Versicherer fürchten Aktiencrash

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Dixie:

Versicherer fürchten Aktiencrash

 
28.09.01 08:14
Versicherer fürchten Aktiencrash
Von Herbert Fromme, Köln, und Peter Ehrlich, Berlin

Die deutsche Versicherungswirtschaft fordert von der Bundesregierung eine schnelle Änderung der Bilanzierungsregeln, da sonst eine neue starke Belastung des Aktienmarktes drohe.


Wenn die Politik nicht in wenigen Tagen ein Signal gibt, dass die Änderungen bis Jahresende in Kraft treten, würden die Unternehmen in großem Umfang Aktien und Investmentfonds verkaufen, fürchtet der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Betroffen sind vor allem Lebensversicherer.

"Aktuell erwächst den Unternehmen die Gefahr unkalkulierbarer bilanzieller Verluste zum 31. Dezember 2001. Sie sind daher - auch aus steuerlichen Gründen - gezwungen, ihre Aktienbestände zu veräußern", heißt es in einem GDV-Papier für das Finanzministerium, das der Financial Times Deutschland vorliegt.


Die Auswirkungen könnten dramatisch sein: Die Versicherer hielten Ende des ersten Quartals Kapitalanlagen mit einem Buchwert von 1779 Mrd. DM. Davon waren nach Schätzungen des GDV 437 Mrd. DM direkt oder indirekt in Aktien angelegt. Ihr Marktwert beträgt laut GDV immer noch fast 700 Mrd. DM. Das wären mehr als ein Drittel des deutschen Aktienmarktes von 889 Mrd. Euro. Wenn die Versicherer auch nur zehn Prozent davon in den nächsten Tagen auf den Markt werfen, dürften Dax und Neuer Markt einbrechen.



Ministerium will Vorschlag prüfen


Erste Gespräche mit dem Finanzministerium fanden bereits statt, bestätigten GDV und Ministerium. Es habe eine entsprechende Bitte des GDV gegeben, sagte eine Ministeriums-Sprecherin. Der Vorschlag werde geprüft. "Es geht um Maßnahmen zur Stabilisierung der Kapitalmärkte", sagte ein Sprecher des GDV.


Die Versicherer verlangen die Änderung des Paragrafen 341 b Absatz 2 des Handelsgesetzbuchs, der nur für Versicherer das so genannte "strenge Niederstwertprinzip" enthält. Bisher hatte die Branche dieses Prinzip aus steuerlichen Gründen stets verteidigt.


Aber bei stark fallenden Märkten hat die Sonderbehandlung plötzlich katastrophale Auswirkungen. Ohne Änderung des Gesetzes würden viele Versicherer ihre angepeilten Jahresgewinne kaum erreichen, denn sie müssten entweder die Verluste aus Verkäufen oder hohe Abschreibungen auf ihre Aktien im Ergebnis ausweisen. Das würde zwar die Fähigkeit der Versicherer, die zugesagten Leistungen an ihre Kunden zu erbringen, zunächst nicht beeinträchtigen, wohl aber ihre Ergebnisse und damit ihren eigenen Aktienkurs nachhaltig negativ beeinflussen.


So funktioniert das Niederstwertprinzip: Kauft eine Versicherung eine Million Aktien zu je 5 DM, steht dieser Posten mit 5 Mio. DM in den Büchern. Steigt der Kurs, bleibt der Buchwert der Aktien bei diesen 5 Mio. DM. Sinkt der Kurs aber unter den Einstandspreis, zum Beispiel auf 4 DM, muss der Versicherer 1 Mio. DM voll in diesem Jahr abschreiben, also als Verlust buchen. Der Verfall der Aktienkurse in den vergangenen Wochen hat dazu geführt, dass bei den meisten Versicherern die Einstandspreise für große Teile ihres Aktienportefeuilles erreicht oder unterschritten sind. Aus Furcht, dass die Kurse weiter abrutschen und das Ergebnis 2001 noch mehr belasten könnten, sowie aus steuerlichen Gründen müssen sie - wenn das Gesetz nicht geändert wird - diese Papiere jetzt verkaufen.



Mit Banken gleichstellen


Der GDV verlangt von der Regierung, dass die Aktienbestände der Versicherer künftig ähnlich behandelt werden wie bei den Banken. Diese müssen Wertpapiere, die sie langfristig halten, erst dann abschreiben, wenn der Wertverlust dauerhaft ist.


Auch internationale Bilanzstandards wie International Accounting Standards (IAS) und US-GAAP kennen das strenge deutsche Niederstwertprinzip nicht. Deshalb sind die wenigen deutschen Konzerne, die wie die Allianz nach einem dieser Standards bilanzieren, weniger betroffen.


Mehrere Versicherer verkaufen noch aus einem zweiten Grund Aktien. Das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen hatte am 7. September eine Reihe von Lebensversicherern aufgefordert, Aktien zu verkaufen und das Geld festverzinslich anzulegen, um das Risiko zu reduzieren.



© 2001 Financial Times Deutschland


1Mio.€:

Interessant ! Gruss o.T.

 
28.09.01 08:19
tetsuo:

so was nenne ich Erpressung

 
28.09.01 08:35
Aha. Gerät die Privatwirtschaft unter Druck, soll es der Staat richten.
Hat man sich da evtl. verspekuliert und gehofft, Herbst 2001 gäbe
es steigende Kurse?

So ist das also: ist man nicht in der Lage, aufgrund gesetzlicher Bilanzierungsmethoden Gewinne zu machen, muss eine Gestzesänderung her.
Ein Offenbarungseid der Versicherungsmanager?

