Union droht forsa

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vega2000:

Union droht forsa

 
27.08.02 17:09
Nachdem die SPD gestern noch viel Wirbel wegen der angeblich zu strikten Regeln des TV-Duells gemacht hatte, rückt die Kanzlerpartei nun doch von der Forderung nach einer Regeländerung ab. Beleidigt zeigt sich indes die Union und droht dem Meinungsforschungsinstitut Forsa wegen einer Schröder-freundlichen Blitzumfrage.
"Es wäre gut, wenn es ein bisschen lebendiger werden würde, das kann man aber im Rahmen der Regeln, die es schon gibt, gestalten", sagte SPD-Generalsekretär Franz Müntefering am Dienstag im NDR. Zuvor hatten schon ARD, ZDF und Union jede Änderung abgelehnt.
Forsa hatte am Sonntagabend in einer Blitzumfrage Schröder als Sieger des ersten Fernsehduells ermittelt. Bei Forsa schnitt der Kanzler in allen Kategorien besser ab, bei der Glaubwürdigkeit lag er beispielsweise mit 51 zu 39 Prozent vor Stoiber. Andere Umfragen ergaben differenziertere Ergebnisse, insgesamt gab es keinen eindeutigen Gewinner.

CSU-Generalsekretär Thomas Goppel bezeichnete in München Forsa als "Wahlkampfinstrument, um die politische Stimmung gezielt für die SPD zu beeinflussen". Sein CDU-Kollege Laurenz Meyer erklärte in Berlin, das Institut werde von der rot-grünen Bundesregierung versorgt. Forsa-Chef Manfred Güllner wisse genau, dass diese Aufträge weg seien, wenn die Union an die Regierung komme. Nur so seien die Ergebnisse zu erklären.

Die Leser der "Bild"-Zeitung erklärten mittlerweile Stoiber zum Sieger des TV-Duells. Wie das Blatt in seiner Dienstagausgabe berichtete, bezeichneten bei einer Telefonaktion mehr als 75 Prozent von 164.000 Anrufern den Unionskandidaten als Gewinner. CDU-Generalsekretär Meyer erklärte dazu, die TED-Umfrage sei zwar nicht repräsentativ, zeige aber doch die hohe Motivation der Unions-Anhänger.

Viel Zeitkonto, wenig Kanzler, wenig Kandidat: Laut "taz" gab es beim ersten TV-Duell nur einen Sieger, und der hieß weder Schröder noch Stoiber
Der frühere SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine lobte nach dem Duell nicht nur Schröder, sondern auch Stoiber. In der Finanzpolitik sei der Kanzler glaubwürdiger, urteilte der ehemalige Bundesfinanzminister in einem Beitrag für die "Bild"-Zeitung. "Raffiniert" sei es aber von Stoiber gewesen, den SPD-Chef in der Steuerpolitik von links anzugreifen. "Auch die großen Kapitalgesellschaften sollen wieder Steuern zahlen. Bravo!", schrieb Lafontaine. In Stoibers Beraterstab müsse "ein sozialdemokratisches U-Boot sein".

FDP-Vize Jürgen Möllemann bekräftigte, dass sich die Liberalen vor der Bundestagswahl nicht auf einen Koalitionspartner festlegen wollen. "Ich empfehle sehr, davon auszugehen, dass man prinzipiell mit beiden kooperieren kann", sagte der nordrhein-westfälische Parteichef im Inforadio Berlin-Brandenburg. `Wir werden nach den Wahlen mit denjenigen verhandeln, die bereit sind, auf uns zuzugehen - und die dazu ein Mandat haben." Die FDP wolle "raus aus der klassischen Dienstbotenrolle" und stattdessen ihre eigenen Ziele proklamieren.
Spiegel
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Anarch:

M. Güllner - Genosse Meinungsmacher?

 
27.08.02 17:23

Manfred Güllner: Wahl- und Meinungsforscher aus Leidenschaft
Von Gerrit Wiesmann, Berlin

Rote Stühle, rote Papierkörbe, rote Kaffeetassen. An der Wand im Berliner Großraumbüro ein Triptychon von Gerhard Schröder in Siegeslaune. Natürlich auf rotem Hintergrund.


