Mit Varetis auf Nummer sicher gehen" - unter diesem Motto könnte der Börsengang des Anbieters von Softwarelösungen für Telefonauskunftsdienste stehen.
Die Software des 1983 unter dem Namen PC-Plus Informatik gegründeten Unternehmens setzen Telefongesellschaften vor allem in Call Centern ein. In diesen Auskunftszentralen verwalten die Programme den Zugriff auf Kunden- und Tarifdaten sowie ausländische Telefonnummern. Hier generiert Varetis bislang das Gros seiner Umsätze. Obwohl Big Player wie IBM und die kanadische Nortel Networks in diesem Segment zu den Wettbewerbern zählen, haben die Münchener in Europa einen Marktanteil von 40 Prozent inne. Global betrachtet bringt es der Börsenneuling immerhin auf Rang drei. Ungeachtet dessen halten die Varetis-Macher ein jährliches Wachstum von bis zu 30 Prozent für möglich.
Im Geschäftszweig "Internet Solutions" ermöglicht die Varetis-Lösung Auskünfte per Computer und internetfähigem Mobiltelefon, dem sogenannten WAP-Handy. Diesem noch jungen Geschäftszweig werden 70 Prozent Wachstum per anno zugetraut.
Der dritte Sparte der Bayern wird als "Subscriber Data Funnel" bezeichnet: Hier bauen die Softwarespezialisten eine Art "Superdatenbank" auf, bei der die Kundendaten verschiedener Telekommunikations-Unternehmen zusammenfließen. Dadurch entsteht ein gemeinsames Verzeichnis, das ständig um aktuelle oder neue Daten ergänzt wird und so das Auffinden von Personen wesentlich erleichtert.
Zum Kundenstamm der Süddeutschen gehört die erste Riege der Telekommunikationsunternehmen, darunter die Deutsche Telekom, AT&T, British Telecom, Vodafone Airtouch, Swisscom und Mannesmann Mobilfunk.
Geschäftszahlen
Nach einem Umsatz von 41,4 Mio. Mark im Geschäftsjahr 1998, steigerte Varetis die Erlöse im Folgejahr 1999 auf 54,4 Mio. Mark. Im laufenden Geschäftsjahr 2000 wollen die Software-Entwickler rund 72 Mio. Mark umsetzen. Innerhalb der nächsten drei Jahre soll der Umsatz auf 201 Mio. Mark klettern.
Das Jahr 1997 endete für die Münchener nach umfangreichen Investitionen mit einem Minus von 310.000 Mark. Zwölf Monate später war jedoch mit einem Vorsteuergewinn von rund 2,7 Mio. Mark wieder alles im Lot. Nach einem Bruttogewinn von rund 3,7 Mio. Mark im vergangenen Geschäftsjahr 1999 will der Börsen-Newcomer in seiner 2000er Bilanz einen Gewinn von 4,5 Mio. Mark vor Abzug der Steuern vorweisen.
Für die Folgejahre rechnet Varetis mit Umsatz-Steigerungsraten von rund 35 Prozent. Der Bruttowewinn soll durchschnittlich um 80 Prozent steigen.
Ausblick
Auf der Varetis-Liste steht der internationale Ausbau des Kerngeschäftes ganz oben. Hier wird an die Expansion in die Märkte Nord- und Südamerika, Asien und Osteuropa gedacht. Auch Übernahmen von Konkurrenten sind im Bereich des Möglichen. Daneben sollen neue Geschäftsfelder zügig erschlossen werden, um beispielsweise das Zwergendasein im US-Geschäft - bisheriger Umsatzanteil 4 Prozent - zu beheben.
Emissionsdaten
Die Aktien der Varetis AG (Kennummer: 691 190) werden vom 1. bis zum 3. Februar in einer Preisspanne von 28 bis 32 Euro angeboten. Bei einem Ausgabepreis von 32 Euro wäre Varetis auf Basis der geplanten Gewinne im Jahr 2001 mit einem Kurs/Gewinn-Verhältnis (KGV) von 53 bewertet.
Von den insgesamt 1,65 Mio. Anteilen stammen 1,25 Mio. Titel aus einer Kapitalerhöhung und 400.000 Titel aus den Beständen der Altaktionäre. Daneben stehen 250.000 Papiere als Zeichnungsreserve zur Verfügung. Als erster Handelstag am Neuen Markt ist der 7. Februar vorgesehen.
Das Emissionskonsortium besteht aus der federführenden HypoVereinsbank, der Bank Paribas sowie der Sachsen LB.
Bewertung
Der Börsenkandidat ist nach der Liberalisierung des Telefonmarktes auf einem engen Wachstumsmarkt tätig. Hier hat sich Varetis bereits einen guten Namen erarbeitet. Die nächste Hürde hat jedoch eine neue Dimension: Der Markt in Amerika ist das Zünglein an der Waage. Erobern die Bayern in Übersee mehr Marktanteile als bisher, sind weitere Kursfantasien vorprogrammiert, da dann die Gewinne im Schnitt um mehr als 100 Prozent pro Jahr zulegen dürften.
Neue Dienstleistungen wie Telefonauskunft via Spracherkenung zeigen auch, dass die Varetis-Macher die Zeichen der Zeit erkannt haben und neue Geschäftsfelder erschließen, die weitere Wachstumspotentiale versprechen. Hier kommt den Münchenern die Unabhängigkeit von Hardware-Herstellern sicherlich zugute.
Ein Risiko besteht in der Kundenstruktur der Süddeutschen: Etwa 40 Prozent des Umsatzes kommen von den fünf größten Kunden der Gesellschaft. Auch die Rekrutierung neuer Mitarbeiter stellt das Management auf eine harte Probe. Hier könnte das geplante Aktienoptionsprogramm für Abhilfe sorgen.
Fazit: Angesichts der fairen Preisspanne sollten spekulativ eingestellte Anleger über ein Engagement nachdenken. Das 2001er KGV von 53 erscheint zwar optisch hoch, könnte sich aber nach erfolgreicher Expansion schnell relativieren. Wir raten zur Zeichnung.
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