Wird der Euro doch zum Teuro? Statistiker geben eine simple Antwort: Es kommt ganz auf den Lebensstil an.
Selbst Wim Duisenberg, Präsident der Europäischen Zentralbank, hat es schon erlebt. Als er am Frankfurter Hauptbahnhof das Auto abstellte, bemerkte er verblüfft, dass Parken dort nicht mehr eine Mark kostet, sondern einen Euro: ein Aufschlag von über 95 Prozent.
Der Niederländer sollte auch mal einen Supermarkt besuchen. Dort fände er Salatgurken für 2,49 Euro (das sind, zur Erinnerung, 4,87 Mark), Blumenkohl, der mit 3,49 Euro ausgezeichnet ist, oder Zucchini für sagenhafte 5,99 Euro.
Täglich melden sich bei den Verbraucherzentralen Hunderte empörter Konsumenten, die sich abgezockt fühlen. Nicht nur Einkaufsmärkte, auch Restaurants, Hotels oder Frisöre schlagen seit der Jahreswende zuweilen gnadenlos auf. Wird der Euro doch zum Teuro? Oder sollten sich Millionen Verbraucher irren?
Die Statistiker sind sich einig: Die neue Währung habe die Lebenshaltungskosten "nicht erheblich beeinflusst", versichert Johann Hahlen, Präsident des Statistischen Bundesamts. Im Januar seien die Preise nur um 2,1 Prozent gestiegen, weniger noch als im Vorjahresmonat. Und selbst für diese Steigerung sei der Staat mitverantwortlich, weil er die Mineralöl-, Energie-, Tabak- und Versicherungsteuer erhöht hat.
Das Preis-Rätsel löst, wer in den so genannten Warenkorb blickt, jene Liste von rund 750 Gütern und Dienstleistungen, auf deren Grundlage die Statistikämter die Preisentwicklung ermitteln. Alles Erdenkliche ist hier aufgeführt: von der Käsesahnetorte über Gardinentüll bis zum Hasenrücken - tiefgekühlt. Und jeder Posten ist danach gewichtet, wie viel er zu den gesamten Verbrauchsausgaben eines durchschnittlichen Haushalts beiträgt. Nach den letztverfügbaren Daten von 1998 lag die Summe bei 2061 Euro.
So macht beispielsweise die Salatgurke als Position 0117350100 genau 0,055 Prozent der Lebenshaltungskosten aus. Demnach gab der Durchschnittshaushalt für dieses Gemüse 1998 im Monat 1,13 Euro aus. Oder Position 0724080100, die Parkgebühren: Dafür wird 0,06 Prozent des Gesamtbudgets aufgewendet, gerade mal 1,24 Euro pro Monat.
Das bedeutet: Wenn Gemüse oder Parkscheine teurer werden, dann fällt das zwar sofort weithin auf - aber kaum ins Gewicht.
Jedenfalls längst nicht so sehr wie die Ausgaben rund ums Wohnen. Es ist mit 27,5 Prozent der weitaus größte Posten im Haushaltsbudget, rund 566 Euro überwies die Durchschnittsfamilie für Miete, Wasser, Strom, Gas und andere Brennstoffe. Doch hier sind die Preise trotz der Währungsumstellung relativ stabil geblieben - nur hat davon niemand Notiz genommen.
Auch der mit 13,9 Prozent zweitgrößte Posten, die Ausgaben für Verkehr, hat sich kaum verändert. Heizöl ist sogar ein wenig billiger geworden. Aber wer kann sich schon an die Preise von vor einem Jahr erinnern?
Die Crux an der statistischen Beweisführung ist nur: Nichts kommt in der Realität so selten vor wie der exakte Durchschnitt. Jeder packt sich sein ganz persönliches Warenkörbchen. So, wie einst die "gefühlte Temperatur" die Wettervorhersagen eroberte, so gibt es nun eine Art gefühlte Inflation. Wie sehr der Einzelne die eisigen Preissteigerungen zu spüren bekommt, ist letztlich eine Frage des individuellen Lebensstils.
