V*A*T*I*K*A*N AG

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V*A*T*I*K*A*N AG

 
06.01.03 00:05


Der Vatikan für MBAler

oder ein erfolgreicher turnaround

der Vatikan AG

Man kann sicherlich viele

Geschichten über den Vatikan

erzählen, aber welche interessiert

MBAler und Absolventen von

Executive Programmen des INSEAD?

Hier kommt der nicht ganz ernst

gemeinte, aber inhaltlich korrekte,

Versuch eines Unternehmensberaters

den Vatikan aus einer etwas

anderen Perspektive zu beleuchten,

nämlich der eines erfolgreichen

Turnarounds von operativen

Verlusten hin zu einer der best

gemanagten, wirklich globalen AGs.

1991 machte der Vatikan noch einen

herben operativen Verlust von 52

Mio. EUR. Im Jahr 2000 konnte ein

Überschuß von knapp 65 Mio. EUR

erwirtschaftet werden. Das ist das

achte Jahr in Folge, wo der Vatikan

einen Haushaltsüberschuß

erwirtschaftet. Wo lag das

ökonomische Problem in den 80er

Jahren und davor und wie gelang es,

diesen eindrucksvollen, und über fast

eine Dekade stabilen turn-around

hinzubekommen? Möglich wurde dies

vor allem durch Giorgio Stoppa,

mittlerweile 70 Jahre alt, der vom


Papst zum Investment Chef in den

90er Jahren berufen wurde.

Die Ausgangssituation: Noch im

19ten Jahrhundert war das

Patrimonium, der damalige

Vatikanstaat, mit ca. 41.000

Quadratkilometern fast so groß wie

das heutige Niedersachsen. Der

Kirchenstaat finanzierte sich über die

soliden Einkünfte aus dem

Großgrundbesitz. Doch in 1870

geschah eine der weltweit ersten,

unfreundlichen Übernahmen durch

die italienische Armee. Der damalige

CEO, Papst Pius IX, wurde

entmachtet und verschanzte sich in

seinem Palast. Er versuchte

verzweifelt, und letztendlich erfolglos,

durch die Exkommunikation der

Eroberer die Übernahme zu vereiteln

(vergleiche auch Thyssen-Krupp und

Vodafone-Mannesmann). Erst 1929

schlossen beide Seiten mit Hilfe des

Lateranvertrages Frieden

(vergleiche Vodafone-Mannesmann

und IFA-FAG). Der Papst begnügte

sich mit einem Staatsgebiet von 0,44

Quadratkilometern und weniger als

480 Staatsbürgern und stand damit

dem kleinsten Staat der Welt vor.

Zum Ausgleich erhielt er eine

einmalige Abfindung in Höhe von

91,7 Mio. Dollar (vergleiche Esser &

Co.), wovon er fortan den Haushalt

bestreiten musste. Dies gelang nicht

und in den 70er und 80er Jahren zum

Beispiel erwirtschaftete der Heilige

Stuhl regelmäßig Verluste.

Kostensenkungsprogramme waren

im Vatikan unbekannt und auch die

weit verbreitete Meinung des

Vorstandes, nur Gott Rechenschaft

zu schulden, war einer

ordnungsgemäßen Buchführung und

Gewinnerzielungsabsicht abträglich.

Die Overheadkosten sind mit 21

Mio. Euro pro Jahr für Gehälter und

Rentenrückstellungen im

Benchmarkvergleich zu anderen

Staaten viel zu hoch. Der Staat leistet

sich eine eigene Polizei, Feuerwehr,

Justiz, Gefängniszelle und

Schweizer Garde zum Schutz des

Vorsitzenden. Etwa 2700 Personen,

sowohl weltliche

Verwaltungsangestellte als auch

geistliche Würdenträger, stehen

beim Vatikan auf der Gehaltsliste.

