch nichts davon unter Dach und Fach. Wichtig ist vor allem, bei den Ausgaben eiserne Disziplin zu üben. Immerhin: Bei den Ausrüstern sollten gute Preise drin sein. Und der Deal mit Cingular lässt hoffen, dass sich die US-Investitionen in Grenzen halten. Fragwürdig bleiben die Dividenden von 2,6 Mrd. Euro. Obwohl sie der Aktie Unterstützung geben und signalisieren, dass die Telekom an ihre Stärke glaubt: Hoch verschuldete Firmen, die ihren Aktionären gut fünf Prozent ihres Umsatzes ausschütten, sind selten - aus gutem Grund.
gruß Mehlmann