US-MEDIENKONZERNE
Kleiner ist besser
Time Warner, Viacom, Cablevision: Immer mehr US-Medien- und Kabelgiganten verkleinern sich plötzlich wieder freiwillig, splitten sich auf oder kehren der Wall Street per Privatisierung den Rücken. Ist das Zeitalter der Mega-Medienmoloche vorbei?
New York - Größer ist besser: "Wir werden das wertvollste und am höchsten respektierte Unternehmen der Welt aufbauen", versprach Steve Case, damals CEO von America Online. "Dies ist die digitale Revolution", sekundierte Kollege Gerald Levin von Time Warner. Das war im Januar 2000, kurz nachdem die zwei Konzerne ihre Fusion zum weltgrößten Medienkonzern bekannt gegeben hatten, in einem Jahrhundert-Deal im Wert von 350 Milliarden Dollar.
Größer ist besser: "Wir werden die am schnellsten wachsende Medien-Company der Welt werden", prophezeite Sumner Redstone, Vorstandschef von Viacom. "Wir sind König. Kein anderes Unternehmen hat solche Aktivposten." Das war Ende 1999, als Viacom im Namen der viel beschworenen "Synergie" das traditionsreiche TV-Network CBS schluckte, für fast 35 Milliarden Dollar. "Das Schicksal", so Redstone, "hat diese Partnerschaft diktiert."
Größer ist besser: "Wir bieten unvergleichliche Verbündelung von Fernsehen und Internet", prahlten Chuck und Jim Dolan, das Vater-und-Sohn-Führungsgespann des für seinen Fusionshunger bekannten Kabelriesen Cablevision. "Wir marschieren in die richtige Richtung." So schrieben sie es 2002, im Jahresbrief der "First Family des Kabels" an ihre Aktionäre.
"Ende der Konglomerate?"
Das alles ist Geschichte. Aus dem Jahrhundert-Coup von AOL und Time Warner wurde bekanntlich der Flop des Jahrhunderts, der Konzern hat sich längst in Time Warner zurückgetauft, seine Musik-Tochter verkauft und überlegt, sein Kabel- und Internetgeschäft wieder abzustoßen. Viacom will die Fusion ebenfalls rückgängig machen. "Konglomerate wie Viacom kämpfen mit einer sich rasant wandelnden Medienlandschaft, die alte Geschäftsmodelle obsolet zu machen droht", schreibt Dominic Basulto im Newsletter Tech Central Station.
Kleiner ist besser, heißt es nun plötzlich. "Ist dies das Ende der Medien-Konglomerate?", fragt sich Andy Server, Kolumnist des Magazins "Money". Es hat den Anschein. Während in anderen Branchen munter weiter fusioniert wird, schwören die US-Mediengiganten plötzlich dem Zeitgeist der neunziger Jahre ab, wonach "Synergie" und "Mega-Merger" den einzigen Weg zum Erfolg garantierten. Als Schuldige für den fehlgeleiteten Größenwahn macht "Money"-Kolumniste Server auch die Wall Street und deren Geldgier verantwortlich: "Investment-Banker haben die Medien-CEOs überredet, dass sie 'Großartigkeit wagen' und 'globale Reichweite' haben müssten. So ein Unsinn."
Sinnsuche und Familienzwist
Das jüngste Beispiel für die grassierende Entkonsolidierung ist Cablevision. Der Konzern aus Long Island bei New York steckt mitten in einer Existenzkrise, die gleichermaßen Sinnsuche und Familienzwist ist. Die unterschiedlichen Ambitionen des Unternehmens - Sportteams, Stadions und Arenen, Kabelprogramme, digitales Fernsehen, Internet, Telefon - waren da am Ende ebenso wenig zu vereinbaren wie die unterschiedlichen Ambitionen von Vater Chuck und Sohn Jim.
Der Streit eskalierte, als CEO Jim Dolan und das Cablevision-Direktorium das Lieblingsprojekt von Firmengründer und Chairman Chuck Dolan killten: den defizitären High-Definition-Satellitendienst Voom. Daraufhin hatte der Patriarch genug von den Tücken einer der Wall Street Rechenschaft schuldigenden Company. "Chuck Dolan ist eindeutig frustriert über die Schwierigkeiten, die die Führung einer Aktiengesellschaft mit sich bringt", resümiert der Analyst Richard Greenfield.
