USA: Zahlungsausfälle nehmen zu

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USA: Zahlungsausfälle nehmen zu

 
25.07.01 15:58
Dr. Hans-Dieter Schulz

USA: Zahlungsausfälle nehmen zu
Die jüngere Geschichte der Finanzmärkte liest sich als eine Anhäufung von Krisen. Hinter dem Begriff Krise verbirgt sich in diesem Zusammenhang der Umstand, daß sich der Marktwert einer ganzen Kategorie von Wertpapieren innerhalb kurzer Zeit in unerwarteter und großer Höhe vermindert. Bereits 1990 waren in der Savings and Loans Krise eine große Zahl amerikanischer Sparkassen pleite gegangen. 1995 stand Mexiko vor der Zahlungsunfähigkeit, 1997 und 1998 folgten Südostasien sowie Rußland. Der Chart mit den Non-Payment Indizes zeigt klar, welcher geographische Raum wann und in welcher Höhe von Zahlungsausfällen betroffen war.
Das Stichwort "Zahlungsausfall" ist hier von entscheidender Bedeutung. Der Preis eines Wertpapiers rechtfertigt sich ja alleine deshalb, weil an dieses eine Zahlungserwartung geknüpft ist. Zeigt sich, daß der hinter dem Papier stehende Schuldner nicht oder nicht in erwarteter Höhe zahlen kann, so verringert sich der Marktpreis des Wertpapiers. Auch der Einbruch der Technologie-Aktien, der im März vergangenen Jahres einsetzte, läßt sich so erklären. Die Konkurs-Kandidaten am Neuen Markt etwa nehmen stetig zu und dieser Trend setzt sich fort. Die Krise lebte kürzlich wieder auf, als die Türkei iheren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen konnte. Die Kurse für türkische Anleihen brachen ein. Einige Wochen später war Argentinien an der Reihe. Auch hier drohte Zahlungsunfähigkeit mit dem Effekt fallender Bond-Kurse. Gleichzeitig waren

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die Kurswerte anderer Hochzinsanleihen gefallen, bzw. deren Kehrwerte, die Renditen, gestiegen. Daß auch hier Charttechnik funktioniert zeigt nachstehende Graphik. Die Hochpunkte der Emerging Market Bond Spreads lagen auf einer Geraden.

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Die französische Ratingagentur Coface hat Mitte Juli das Länderrating für die USA per offizieller Pressemitteilung auf "Beobachtungsstatus" gesetzt. Dieser Status wird für ein Land dann gesetzt, wenn sich die Zahlungsausfälle so stark erhöhen, daß ein Wechsel in die nächst niedrigere Bonitäts-Klasse nötig wird. Im Augenblick rangieren die USA noch in der Klasse "A1", also der Klasse mit der höchsten Bonität. Ein Blick auf den von der Coface veröffentlichten Chart verrät, warum dieser Schritt nötig wurde. Mittlerweile sind Zahlungsausfälle -mit der Ausnahme von Lateinamerika- nirgendswo so hoch wie in Nordamerika. Die Graphik zeigt, wie stark die Zahlungsausfallsrate in den letzten 12 Monaten zugenommen hat. Wenn sich dieser Trend forttragen sollte, dann würde das Länderrating der USA in die Klasse "A2" abgestuft werden. Wenn es eine psychologisch begründbare Regelmäßigkeit an den Wertpapiermärkten gibt, dann die, daß die Massen Trends spät erkennen und dann heftig und übertrieben reagieren. Die übliche Reaktion bei Krisen besteht in teilweise massivem Kapitalabzug aus der betroffenen Region. Ein schwacher Dollar wäre ein Nebeneffekt weiter zunehmender US-Zahlungsausfälle, genauso wie ein in seiner ganzen Breite fallender US-Aktienmarkt.

Nachstehende Graphik zeigt die Rate der Zahlungsausfälle aus anderer Quelle (Moody's). Man sieht die deutliche Zunahme seit Anfang 1999. Außerdem wird die Savings and Loans Krise 1990/91 klar herausgestellt.

