US-Konjunkturzahlen werden unterschiedlich interpr

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zombi17:

US-Konjunkturzahlen werden unterschiedlich interpr

 
03.07.02 20:43
ftd.de, Mi, 3.7.2002, 20:07  
US-Konjunkturzahlen werden unterschiedlich interpretiert

In den USA sind am Mittwoch verschiedene Konjunkturzahlen vorgelegt worden. Vor allem der Auftragseingang der Industrie stieg an.

Der Auftragseingang in der US-Industrie für verarbeitete Güter ist im Mai den dritten Monat in Folge gestiegen. Wie das US-Handelsministerium am Mittwoch in Washington mitteilte, stieg der Auftragseingang zum Vormonat um 0,7 Prozent. Das Plus war damit etwas stärker als von Volkswirten erwartet. Die von AFX befragten Experten hatten mit einem Zuwachs um 0,4 Prozent gerechnet.

Ohne Rüstung legte der Auftragseingang um 0,8 Prozent zu nach revidierten plus 2,4 Prozent im Vormonat. Das Volumen der Maschinen-Neuaufträge stieg um 2,1 Prozent. Die Bestellungen von Computern und anderer Elektronik-Produkte nahmen um 0,6 Prozent zu.


Verglichen mit dem Vorjahresmonat sind die Auftragseingänge im Mai um 1,7 Prozent gesunken. Zum Anstieg des Auftragsbestandes im Mai auf Monatssicht hätten Zuwächse in den meisten großen Kategorien beigetragen, hieß es. Ein deutlicher Anstieg der Bestellungen für nicht-militärische Flugzeuge habe den Anstieg im Mai begünstigt.



Anträge auf Arbeitslosenhilfe sinken


Die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung sind stärker gesunken als von Volkswirten erwartet. Die Zahl der Erstanträge sei in der Berichtswoche (29. Juni) um 11.000 auf 382.000 gefallen, teilte das Arbeitsministerium am Mittwoch in Washington mit. Volkswirte hatten lediglich mit einem Rückgang um 500 auf eine saisonbereinigte Zahl von 387.500 gerechnet. Die wöchentliche Erstantragszahl ist damit auf das niedrigste Niveau seit März 2001 gesunken.


Dagegen hat sich das Wachstumstempo der Geschäftstätigkeit im US-Dienstleistungssektor im Juni stärker als von Volkswirten erwartet verlangsamt. Der an den Finanzmärkten viel beachtete Service-Index des Institute for Supply Management (ISM) sank auf 57,2 Punkte von 60,1 Punkten im Mai, wie das Institut am Mittwoch mitteilte. Von Reuters befragte Analysten hatten für Juni im Schnitt mit einem Indexstand von 58,8 Punkten gerechnet. Trotz des Rückgangs ist der Index im Juni den fünften Monat in Folge über der wichtigen Marke von 50 geblieben. Ein Index-Niveau über 50 Punkten wird gewöhnlich als Zeichen für ein Wachstum der Branche gewertet. Ein Indikatorstand unter 50 Punkten wird als Schrumpfung interpretiert.



© 2002 Financial Times Deutschland


Die Zahlen, egal welche, sind sowieso alle getunt
zombi17:

Kommt zwar erst morgen , aber ich bin schneller

 
03.07.02 20:46
Aus der FTD vom 4.7.2002  
Kolumne: Rettet den Kapitalismus
Von Martin Wolf

Eine der kniffligsten Fragen in kapitalistischen Wirtschaftsordnungen ist das Problem der Unternehmenskontrolle. Leider gibt es dafür keine eindeutig richtige Lösung. Die derzeitige Skandalserie in den Vereinigten Staaten deutet indes darauf hin, dass die Frage in den 90er Jahren teilweise falsch beantwortet worden ist.

Glücklicherweise werden die Selbstheilungskräfte des Marktes einen großen Teil der notwendigen Änderungen bewirken. In allen auf Wettbewerb beruhenden Wirtschaftssystemen sind Firmen gezwungen, Gewinne zu erzielen, um Lieferanten, Arbeitskräfte und das eingesetzte Kapital zu bezahlen. Gelingt es ihnen nicht, verschwinden sie vom Markt. Eine effektive Corporate Governance ist aber wichtig, weil sie großen Einfluss darauf hat, wie schnell und effizient Firmen auf Marktsignale reagieren.

Die Standardthese ist hier, dass die Kontrolle letztlich bei den Aktionären liegen sollte, da diese das Restrisiko tragen. Dieses Argument ist stark, aber nicht unwiderlegbar. Wenn es schwierig ist, Arbeitsverträge mit entsprechenden Anreizmechanismen zu formulieren, sind Partnerschaften unter Umständen sinnvoller als die Kontrolle der Manager durch die Anteilseigner.