Wer zum Beispiel häufig in Restaurants isst, statt daheim die Position 0112650100 (Rindsgulasch in Dosen) aufzuwärmen, der bemerkt derzeit sehr wohl, wie ihm der Euro durch die Finger rinnt - anders als die Mitglieder der Durchschnittsfamilie, die offensichtlich eher Dienstleistungsmuffel sind.
Sie geht nur selten auswärts essen; gerade mal 70,26 Euro ließ sie 1998 monatlich in Restaurants oder Cafés. Und was den Konsum von Videofilmen angeht, so leiht sie sich in zwölf Monaten allenfalls eine Kassette aus. Mit einem Budget von jährlich 3,22 Euro ist nicht mehr drin.
Vielleicht aber hat der Durchschnittshaushalt diese bemerkenswerte Service-Aversion inzwischen längst überwunden. Immerhin ist es sieben Jahre her, dass der Warenkorb zusammengesetzt und gewichtet wurde. Zu diesem Zweck hatten rund 70 000 Haushalte akribisch über ihren gesamten Verbrauch Buch geführt.
Seitdem hat sich die Welt geändert und mit ihr die Konsumlust. So sind allein im Jahr 2000 rund 25 Millionen Deutsche zu Mobiltelefonierern geworden. Rund ums Handy geben sie im Schnitt 30 Euro im Monat aus. Diese Ausgaben werden in der Statistik zwar unter dem Oberbegriff "Nachrichtenübermittlung" erfasst, einen eigenen Posten für Mobiltelefone sucht man jedoch vergebens - dafür aber gibt es noch "Telegrammdienstleistungen".
Das dürfte sich wohl bald ändern. Der Warenkorb wird gerade neu bestückt, Anfang kommenden Jahres soll der neue vorgestellt werden. Doch auch der wird bis dahin längst wieder überholt sein: Er basiert auf einer Haushaltsstichprobe aus dem Jahr 2000.
Selbst Wim Duisenberg, Präsident der Europäischen Zentralbank, hat es schon erlebt. Als er am Frankfurter Hauptbahnhof das Auto abstellte, bemerkte er verblüfft, dass Parken dort nicht mehr eine Mark kostet, sondern einen Euro: ein Aufschlag von über 95 Prozent.
Der Niederländer sollte auch mal einen Supermarkt besuchen. Dort fände er Salatgurken für 2,49 Euro (das sind, zur Erinnerung, 4,87 Mark), Blumenkohl, der mit 3,49 Euro ausgezeichnet ist, oder Zucchini für sagenhafte 5,99 Euro.
Täglich melden sich bei den Verbraucherzentralen Hunderte empörter Konsumenten, die sich abgezockt fühlen. Nicht nur Einkaufsmärkte, auch Restaurants, Hotels oder Frisöre schlagen seit der Jahreswende zuweilen gnadenlos auf. Wird der Euro doch zum Teuro? Oder sollten sich Millionen Verbraucher irren?
Die Statistiker sind sich einig: Die neue Währung habe die Lebenshaltungskosten "nicht erheblich beeinflusst", versichert Johann Hahlen, Präsident des Statistischen Bundesamts. Im Januar seien die Preise nur um 2,1 Prozent gestiegen, weniger noch als im Vorjahresmonat. Und selbst für diese Steigerung sei der Staat mitverantwortlich, weil er die Mineralöl-, Energie-, Tabak- und Versicherungsteuer erhöht hat.
Das Preis-Rätsel löst, wer in den so genannten Warenkorb blickt, jene Liste von rund 750 Gütern und Dienstleistungen, auf deren Grundlage die Statistikämter die Preisentwicklung ermitteln. Alles Erdenkliche ist hier aufgeführt: von der Käsesahnetorte über Gardinentüll bis zum Hasenrücken - tiefgekühlt. Und jeder Posten ist danach gewichtet, wie viel er zu den gesamten Verbrauchsausgaben eines durchschnittlichen Haushalts beiträgt. Nach den letztverfügbaren Daten von 1998 lag die Summe bei 2061 Euro.