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Wie wird eine Zahlungskrise üblicherweise gelöst? Im Falle der Türkei beispielsweise stellte der IWF Liquidität bereit, schlimmstenfalls kommt es zu einer Umschuldung und Staatspleiten hat es auch schon gegeben. Als der LTCM-Fonds im Sommer 1998 vor der Pleite stand, da er auf eine Verengung der Zinsaufschläge bei russischen Anleihen gewettet hatte, setzten sich die weltweit betroffenen Banken zusammen und übernahmen anteilsmäßig Teile der Forderungsasufälle in Höhe von ca. 100 MRD US$. Greenspan senkte die kurzfristigen US-Zinsen und verbilligte somit das Geld. So konnten sich die Rußland-Anleihen bald wieder erholen und einen weiteren Teil der LTCM-Verluste aufholen. JP Morgan allerdings war faktisch überschuldet und wurde von Chase Manhattan übernommen.
Ein Problem bei der Asienkrise waren die unbesicherten und auf US$ lautenden kurzfristigen Verbindlichkeiten vieler südostasiatischer Unternehmen. Als die heimischen Währungen mehr und mehr abwerteten, war eine Rettung nicht mehr möglich. Viele Unternehmen gingen bankrott und trotz IWF-Hilfen sind die betroffenen Lönder bis heute mehr oder weniger gelähmt.
In den USA hat ein Boom bei Immobilien stattgefunden, katalysiert durch momentan sehr günstige Finanzierungsmöglichkeiten. Dieser Boom ließ die Amerikaner so viele Hypothekenkredite wie nie zuvor aufnehmen. Gelichzeitig stiegen die Immobilienpreise stark an. Ein Problem könnte sich einst in den Bilanzen der US-Hypothekenbanken auftun, so etwa bei Freddie Mac, wo 42% der Aktiva durch kurzfristige Verbindlichkeiten finanziert werden.
Sollten die Preise für Immobilien dereinst einbrechen, was in einer ausgeprägten Rezession möglich wäre, so würde sich der Wert der Aktiva tendenziell verringern. Steigende kurzfristige Zinsen würden das momentan noch intakte Gleichgewicht von Einzahlungsansprüchen und Auszahlungsverpflichtungen einreißen. Die Hypothekenbanken stünden vor dem gleichen Problem wie einst die Unternhemen der Asienkrise. Um die nächste Bankenkrise zu verhindern, müßte die amerikanische Fed somit weiterhin eine Politik des billigen Geldes fahren, ähnlich wie in Japan, nachdem die Spekulationsblase 1990 geplatzt war. Dort hatten sich Aktien und Immobilien im Wettlauf verteuert. Alleine die Größe der USA kann verhindern, daß in Amerika selbst im Falle einer ausdauernden Rezession nicht japanische Verhältnisse eintreten. Da Land beinahe unbegrenzt vorhanden ist, sind Grundstückspreise nicht so stark gestiegen wie vor einer Dekade in Japan. Damals kostete ein Grundstück in Tokyo so viel wie ganz Kalifornien.

Wegen des erhöhten Risikos von Zahlungsausfällen wird zu erhöhter Vorsicht geraten was das Engagement in Anleihen zweifelhafter Schuldner betrifft. Vor einem langfristigen Engagement in Anleihen von US-Hypothekenbanken wird nicht abgeraten, aber gleichwohl gewarnt. Die Schulden stehen in den USA in keinem gesunden Verhältnis mehr zu den Leistungen der Wirtschaft. Für einen Dollar zusätzlichen Sozialprodukts werden gegenwärtig 15 Dollar neue Schulden gemacht. Die Rate der Zahlungsausfälle -ohnehin auf hohem Niveau- steigt seit enigen Monaten mit beunruhigender Dynamik. Wegen der hohen Verflechtung innerhalb des Finanzsystem besteht ein "Ansteckungsrisiko". Werden die Zahlungsausfälle einer bestimmten Kategorie zu hoch, kommen die Gläubiger selbst in Zahlungsschwierigkeiten, da sie auf die nun ausgefallenen Zahlungen gebaut hatten. Wer den mittlerweile 27 Billionen Dollar weltweiter Finanzderivaten mißtraut, legt einen Teil seinens Vermögens in Edelmetalle. Physisches Gold beispielsweise kann niemals Bonitätsprobleme bekommen.

Dr. H.-D. Schulz/Felix Pieplow

25.07.2001

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