Dem Meinungsforscher Manfred Güllner eilt der Ruf voraus, so etwas wie der Guru des Bundeskanzlers - und somit der Statistik-Propagandist der SPD - zu sein. "Ich mag einfach Rot. Ich habe privat ein altes Auto. Das ist auch rot", sagt der Geschäftsführer des Forsa-Instituts. "Und der finnische Maler, der den Schröder gemalt hat, hat auch Kohl gemalt. Den kriege ich aber leider nicht zu kaufen."

Forsa ist eine von fünf Firmen auf dem Markt für Wahlforschung, die meist im Auftrag verschiedener Medienkonzerne die Absichten "des Wählers" erfassen und interpretieren. Güllners Stammkunden sind der Fernsehsender RTL und der "Stern".


Die Verquickung von kommerziellem Wettbewerb und sozialwissenschaftlichen Glaubenskriegen fördert in der Branche einen zänkischen Umgangston. Zum Stichwort Forsa sagt ein Wettbewerber herablassend, die Veröffentlichungen der Kollegen kommentiere man besser nicht. Brummt dann etwas über methodologische Unterschiede und eine Nähe zur SPD.


Güllner nimmt das gelassen. Seine stets leise Stimme wechselt auch jetzt nicht die Tonlage. "Man hängt Forsa dieses Image an. Ich kann aber dagegen nichts tun", sagt der 60-Jährige. "Ich bin nun mal seit 38 Jahren Parteimitglied, ich war in Köln Stadtverordneter. Ich kenne die Personen da oben. Und ich kenne eben auch Gerhard Schröder seit den frühen 70ern." Er habe kein Arbeitsverhältnis mit dem Kanzler. Aufträge für die SPD machten nur rund 0,5 Prozent des Jahresumsatzes von rund 7,5 Mio. Euro aus. "Weil ich aber immer wieder Zahlen habe, die ihn interessieren, hat es sich so eingependelt, dass er dann auch irgendwelche Zahlen von mir haben will."
Anarch:

Eine Hand wäscht die andere?

 
27.08.02 17:38

Bei der Meinungsforschung hat die Regierung nicht für alle Geld

Die Bundesregierung plant, in diesem Haushaltsjahr mehr als zwei Millionen Euro für die Zusammenarbeit mit Meinungsforschungsinstituten auszugeben
Von Guido Heinen

Berlin – Dies geht aus einem Entwurf für den laufenden Haushalt hervor, den die Regierung im Haushaltsausschuss des Bundestages vorlegte. Aus dem Entwurf wird auch deutlich, dass die rot-grüne Regierung ihre Präferenz für bestimmte Meinungsforschungsinstitute auch weiterhin behalten will. So soll das Institut Forsa, das überhaupt erst nach dem Regierungswechsel 1998 mit dem Bundespresseamt ins Geschäft kam, erneut Aufträge in Höhe von rund 664 000 Euro bekommen. Forsa erhält damit ein Drittel aller für diesen Zweck bereit gestellten Steuermittel und wird fast neun Prozent seines Jahresumsatzes mit dem Bundespresseamt machen.

Die beiden Institute „dimap/Infratest dimap“ und „Ipos“, das der Forschungsgruppe Wahlen nahe steht, können mit Aufträgen in Höhe von jeweils rund 300 000 Euro rechnen. Auch das Meinungsforschungsinstitut „polis“ rückt im Wahljahr in ähnliche Dimensionen vor. Dieses Institut ist nach WELT-Informationen seit 1990 wichtigster Dienstleister der SPD in Sachen Meinungsforschung. Das renommierte Institut für Demoskopie Allensbach rangiert mit elf Prozent Anteil im unteren Bereich.

