US-Telekombranche steht vor "annähernd totalem Kollaps"
Lucent, WorldCom, Qwest: Warum die Telekomgrößen unter die Räder kommen.
WASHINGTON (lc). Es begann mit dem "Dot-com"-Kollaps im Jahr 2000. Das Massensterben von Internet-Firmen wurde anfänglich als "isoliertes Problem" abgetan, und auch an der Börse machte man sich vorerst kaum größere Sorgen. Aber das Verschwinden der Dot-com-Firmen verringerte auch die Nachfrage nach Internet-"Hardware". Plötzlich waren Server und andere Maschinen zu einem Bruchteil ihres Werts zu haben. Spezialausrüster wie Cisco oder JDS Uniphase verspürten dies als erste.
Aber sie blieben nicht allein. Als nächste kamen die Hersteller von Schaltungen dran. Lucent oder Nortel entließen Zehntausende von Angestellten (ohne daß dies bisher viel genützt hätte) und verloren Dutzende von Milliarden an Börsenwert. Und dann kam der Zusammenbruch der "CLEC's" (competitive local exchange carriers; unabhängige Lokal-Telephongesellschaften). Praktisch gleichzeitig kamen die Ferntelephongesellschaften - AT&T, WorldCom, Sprint - unter Druck. Denn auch im Ferntelephongeschäft traten durch den Börsenboom viele neue Konkurrenten auf. In den USA kann man heute zu Preisen telephonieren, die vor zehn Jahren noch als utopisch gegolten hätten (etwa 15 Cent für Gespräche nach Europa). Und jetzt kommen sogar die die riesigen traditionellen Lokal-Telephongesellschaften wie Verizon (Ostküste), SBC Communications (Texas) oder Bell South (Atlanta) ins Schwanken. Sie verlieren Kunden an die Mobilfunkgesellschaften.
Der Niedergang nimmt kein Ende; im Gegenteil, er scheint sich zu beschleunigen. Denn es wird immer klarer, daß das Telkom-Spiel kein "Nullsummenspiel" ist; die Probleme der einen Firma nützen der andern nicht. Wenn zum Beispiel ein Lokaltelephon-Konzern Kunden an eine Mobilfunkgesellschaft verliert, profitiert diese nicht unbedingt davon, denn es gibt immer noch zu viele Anbieter, und die Mobilfunkgesellschaften bekämpfen sich bis aufs Messer.
Zehn kleine Negerlein
Die Anbieter, die sich dem Abgrund nähern, senken die Preise noch mehr, und dies gefährdet mehr Firmen. Außerdem haben alle zu hohe Schulden. Der Börsenboom der Neunzigerjahre hat es den Telekom-Firmen nicht nur ermöglicht, Gratiskapital an der Börse abzuholen, sondern auch riesige Beträge in Form von Obligationen aufzunehmen. Insgesamt dürften US-Telekomfirmen in den letzten paar Jahren über 900 Mrd. Dollar an Bonds aufgenommen haben. Diese Schulden erweisen sich jetzt als erdrückende Last.
Scott Cleland, ein angesehener Telekom-Analyst ("Precursor Group"), hat vor kurzem gegenüber der "New York Times" prophezeit, daß von den 29 größten US-Telekom-Firmen vermutlich 24 untergehen würden. (Einige von ihnen sind nach "Chapter 11" bereits bankrott). Verizon soll 52 Mrd. Dollar an Schulden haben, und dies hat vor kurzem, als die Firma an der Wallstreet neue Bonds aufnehmen wollte, bereits zu Problemen geführt. Die Überlebenschancen von Lucent, Qwest, ATT Wireless und JDSU seien noch schlechter, sagt Cleland, und Global Crossing, Williams Communications oder 360Networks seien bereits bankrott. Nur ganz wenige - zum Beispiel Cisco, weil es auf riesigen Bargeld-Reserven sitzt - seien praktisch sicher, überleben zu können.
Alle Firmen versuchen zwar, ihre Finanzen ins Gleichgewicht zu bringen, indem sie Aktiva veräußern. Aber dies ist ein noch größeres Problem für die Branche - vielleicht der Todesstoß. Qwest etwa versucht, das "Yellow Page"-Geschäft (Branchen-Telephonbuch) zu verkaufen, ein Traditions-Geschäft, das auf dem Papier gegen acht Mrd. Dollar wert sein soll. Und Global Crossing versucht seit Monaten, sein Netz zu verscherbeln, aber bisher ist noch kein Bieter aufgetaucht. Interessenten wie Hutchison Whampoa und Singapore Technologies haben sich inzwischen zurückgezogen.
Je mehr dieser "Assets" auf den Markt kommen, umso mehr sinkt ihr Wert. Der "Meltdown" (Zusammensacken) der Branche setzt sich immer weiter fort. Wie eine nicht enden wollende Lawine. Erst ganz am Schluß werden ein paar wenige Financiers in der Lage sein, die Reste zu einem Spottpreis aufzukaufen. "Am Schluß wird es zu einem annähernd totalen Kollaps kommen", sagte eine führende New Yorker Telekom-Analystin.