So macht beispielsweise die Salatgurke als Position 0117350100 genau 0,055 Prozent der Lebenshaltungskosten aus. Demnach gab der Durchschnittshaushalt für dieses Gemüse 1998 im Monat 1,13 Euro aus. Oder Position 0724080100, die Parkgebühren: Dafür wird 0,06 Prozent des Gesamtbudgets aufgewendet, gerade mal 1,24 Euro pro Monat.
Das bedeutet: Wenn Gemüse oder Parkscheine teurer werden, dann fällt das zwar sofort weithin auf - aber kaum ins Gewicht.
Jedenfalls längst nicht so sehr wie die Ausgaben rund ums Wohnen. Es ist mit 27,5 Prozent der weitaus größte Posten im Haushaltsbudget, rund 566 Euro überwies die Durchschnittsfamilie für Miete, Wasser, Strom, Gas und andere Brennstoffe. Doch hier sind die Preise trotz der Währungsumstellung relativ stabil geblieben - nur hat davon niemand Notiz genommen.
Auch der mit 13,9 Prozent zweitgrößte Posten, die Ausgaben für Verkehr, hat sich kaum verändert. Heizöl ist sogar ein wenig billiger geworden. Aber wer kann sich schon an die Preise von vor einem Jahr erinnern?
Die Crux an der statistischen Beweisführung ist nur: Nichts kommt in der Realität so selten vor wie der exakte Durchschnitt. Jeder packt sich sein ganz persönliches Warenkörbchen. So, wie einst die "gefühlte Temperatur" die Wettervorhersagen eroberte, so gibt es nun eine Art gefühlte Inflation. Wie sehr der Einzelne die eisigen Preissteigerungen zu spüren bekommt, ist letztlich eine Frage des individuellen Lebensstils.
Wer zum Beispiel häufig in Restaurants isst, statt daheim die Position 0112650100 (Rindsgulasch in Dosen) aufzuwärmen, der bemerkt derzeit sehr wohl, wie ihm der Euro durch die Finger rinnt - anders als die Mitglieder der Durchschnittsfamilie, die offensichtlich eher Dienstleistungsmuffel sind.
Sie geht nur selten auswärts essen; gerade mal 70,26 Euro ließ sie 1998 monatlich in Restaurants oder Cafés. Und was den Konsum von Videofilmen angeht, so leiht sie sich in zwölf Monaten allenfalls eine Kassette aus. Mit einem Budget von jährlich 3,22 Euro ist nicht mehr drin.
Vielleicht aber hat der Durchschnittshaushalt diese bemerkenswerte Service-Aversion inzwischen längst überwunden. Immerhin ist es sieben Jahre her, dass der Warenkorb zusammengesetzt und gewichtet wurde. Zu diesem Zweck hatten rund 70 000 Haushalte akribisch über ihren gesamten Verbrauch Buch geführt.
Seitdem hat sich die Welt geändert und mit ihr die Konsumlust. So sind allein im Jahr 2000 rund 25 Millionen Deutsche zu Mobiltelefonierern geworden. Rund ums Handy geben sie im Schnitt 30 Euro im Monat aus. Diese Ausgaben werden in der Statistik zwar unter dem Oberbegriff "Nachrichtenübermittlung" erfasst, einen eigenen Posten für Mobiltelefone sucht man jedoch vergebens - dafür aber gibt es noch "Telegrammdienstleistungen".
Das dürfte sich wohl bald ändern. Der Warenkorb wird gerade neu bestückt, Anfang kommenden Jahres soll der neue vorgestellt werden. Doch auch der wird bis dahin längst wieder überholt sein: Er basiert auf einer Haushaltsstichprobe aus dem Jahr 2000.