Morgan Stanley auf 100 Millionen Euro Schadenersatz verklagt
Der weltgrößte Luxusgüter-Konzern LVMH fühlt sich von Morgan Stanley zu Unrecht schlecht benotet. Jetzt soll die US-Investmentbank 100 Millionen Euro Schadenersatz bezahlen. Eine Verurteilung könnte dem einst schier allmächtigigen Berufsstand der Unternehmens-Analysten den Todesstoß versetzen.
Paris/Frankfurt am Main - LVHM habe eine Beschwerde beim Handelsgericht in Paris eingereicht, weil Morgan Stanley den italienischen Erzkonkurrenten Gucci bevorzugt habe, bestätigte ein Sprecher des französischen Konzerns am Dienstag einen Bericht der Wirtschaftszeitung "Financial Times". Ein Datum für die Anhörung sei noch nicht festgesetzt.
In seiner Beschwerde führt das Unternehmen an, die Einschätzung von Morgan Stanley über LVMH (Moët Hennessy Louis Vuitton) sei die durch die engen Geschäftsbeziehungen zwischen der Bank und Gucci negativ beeinflusst worden. Morgan Stanley zählt zu den Hausbanken von Gucci und hat die Italiener bei ihrer Abwehr gegen die Übernahmeversuche durch LVMH beraten. Ein Banksprecher wies die Anschuldigungen kategorisch zurück. Die Analysten des Hauses seien integer, sagte der Sprecher der "Financial Times".
Die Unabhängigkeit der Analysten steht auf dem Spiel
Der Berufsverband der deutschen Aktienanalysten, DVFA, warnte in einer ersten Reaktion nach Bekannt werden der Pläne vor den Folgen einer möglichen Verurteilung Morgan Stanleys. "Wenn diese Klage jetzt Erfolg hat, wird kein Analyst mehr unabhängige Empfehlungen abgeben. Der Anleger, vor allem der Kleinanleger, wird dann völlig allein gelassen", sagte der Vorstandssprecher der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA), Fritz H. Rau in Frankfurt.
Dagegen glauben die Experten des Deutschen Aktieninstituts (DAI), dass ein möglicher Erfolg der Schadensersatzklage langfristig durchaus zu einer Verbesserung der Transparenz von Aktienanalysen führen kann. "Es kommt darauf an, was die Gerichte daraus machen", sagte DAI-Direktor Franz-Josef Leven. Nach den Vorstellungen des DAI sollte in Analysen stets auf Geschäftsverbindungen der Bank zum bewerteten Unternehmen hingewiesen werden. "Dann kann jeder Anlegers sich sein eigenes Bild machen und die Analyse entsprechend bewerten", sagte Leven.
Gericht sollte nur handwerkliche Fehler berücksichtigen
Ein Rückschritt wäre es nach Ansicht des DAI, wenn das Gericht in seinem Urteil den Analysten die Berechtigung absprechen würde, ein Unternehmen zu bewerten. "Sollten die Analysten allerdings handwerklich etwas falsch gemacht haben, also zum Beispiel unterschiedliche Berechnungsmethoden für einzelne Kennzahlen benutzt haben, dann müsste Morgan Stanley wohl dafür gerade stehen", sagte Leven.
LVMH und Gucci hatten sich in der Vergangenheit eine wahre Übernahmeschlacht geliefert und dabei zahlreiche Gerichte beschäftigt. Im vergangenen Jahr hatte LVMH den Plan aufgegeben und seine Gucci-Anteile an den konkurrierenden französischen Konzern Pinault Printemps Redoute verkauft. Zum LVMH-Konzern des Milliardärs Bernard Arnault gehören unter anderem die Designer-Marken Louis Vuitton, Christian Dior und Kenzo, die Champagner-Sorte Moët et Chandon und die Hennessy-Cognacs.