Lucent, WorldCom, Qwest: Warum die Telekomgrößen unter die Räder kommen.
WASHINGTON (lc). Es begann mit dem "Dot-com"-Kollaps im Jahr 2000. Das Massensterben von Internet-Firmen wurde anfänglich als "isoliertes Problem" abgetan, und auch an der Börse machte man sich vorerst kaum größere Sorgen. Aber das Verschwinden der Dot-com-Firmen verringerte auch die Nachfrage nach Internet-"Hardware". Plötzlich waren Server und andere Maschinen zu einem Bruchteil ihres Werts zu haben. Spezialausrüster wie Cisco oder JDS Uniphase verspürten dies als erste.
Aber sie blieben nicht allein. Als nächste kamen die Hersteller von Schaltungen dran. Lucent oder Nortel entließen Zehntausende von Angestellten (ohne daß dies bisher viel genützt hätte) und verloren Dutzende von Milliarden an Börsenwert. Und dann kam der Zusammenbruch der "CLEC's" (competitive local exchange carriers; unabhängige Lokal-Telephongesellschaften). Praktisch gleichzeitig kamen die Ferntelephongesellschaften - AT&T, WorldCom, Sprint - unter Druck. Denn auch im Ferntelephongeschäft traten durch den Börsenboom viele neue Konkurrenten auf. In den USA kann man heute zu Preisen telephonieren, die vor zehn Jahren noch als utopisch gegolten hätten (etwa 15 Cent für Gespräche nach Europa). Und jetzt kommen sogar die die riesigen traditionellen Lokal-Telephongesellschaften wie Verizon (Ostküste), SBC Communications (Texas) oder Bell South (Atlanta) ins Schwanken. Sie verlieren Kunden an die Mobilfunkgesellschaften.
Der Niedergang nimmt kein Ende; im Gegenteil, er scheint sich zu beschleunigen. Denn es wird immer klarer, daß das Telkom-Spiel kein "Nullsummenspiel" ist; die Probleme der einen Firma nützen der andern nicht. Wenn zum Beispiel ein Lokaltelephon-Konzern Kunden an eine Mobilfunkgesellschaft verliert, profitiert diese nicht unbedingt davon, denn es gibt immer noch zu viele Anbieter, und die Mobilfunkgesellschaften bekämpfen sich bis aufs Messer.
Zehn kleine Negerlein
Die Anbieter, die sich dem Abgrund nähern, senken die Preise noch mehr, und dies gefährdet mehr Firmen. Außerdem haben alle zu hohe Schulden. Der Börsenboom der Neunzigerjahre hat es den Telekom-Firmen nicht nur ermöglicht, Gratiskapital an der Börse abzuholen, sondern auch riesige Beträge in Form von Obligationen aufzunehmen. Insgesamt dürften US-Telekomfirmen in den letzten paar Jahren über 900 Mrd. Dollar an Bonds aufgenommen haben. Diese Schulden erweisen sich jetzt als erdrückende Last.
Scott Cleland, ein angesehener Telekom-Analyst ("Precursor Group"), hat vor kurzem gegenüber der "New York Times" prophezeit, daß von den 29 größten US-Telekom-Firmen vermutlich 24 untergehen würden. (Einige von ihnen sind nach "Chapter 11" bereits bankrott). Verizon soll 52 Mrd. Dollar an Schulden haben, und dies hat vor kurzem, als die Firma an der Wallstreet neue Bonds aufnehmen wollte, bereits zu Problemen geführt. Die Überlebenschancen von Lucent, Qwest, ATT Wireless und JDSU seien noch schlechter, sagt Cleland, und Global Crossing, Williams Communications oder 360Networks seien bereits bankrott. Nur ganz wenige - zum Beispiel Cisco, weil es auf riesigen Bargeld-Reserven sitzt - seien praktisch sicher, überleben zu können.
Alle Firmen versuchen zwar, ihre Finanzen ins Gleichgewicht zu bringen, indem sie Aktiva veräußern. Aber dies ist ein noch größeres Problem für die Branche - vielleicht der Todesstoß. Qwest etwa versucht, das "Yellow Page"-Geschäft (Branchen-Telephonbuch) zu verkaufen, ein Traditions-Geschäft, das auf dem Papier gegen acht Mrd. Dollar wert sein soll. Und Global Crossing versucht seit Monaten, sein Netz zu verscherbeln, aber bisher ist noch kein Bieter aufgetaucht. Interessenten wie Hutchison Whampoa und Singapore Technologies haben sich inzwischen zurückgezogen.
Je mehr dieser "Assets" auf den Markt kommen, umso mehr sinkt ihr Wert. Der "Meltdown" (Zusammensacken) der Branche setzt sich immer weiter fort. Wie eine nicht enden wollende Lawine. Erst ganz am Schluß werden ein paar wenige Financiers in der Lage sein, die Reste zu einem Spottpreis aufzukaufen. "Am Schluß wird es zu einem annähernd totalen Kollaps kommen", sagte eine führende New Yorker Telekom-Analystin.