Auffallend ist, dass das Meinungsforschungsinstitut Emnid aus Bielfeld auch im laufenden Jahr mit keinerlei Aufträgen aus Berlin wird rechnen können. Dafür ist mit dem Institut „Ipsos“ ein weiterer Neuling des Regierungswechsels im Budget vertreten. Allerdings ist „Ipsos“ seit mehr als 50 Jahren am Markt und bezeichnet sich selbst als das „drittgrößte Ad-hoc-Institut Deutschlands“. Vom Budget des Bundespresseamtes sind dennoch nur zwei Prozent für Ipsos vorgesehen.

Mit dieser Planung setzt das Bundespresseamt seine Politik fort, nur ein Institut mit besonders üppigen Aufträgen zu versehen, andere nur mit kleineren Volumina auszustatten. So kann Forsa-Chef Manfred Güllner, der seit 38 Jahren SPD-Mitglied ist und Bundeskanzler Gerhard Schröder seit den siebziger Jahren persönlich kennt, auch im laufenden Jahr mit dem Löwenanteil rechnen. Der Rest des Etats verteilt sich auf mehrere Institute. Die Regierung Kohl machte es anders: Sie gab drei großen Instituten jeweils etwa gleich große Etats, den Rest teilten sich die Kleinen.

vega2000:

Das Elend der Demoskopie

 
27.08.02 21:37
Deutschlands Demoskopen liefern derzeit höchst widersprüchliche Umfrageergebnisse für die Parteien und Kandidaten. Ist die Wählerbefragung also nur Kaffeesatzleserei? Die Volksbefrager widersprechen und verweisen auf unterschiedliche Methoden und Gewichtungsformeln.
Berlin - Wer schon mal einen Anruf von einem Meinungsforschungsinstitut erhalten hat, der weiß, wie es funktioniert. Per Zufallsverfahren ermittelte Bürger werden angerufen und meist um die dreißig Minuten zu verschiedenen Themen ausgefragt: Ob der Befragte ein Handy besitzt, welches Bier er kennt, mit welchem Auto er was verbindet oder welche Partei er wählen würden, wenn denn am Sonntag Bundestagswahlen wären. Die berühmte Sonntagsfrage. Die soll einen repräsentativen Überblick über die Wahl-Stimmung in Deutschland geben. Merkwürdig ist nur, dass die verschiedenen Meinungsforschungsinstitute derzeit zu höchst unterschiedlichen Ergebnissen kommen.

Zwei Beispiele: Beim Berliner Forsa-Institut wollen 47 Prozent der befragten Fernsehzuschauer Schröder als Bundeskanzler, die Forschungsgruppe Wahlen e.V. hingegen ermittelte 56 Prozent. Das ist immerhin ein Unterschied von neun Prozentpunkten.

Ganz anders sieht es aber bei der Sonntagsfrage aus, da sind sich die beiden Meinungsforschungsinstitute in ihren aktuellen Umfragen einig: Die SPD erhält jeweils 38 Prozent und die CDU/CSU liegt fast gleich auf bei 40 Prozent (Forsa) beziehungsweise 39 Prozent (Forschungsgruppe Wahlen). Wird bei dieser Frage jedoch auch das Ergebnis des Instituts für Demoskopie in Allensbach berücksichtigt, zeigt sich schon wieder die einige Uneinigkeit: Dort liegt die SPD bei 32,8 Prozent (die CDU/CSU bei 39,8). Das sind satte 5,2 Prozent Differenz zum Forsa-Wert - und mehr Prozentpunkte, als die PDS insgesamt bekommen würde (bei allen Instituten).

Wenn per Zufallsverfahren wahlberechtigte Bürger jeden Alters und jeder Einkommensgruppe repräsentativ ausgewählt werden, wie kommt es dann, dass sowohl bei der Sonntagsfrage als auch bei der Auswertung des Kanzlerduells vom Sonntagabend so unterschiedliche Werte erhoben werden? "Das kann ich mir im Moment auch nicht erklären", sagt Edgar Piel, Meinungsforscher des Allensbach-Instituts - der ältesten deutschen Umfragefirma.