Auf jeden Fall hat die Versicherungswirtschaft bisher mit jener Bilanzierungsmethode Gewinne durch grosse Steuervergünstigungen erwirtschaftet.
Ihr muss klar sein: wird das Gesetz geändert, muss sie künftig ausserordentlich mehr an den deutschen Fiskus abführen. Da aber Versicherung dies besonders ungern tun, dürfte die übernächte Gesetzesänderung schon abzusehen sein!

:) Tetsuo
blindfish:

irgendwie typisch...

 
28.09.01 08:42
...und echt traurig. Wenn man groß genug ist, kann man alles machen :-(

Gruß und Guten Morgen, blindfish :-))
Dixie:

Im Nachhinein wird vieles klarer, nicht wahr?

 
28.09.01 08:48
"Mehrere Versicherer verkaufen noch aus einem zweiten Grund Aktien. Das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen hatte am 7. September eine Reihe von Lebensversicherern aufgefordert, Aktien zu verkaufen und das Geld festverzinslich anzulegen, um das Risiko zu reduzieren."

Und falls die zum Jahresende nochmal kräftig verkaufen, wissen wir ja jetzt, wie sowas aussieht.





cap blaubär:

sieht verdächtig nach redimensionierung

 
28.09.01 08:51
von Banken+Versicherungen aus,soo schnell kommt der DAX nicht ausm Krankenhaus raus
blaubärgrüsse
Dixie:

Hhm.

 
28.09.01 09:53
Aktienverluste lasten schwer auf Versicherer-Bilanzen  

     
Den deutsche Versicherern drohen Abschreibungen in Rekordhöhe. Nach geltendem Bilanzrecht (HGB) sind die Versicherer gezwungen, Verluste bei Aktienanlagen direkt zu verbuchen. Und die Verluste sind nach dem katastrophalen Börsenjahr erheblich. Nach einem Bericht der „Financial Times Deutschland“ versucht der Branchenverband nun eine Änderung bei der Bundesregierung zu erreichen. Gelingt dies nicht, sind vor allem die nach HGB bilanzierenden Versicherer Hannover Rück, DBV Winterthur und Mannheimer betroffen.   Thomas Hoch  
 

© 2001 sharper.de
 
cap blaubär:

haben ja wohl auch einige auf deren steuermäßig

 
28.09.01 10:09
günstigeres verhökern ihrer Firmenbeteiligungen gezockt damit scheint ja wohl auch essig zu sein und die diese Karte gespielt haben sind Zocker auf Cobra niveau(knetemäßig)wenn sie sich nun vom Pokertisch verabschieden und sich umorientieren gutenacht SenilEconomie  
blaubärgrüsse  
josua1123:

Noch was zum Thema

 
28.09.01 10:37
DAX DURCH SHORTEINDECKUNGEN GETRIEBEN:


Zum Handelsende konnte der
 DAX am gestrigen Donnerstag erneut einen Aufschlag von ueber 2 %
 auf 4.184 Punkte verbuchen. Nach einem bereits sehr freundlichen
 Handelsstart wurde der Aufwaertstrieb des DAX auch durch die
 negative Entwicklung der US-Maerkte nicht beeintraechtigt. Viele
 Marktteilnehmer wundern sich ueber die besondere Relative Staerke
 des DAX im Vergleich zu den US-Maerkten.

 Dies ist sicherlich ein ungewoehnliches, jedoch durchaus erklaer-
 bares Phaenomen. So fuehrten institutionelle Investoren in den
 letzten Monaten und insbesondere auch in den letzten Wochen mit
 wachsender Begeisterung Leerverkaeufe durch. Sie verkaufen dabei
 Papiere, die sich noch gar nicht in ihrem Besitz befinden, mit dem
 Ziel, diese spaeter billiger zurueckzukaufen.

 Zum Leerverkauf muessen sie sich die Papiere leihen. Als Verleiher
 treten hierbei bspw. Versicherungen, wie in fuehrender Position
 die Allianz auf, die so durch die Leihgebuehr zusaetzliche Prae-
 mien erwirtschaften, ihre Papiere auf Grund der langfristig ver-
 folgten Anlagestrategie jedoch nicht kurzfristig liquidieren
 wollen. Doch mit fortgesetzter Baisse schnitten sich die als
 Verleiher aufgetretenen Portfolio-Unternehmen und Versicherer ins
 eigene Fleisch, da die hohen Shortpositionen weiteren Abwaerts-
 druck erzeugten, so dass die Aktienportfolios verstaerkt an Wert
 verloren.

 In diesem Moment stand die vereinnahmte Leihpraemie zu keinem
 Verhaeltnis zu den Wertverlusten mehr. Vor diesem Hintergrund
 entschieden sich viele Verleiher in den letzten Tagen dazu,
 zunaechst von weiteren Wertpapier-Verleihungen abzusehen. Dies
 wiederum zieht nun einen starken Eindeckungsbedarf der Leerver-
 kaeufer nach sich, die ihre Positionen schliessen muessen. Vor
 diesem Hintergrund ist es wenig verwunderlich, weshalb der DAX
 nun ein positives Eigenleben fuehrt und sich derzeit recht deut-
 lich von der US-Marktentwicklung abgrenzen kann.

jo.

erzengel:

Und warum steigen die anderen EU-Börsen auch?

 
28.09.01 11:06
So ein Blödsinn.
n1608:

Leerverkäufer treten nicht nur in D auf !! o.T.

 
28.09.01 11:17
josua1123:

n1608

 
28.09.01 11:27
hat mir das Wort aus dem Mund genommen.
Es wird in anderen europäischen Ländern nicht anders sein.
Außerdem sind deutsche Versicherungen sicher nicht nur in Deutschland investiert
War ja wirklich seltsam das sich der Dax gegenüber den Dow emanzipiert

jo.
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