Chuck Dolan will nun für 7,9 Milliarden Dollar alle Anteile des Konzerns vom Markt wegkaufen und in einer privaten Kabel- und Telekommunikationsfirma sammeln. Die Arenen, Teams und TV-Kanäle - der Madison Square Garden, die Radio City Music Hall, das Basketballteam der New York Nicks - sollen derweil per Abspaltung in einer Aktiengesellschaft unter Dolan Junior konsolidiert werden.
Börsenfrust der Kabelkonzerne
Nicht nur bei den Dolans herrscht Börsenfrust. Nach Jahren Wachstums kommen nun vor allem die großen Kabel-Anbieter immer mehr zu der Ansicht, dass sich die wachsende Konkurrenz durch Telekommunikationskonzerne wie Verizon Chart zeigen, die nun auch in ihren Revieren wildern, außerhalb der Aktionärskontrolle viel besser meistern ließe.
So schrieben die Dolans jetzt in einem Brief an ihr Board, sie seien es leid, sich "von der Tendenz des öffentlichen Marktes einengen lassen, sich nur auf kurzfristige Resultate zu konzentrieren". Mit der gleichen Begründung hatte sich Ende vorigen Jahres auch schon der drittgrößte US-Kabelbetreiber Cox von der Wall Street verabschiedet. Ähnliche Pläne hegt Insight Communications, die Nummer neun im Kabel.
Nur ein Medien-Elefant schluckt unbeirrt weiter: Rupert Murdoch. Dessen News Corporation hat zum Beispiel gerade erst ihren Anteil an der Fox-Gruppe von 82 auf 98,8 Prozent erhöht, sie plant einen neuen Reality-Sender und einen landesweiten Sportkanal als Konkurrenz zu ESPN und setzt zum Satelliten-Angriff an. Nein, Pläne, sich zu verkleinern wie Time Warner, Viacom oder Cablevision, gebe es nicht, sagt News-Präsident Peter Chernin: "Wir glauben nicht daran, dass Synergie tot ist."
Quelle: Spiegel.de
...be invested
Der Einsame Samariter
Kleiner ist besser
Time Warner, Viacom, Cablevision: Immer mehr US-Medien- und Kabelgiganten verkleinern sich plötzlich wieder freiwillig, splitten sich auf oder kehren der Wall Street per Privatisierung den Rücken. Ist das Zeitalter der Mega-Medienmoloche vorbei?
New York - Größer ist besser: "Wir werden das wertvollste und am höchsten respektierte Unternehmen der Welt aufbauen", versprach Steve Case, damals CEO von America Online. "Dies ist die digitale Revolution", sekundierte Kollege Gerald Levin von Time Warner. Das war im Januar 2000, kurz nachdem die zwei Konzerne ihre Fusion zum weltgrößten Medienkonzern bekannt gegeben hatten, in einem Jahrhundert-Deal im Wert von 350 Milliarden Dollar.
Größer ist besser: "Wir werden die am schnellsten wachsende Medien-Company der Welt werden", prophezeite Sumner Redstone, Vorstandschef von Viacom. "Wir sind König. Kein anderes Unternehmen hat solche Aktivposten." Das war Ende 1999, als Viacom im Namen der viel beschworenen "Synergie" das traditionsreiche TV-Network CBS schluckte, für fast 35 Milliarden Dollar. "Das Schicksal", so Redstone, "hat diese Partnerschaft diktiert."
Größer ist besser: "Wir bieten unvergleichliche Verbündelung von Fernsehen und Internet", prahlten Chuck und Jim Dolan, das Vater-und-Sohn-Führungsgespann des für seinen Fusionshunger bekannten Kabelriesen Cablevision. "Wir marschieren in die richtige Richtung." So schrieben sie es 2002, im Jahresbrief der "First Family des Kabels" an ihre Aktionäre.
"Ende der Konglomerate?"
Das alles ist Geschichte. Aus dem Jahrhundert-Coup von AOL und Time Warner wurde bekanntlich der Flop des Jahrhunderts, der Konzern hat sich längst in Time Warner zurückgetauft, seine Musik-Tochter verkauft und überlegt, sein Kabel- und Internetgeschäft wieder abzustoßen. Viacom will die Fusion ebenfalls rückgängig machen. "Konglomerate wie Viacom kämpfen mit einer sich rasant wandelnden Medienlandschaft, die alte Geschäftsmodelle obsolet zu machen droht", schreibt Dominic Basulto im Newsletter Tech Central Station.