Damit haben Kontrollsysteme für Firmen, die nicht von den Eigentümern geführt werden, mit einer grundsätzlichen Schwierigkeit zu kämpfen - dem problematischen Verhältnis zwischen den Kontrolleuren des Unternehmens und seinen Managern. Ökonomen sprechen von Collective-Action-Problemen, asymmetrischen Informationsverhältnissen und Principal-Agent-Dilemmata.



Eigentümer und Manager


Ein Collective-Action-Problem entsteht, weil es nicht im Interesse des Einzelnen liegt, große Ressourcen in die Überwachung der Unternehmensführungen zu investieren, wenn er oder sie über zu wenig Stimmen verfügt, um Entscheidungen zu beeinflussen. Asymmetrische Informationsverhältnisse kommen zustande, weil das Management in der Regel mehr über das Unternehmen weiß als die Anteilseigner, und ein Principal-Agent-Dilemma ergibt sich, weil diejenigen, die das Risiko tragen, andere damit beauftragen, in ihrem Namen zu handeln.


In den 80er und 90er Jahren wählte der US-Kapitalismus einen umstrittenen Ausweg aus diesen Problemen. Der allgemeine Grundsatz der Aktionärskontrolle wurde in den spezifischen Grundsatz der Maximierung des Shareholder Value, abzulesen am Börsenkurs, abgewandelt. Zunächst wurden die traditionellen Manager von so genannten Raidern, Finanziers oder Firmen mit aggressiven Übernahmestrategien, überrumpelt. Nahezu die Hälfte aller großen US-Unternehmen erhielt in den 80er Jahren ein Übernahmeangebot. In den 90er Jahren hatten die Unternehmenschefs die Ziele der Übernahmespezialisten verinnerlicht und setzten eine noch größere Umstrukturierungswelle in Gang. Die Manager konnten nun ebenso reich werden wie die Raider, indem sie sich selbst großzügige Aktienoptionen gönnten und mit ihren eigenen Unternehmen so umsprangen, wie es sonst nur andere getan hätten.


Damit wurden die Aktienmärkte immer wichtiger für die Corporate Governance - ein Phänomen, für das es drei Interpretationen gibt. Die erste geht davon aus, dass dies Ausdruck einer Entwicklung hin zu einer effizienteren Form der Unternehmenskontrolle war. Der zweite Ansatz argumentiert, dass diese Entwicklung eine angemessene Reaktion auf die durch Deregulierung, Innovation und Globalisierung geschaffene neue Welt darstellte. Und eine dritte Schule vertritt die These, dass die neue Form der Corporate Governance im Wesentlichen eine Enteignung der Aktionäre durch das Management während der Phase des Aktienbooms darstellt.


Die Entwicklung der US-Wirtschaft deutet darauf hin, dass sich eine kapitalmarktorientierte Unternehmensführung positiv auswirkt. Dafür sprechen das schnelle Produktivitätswachstum und die große wirtschaftliche Dynamik in den USA. Jedoch warf der Wandel neue Probleme auf. Für die Manager bestand ein erheblicher Anreiz, die Kurse mit allen Mitteln in die Höhe zu treiben. Man denke nur an den Umfang der Aktienrückkäufe oder den erbitterten Widerstand gegen eine ordnungsgemäße Verbuchung der Optionsprogramme.



Selbstheilungskräfte des Marktes


Als die Kurse fielen, brachen einige Unternehmen zusammen, andere verstrickten sich in Betrügereien, um dann ebenfalls zu kollabieren. Der Markt eliminiert unlautere oder erfolglose Firmen also selbst. Er stellt höchste Anforderungen an Manager und Wirtschaftsprüfer. Und er begegnet Versuchen, Kurse durch eine kreative Buchführung zu steigern, mit größtem Misstrauen.


Wenn die Selbstheilungskräfte des Marktes stark sind, wie weit sollen regulative Reformen gehen? Folgt man den anfangs genannten Grundsätzen, so lässt sich diese Frage folgendermaßen beantworten: Erstens müssen die USA und vergleichbare Länder die Aktienkultur optimieren. Eine Kontrolle durch die Aktionäre ist wichtig, sie darf allerdings nicht dazu führen, dass die Unternehmenspolitik allein auf kurzfristige Gewinnmaximierung und Kurssteigerung ausgerichtet wird. Eine direkte Verknüpfung von Managergehältern und Börsenkursen ist daher problematisch. Zweitens muss alles, was die Aktionäre Geld kostet, einschließlich der Optionsprogramme, deutlich in den Bilanzen aufgeführt werden. Und drittens können nur zuverlässige Bilanzierungsregeln sowie eine unabhängige Wirtschaftsprüfung verhindern, dass eine zunehmend ungleiche Verteilung von Informationen die Funktionstüchtigkeit der Kapitalmärkte untergräbt.



Die nächste Kolumne von Thomas Klau können Sie am 8. August lesen.



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