Die Gehälter sind allerdings im

Wettbewerbsvergleich günstig:

Weltliche Angestellte beziehen netto

dieselben niedrigen Löhne, die sie in

Italien bezahlt bekämen. Geistliche

Würdenträger bekommen sogar noch

weniger. Ein Kardinal, also ein Mann

in der zweiten Hierarchieebene, muß

beispielsweise mit etwa 1500 Euro

netto im Monat auskommen. Die

Qualifikation der Angestellten ist in

Anbetracht der bescheidenen Bezüge

aber überraschend hoch: Fast alle

besitzen ein ausgeprägtes

Allgemeinwissen, haben ein

Hochschulstudium - häufig mit

Promotion - absolviert und sprechen

mindestens 4 Sprachen fliessend. Ein

Problem ist aber die Überalterung

der Mitarbeiter und die Schwierigkeit

den notwendigen Nachwuchs zu

recruitieren, um das Niveau zu

halten. Neben den Personalkosten

verschlingen die chronisch

defizitären Corporate

Communications Aktivitäten

Millionen, ohne eine zunehmend

Schar potenzieller Mitglieder zu

erreichen. Der Staatsrundfunk Radio

Vatikan, der Fernsehsender TV

Vaticana und die päpstliche Zeitung

L´Osservatore Romane belasten den

Etat mit einem zweistelligen Millionen

Euro-Betrag. Seit einiger Zeit ist der

Staat auch im Internet mit einer

offiziellen deutschen homepage,

nämlich

www.vatican.va/phome_ge.htm,

vertreten. Auch der Nebenkostenetat

ist ungewöhnlich hoch. Durch die

hohe Internationalität der

Mitarbeiter sind die Reisekosten weit

überdurchschnittlich. Die Vatikan

AG lebte jahrelang aus der

Substanz und drohte bei fortgesetzt,

unverändertem Wirtschaften in die

Überschuldung und Illiquidität zu

gleiten.

Der turn-around: Klassische

Restrukturierungsansätze waren

und sind in der absoluten Monarchie

des Papstes tabu. So sollen die

Outsourcing-Potentiale bei

Feuerwehr, Polizei, Justiz und Armee

ebenso wenig genutzt werden wie die

Chancen, mit Hilfe eines Finanzamtes

Steuern einzutreiben, die Waren um

30% teurer zu machen und damit den

römischen Supermarkt-Preisen

anzugleichen, die 15 Monatsgehälter

oder drei zusätzlichen Feiertage

(z.B. der Tag der Amtseinführung des

Papstes) zu kürzen,

betriebsbedingte Kündigungen

auszusprechen, das weibliche und

nicht-katholische Human Potential

zu nutzen oder die Cash-Reserven

in Form von über 1000 Wohnungen

im römischen Stadtgebiet zu

aktivieren. Allein letzter Posten steht

mit 250 Millionen Euro in der Bilanz

und besitzt einen Marktwert von mehr

als doppelt so viel. Auch die

lukrativen Investments in

Pharmafirmen, die Antibabypillen

herstellen und vertreiben, sowie

risikobewußte, aber rentable,

Investments in Rüstungsfirmen

wurden 1967 vom damaligen CEO

Papst Paul VI - nach heftigen

Beschwerden der Share- und

Stakeholder - als nicht

strategiekonform abgelehnt. All das

half natürlich nicht, die

Haushaltslage des Staates in

Ordnung zu bringen und

Überschüsse zu erwirtschaften. Da

die klassischen Restrukturierungsinstrumente

tabu sind, engagierte

man mit Giorgio Stoppa einen

Investment Profi und Broker, der im

Rahmen der vorgegebenen

Möglichkeiten die Vatikan AG zu

einem profitablen und echten

global Player auf- und ausbaute.

Mit einem Team aus zehn weiteren,

weltlichen Investmentbankern

managed er ein Depot von rund 250

Millionen Euro, investierte in Aktien

und festverzinsliche Wertpapiere und

managed zusätzlich Cash-Reserven

in gleicher Höhe.

Anlageschwerpunkt sind

christliche Fonds mit reinem

Gewissen. Teufelswerk, wie

Rüstungsgüter, Sex-Artikel, Tabak,

Glücksspiel, Alkohol und Kinderarbeit,

fliegt direkt aus dem Depot raus.

Neben dem amerikanischen Noah

Fund oder dem Ave Maria Catholic

Values Fund sind in Deutschland der

2000 von Invesco aufgelegte Fonds

für Orden und Ökumene

Investitionsschwerpunkte.









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