US-Rallye biegt in die Zielgerade
Renditeanstieg nach Greenspan-Rede schürt Zweifel am Fortgang der Aktienhausse
von Daniel Eckert
Berlin - Wenn es stimmt, daß man gehen soll, wenn es am schönsten ist, sollten sich USA-Investoren langsam, aber sicher in der Nähe des Ausgangs positionieren. Denn jenseits des großen Teichs häufen sich dieser Tage die Zeichen, daß es mit der Aufwärtsbewegung am Aktienmarkt in nicht allzu ferner Zukunft vorüber sein könnte. Grund dafür ist nicht allein die lange Dauer des jetzigen Booms, der inzwischen 28 Monate anhält und damit die durchschnittliche Lebenserwartung einer Hausse bereits um vier Monate überschritten hat. Grund ist vor allem die Angst, daß die schöne Zeit des billigen Geldes schneller ablaufen könnte als erwartet.
Geschürt wurden die Befürchtungen durch Alan Greenspans Auftritt vor dem Repräsentantenhaus. Bei einer Anhörung hatte der Chef der amerikanischen Notenbank (Fed) gesagt, die Zinsen in den USA seien "ziemlich niedrig". Viele Beobachter sind nun überzeugt, daß Greenspan die Leitzinsen schneller anheben wird. "Offensichtlich befürchtet die Fed, daß die Wirkung ihrer Geldpolitik verpufft, wir erwarten nun eine härtere Gangart", kommentiert James Knightley von ING Financial Markets, der den US-Leitzins Ende 2005 bei 3,75 Prozent sieht.
Die Wall Street zeigte mit spontanen Kursverlusten, daß sie Greenspans Botschaft sehr wohl verstanden hatte. Vor allem zinssensitive Titel wie Citigroup oder Banc of America mußten Federn lassen. Noch deutlicher waren die Abschläge bei langlaufenden Staatsanleihen (Treasuries). Spiegelbildlich zog die Rendite deutlich an. Mit 4,25 Prozent lag sie am Freitag bereits mehr als einen Viertelprozentpunkt über ihrem Jahrestief vom Anfang letzter Woche.
Das dürfte jedoch nur ein fader Vorgeschmack auf die eigentliche Korrektur am Rentenmarkt sein. Denn nicht nur nach Auffassung Greenspans, der die beharrlich niedrigen Renditen am Kapitalmarkt ein "Rätsel" nannte, müßten sie viel höher stehen. Gemessen am Wirtschaftswachstum und der Inflation sind die Renditen der Treasuries Experten zufolge mindestens 1,5 Prozentpunkte zu niedrig (siehe Grafik). Das Riskante: Je länger die Fehlbewertung sich hinzieht, desto heftiger kann die Korrektur ausfallen.
Für Aktien ist der Renditeanstieg bei Bonds, sollte er denn kommen, in vielfacher Hinsicht gefährlich. Zum einen verlieren Dividendenpapiere im Wettbewerb der Asset-Klassen gegenüber den höher rentierenden Renten an Attraktivität. Zum anderen steigen die Refinanzierungskosten der Konzerne, da sie höhere Zinsen bieten müssen, um sich auf dem Kapitalmarkt Geld zu besorgen. Hinzu kommt, daß früher oder später auch die Verbraucher unter der Zinslast stöhnen werden. Dies kann den Konsum, das Rückgrat der US-Ökonomie, schwächen.
Während die Pessimisten schon die Gefahr eines Crashs an die Wand malen, lassen sich die Optimisten nicht ins Bockshorn jagen. Sie verweisen auf das robuste Gewinnwachstum der Konzerne, das dieses Jahr bei zehn bis 15 Prozent liegen soll. Ihre Hoffnungen ruhen zudem darauf, daß die Investitionstätigkeit der Unternehmen schnell genug in Gang kommt, um den gegebenenfalls schwächelnden Konsum als Wachstumstreiber abzulösen. Behält die Investmentbank Goldman Sachs recht, stehen die Chancen dafür gar nicht schlecht. Den Schätzungen der Goldmänner zufolge werden die US-Firmen ihre Investitionen 2005 im Schnitt um acht Prozent hochschrauben. Besonders spendabel werden sich demnach mit plus 15 Prozent Industrie- und Energiekonzerne zeigen. "Wenn nicht jetzt, wann dann?" fragen die Profis rhetorisch und nennen 3M, Newmont Mining, Exxon-Mobil und Pfizer als interessante Wetten auf einen Investitionsboom.