Kleiner ist besser, heißt es nun plötzlich. "Ist dies das Ende der Medien-Konglomerate?", fragt sich Andy Server, Kolumnist des Magazins "Money". Es hat den Anschein. Während in anderen Branchen munter weiter fusioniert wird, schwören die US-Mediengiganten plötzlich dem Zeitgeist der neunziger Jahre ab, wonach "Synergie" und "Mega-Merger" den einzigen Weg zum Erfolg garantierten. Als Schuldige für den fehlgeleiteten Größenwahn macht "Money"-Kolumniste Server auch die Wall Street und deren Geldgier verantwortlich: "Investment-Banker haben die Medien-CEOs überredet, dass sie 'Großartigkeit wagen' und 'globale Reichweite' haben müssten. So ein Unsinn."
Sinnsuche und Familienzwist
Das jüngste Beispiel für die grassierende Entkonsolidierung ist Cablevision. Der Konzern aus Long Island bei New York steckt mitten in einer Existenzkrise, die gleichermaßen Sinnsuche und Familienzwist ist. Die unterschiedlichen Ambitionen des Unternehmens - Sportteams, Stadions und Arenen, Kabelprogramme, digitales Fernsehen, Internet, Telefon - waren da am Ende ebenso wenig zu vereinbaren wie die unterschiedlichen Ambitionen von Vater Chuck und Sohn Jim.
Der Streit eskalierte, als CEO Jim Dolan und das Cablevision-Direktorium das Lieblingsprojekt von Firmengründer und Chairman Chuck Dolan killten: den defizitären High-Definition-Satellitendienst Voom. Daraufhin hatte der Patriarch genug von den Tücken einer der Wall Street Rechenschaft schuldigenden Company. "Chuck Dolan ist eindeutig frustriert über die Schwierigkeiten, die die Führung einer Aktiengesellschaft mit sich bringt", resümiert der Analyst Richard Greenfield.
Chuck Dolan will nun für 7,9 Milliarden Dollar alle Anteile des Konzerns vom Markt wegkaufen und in einer privaten Kabel- und Telekommunikationsfirma sammeln. Die Arenen, Teams und TV-Kanäle - der Madison Square Garden, die Radio City Music Hall, das Basketballteam der New York Nicks - sollen derweil per Abspaltung in einer Aktiengesellschaft unter Dolan Junior konsolidiert werden.
Börsenfrust der Kabelkonzerne
Nicht nur bei den Dolans herrscht Börsenfrust. Nach Jahren Wachstums kommen nun vor allem die großen Kabel-Anbieter immer mehr zu der Ansicht, dass sich die wachsende Konkurrenz durch Telekommunikationskonzerne wie Verizon Chart zeigen, die nun auch in ihren Revieren wildern, außerhalb der Aktionärskontrolle viel besser meistern ließe.
So schrieben die Dolans jetzt in einem Brief an ihr Board, sie seien es leid, sich "von der Tendenz des öffentlichen Marktes einengen lassen, sich nur auf kurzfristige Resultate zu konzentrieren". Mit der gleichen Begründung hatte sich Ende vorigen Jahres auch schon der drittgrößte US-Kabelbetreiber Cox von der Wall Street verabschiedet. Ähnliche Pläne hegt Insight Communications, die Nummer neun im Kabel.
Nur ein Medien-Elefant schluckt unbeirrt weiter: Rupert Murdoch. Dessen News Corporation hat zum Beispiel gerade erst ihren Anteil an der Fox-Gruppe von 82 auf 98,8 Prozent erhöht, sie plant einen neuen Reality-Sender und einen landesweiten Sportkanal als Konkurrenz zu ESPN und setzt zum Satelliten-Angriff an. Nein, Pläne, sich zu verkleinern wie Time Warner, Viacom oder Cablevision, gebe es nicht, sagt News-Präsident Peter Chernin: "Wir glauben nicht daran, dass Synergie tot ist."
Quelle: Spiegel.de
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Der Einsame Samariter