Artikel erschienen am Sa, 19. Februar 2005
Welt.de
Renditeanstieg nach Greenspan-Rede schürt Zweifel am Fortgang der Aktienhausse
von Daniel Eckert
Berlin - Wenn es stimmt, daß man gehen soll, wenn es am schönsten ist, sollten sich USA-Investoren langsam, aber sicher in der Nähe des Ausgangs positionieren. Denn jenseits des großen Teichs häufen sich dieser Tage die Zeichen, daß es mit der Aufwärtsbewegung am Aktienmarkt in nicht allzu ferner Zukunft vorüber sein könnte. Grund dafür ist nicht allein die lange Dauer des jetzigen Booms, der inzwischen 28 Monate anhält und damit die durchschnittliche Lebenserwartung einer Hausse bereits um vier Monate überschritten hat. Grund ist vor allem die Angst, daß die schöne Zeit des billigen Geldes schneller ablaufen könnte als erwartet.
Geschürt wurden die Befürchtungen durch Alan Greenspans Auftritt vor dem Repräsentantenhaus. Bei einer Anhörung hatte der Chef der amerikanischen Notenbank (Fed) gesagt, die Zinsen in den USA seien "ziemlich niedrig". Viele Beobachter sind nun überzeugt, daß Greenspan die Leitzinsen schneller anheben wird. "Offensichtlich befürchtet die Fed, daß die Wirkung ihrer Geldpolitik verpufft, wir erwarten nun eine härtere Gangart", kommentiert James Knightley von ING Financial Markets, der den US-Leitzins Ende 2005 bei 3,75 Prozent sieht.
Die Wall Street zeigte mit spontanen Kursverlusten, daß sie Greenspans Botschaft sehr wohl verstanden hatte. Vor allem zinssensitive Titel wie Citigroup oder Banc of America mußten Federn lassen. Noch deutlicher waren die Abschläge bei langlaufenden Staatsanleihen (Treasuries). Spiegelbildlich zog die Rendite deutlich an. Mit 4,25 Prozent lag sie am Freitag bereits mehr als einen Viertelprozentpunkt über ihrem Jahrestief vom Anfang letzter Woche.
Das dürfte jedoch nur ein fader Vorgeschmack auf die eigentliche Korrektur am Rentenmarkt sein. Denn nicht nur nach Auffassung Greenspans, der die beharrlich niedrigen Renditen am Kapitalmarkt ein "Rätsel" nannte, müßten sie viel höher stehen. Gemessen am Wirtschaftswachstum und der Inflation sind die Renditen der Treasuries Experten zufolge mindestens 1,5 Prozentpunkte zu niedrig (siehe Grafik). Das Riskante: Je länger die Fehlbewertung sich hinzieht, desto heftiger kann die Korrektur ausfallen.
Für Aktien ist der Renditeanstieg bei Bonds, sollte er denn kommen, in vielfacher Hinsicht gefährlich. Zum einen verlieren Dividendenpapiere im Wettbewerb der Asset-Klassen gegenüber den höher rentierenden Renten an Attraktivität. Zum anderen steigen die Refinanzierungskosten der Konzerne, da sie höhere Zinsen bieten müssen, um sich auf dem Kapitalmarkt Geld zu besorgen. Hinzu kommt, daß früher oder später auch die Verbraucher unter der Zinslast stöhnen werden. Dies kann den Konsum, das Rückgrat der US-Ökonomie, schwächen.
Während die Pessimisten schon die Gefahr eines Crashs an die Wand malen, lassen sich die Optimisten nicht ins Bockshorn jagen. Sie verweisen auf das robuste Gewinnwachstum der Konzerne, das dieses Jahr bei zehn bis 15 Prozent liegen soll. Ihre Hoffnungen ruhen zudem darauf, daß die Investitionstätigkeit der Unternehmen schnell genug in Gang kommt, um den gegebenenfalls schwächelnden Konsum als Wachstumstreiber abzulösen. Behält die Investmentbank Goldman Sachs recht, stehen die Chancen dafür gar nicht schlecht. Den Schätzungen der Goldmänner zufolge werden die US-Firmen ihre Investitionen 2005 im Schnitt um acht Prozent hochschrauben. Besonders spendabel werden sich demnach mit plus 15 Prozent Industrie- und Energiekonzerne zeigen. "Wenn nicht jetzt, wann dann?" fragen die Profis rhetorisch und nennen 3M, Newmont Mining, Exxon-Mobil und Pfizer als interessante Wetten auf einen Investitionsboom.
Artikel erschienen am Sa, 19. Februar 2005
Welt.de