Zwei bis drei Prozent als Stimmungsschwankung seien ja normal, aber so große Differenzen seien schon ungewöhnlich. Dennoch ist sich Piel sicher, dass seine Zahlen stimmen. "Das Volk betrachten" lautet die Übersetzung von Demoskopie aus dem Griechischen. Die Frage ist jedoch, welcher Teil des Volkes wie betrachtet wird - und welches Institut die Befragung macht.

Die Politiker bedienen sich der "passenden" Umfragewerte

In Deutschland gibt es fünf große Meinungsforschungsinstitute: die Forschungsgruppe Wahlen, Infratest dimap, das Institut für Demoskopie in Allensbach, Emnid und das Forsa Institut. Dabei wird zumindest zweien eine bestimmte politische Orientierung nachgesagt. Das Allensbacher Institut, geprägt von Gründerin Elisabeth Noelle-Neumann - der "Grande Dame" der Umfrageforschung - hat den Ruf, der CDU nahe zu stehen. Zu Kohls Zeiten war die heute 85-jährige Noelle-Neumann ständige Wahlberaterin des Kanzlers. Einmal im Monat gab es ein Jour Fix im Bundeskanzleramt, bei dem Kohl oder seine Mitarbeiter über die aktuellen Umfrageergebnisse berieten.

Gerhard Schröder hingegen lässt sich lieber von Manfred Güllner beraten. Güllner ist Chef des Forsa-Instituts und seit 38 Jahren SPD-Mitglied. Der Wahlforscher scheut sich zwar nicht, dem Kanzler negative Umfrageergebnisse zu präsentieren. Trotzdem macht er Schröder mit seinen Wahlprognosen Hoffnung, die Bundestagswahl 2002 doch noch gewinnen zu können. Es müsse nur gelingen, die große Zahl SPD-Anhänger, die noch unschlüssig seien, ob sie zur Wahl gingen, zu mobilisieren. "Viele potenzielle SPD-Wähler sind verunsichert. So zögerten im Laufe des Jahres 2002 immer rund 40 Prozent derjenigen, die 1998 der SPD ihre Stimme gaben, dies auch 2002 zu tun", sagt Güllner. Die Zahl der Unentschlossenen lag laut Forsa-Institut vor zwei Wochen noch bei 32 Prozent. Nach der Flutkatastrophe sind es nur noch 24 Prozent, daher auch die Gewinne für die Sozialdemokraten.

Alles Definitionssache

"Bei den Unentschlossenen ist zu unterscheiden zwischen denjenigen, die wahrscheinlich nicht wählen gehen werden und den Wahlwilligen, die noch zwischen verschiedenen Parteien schwanken", definiert es Renate Köcher, Leiterin des Instituts in Allensbach. Ihrem Institut zufolge liegt sowohl die Zahl der Wahlwilligen als auch die Zahl der Unentschlossenen bei jeweils zirka 20 Prozent. Genau diese Gruppen machen den Politikern zu schaffen - und damit auch den Instituten, denn die sollen verlässliche Zahlen liefern, für die Wahlkämpfer und die Medien. "Das Interesse der Medien an rasch verfügbaren Daten steht häufig im Konflikt zu einer gründlichen Analyse", so Köcher.

Dass Meinungsforscher auch Meinungsmacher sind, ist unbestritten. Obwohl die Institute selbst das natürlich nicht so gerne hören, schließlich gebe es ja Daten, die ihre ermittelten Trends belegen. Ist es wirklich möglich "repräsentative" Prozentzahlen anzugeben, wenn so viele Faktoren das Ergebnis beeinflussen können? Einflussfaktoren sind zum Beispiel: die Anzahl und Auswahl der Befragten, die Art der Fragestellung und natürlich die Art der Gewichtung der Ergebnisse.

Die Frage des richtigen Zeitpunktes

Das Allensbacher Institut setzt auf die konventionelle "Face to Face" - Methode. In wöchentlichen Interviews, bei denen der Interviewer dem Befragten direkt gegenüber sitzt, wird eine 60-minütige Befragung zu diversen Themen gemacht. Das sei langfristig aussagekräftiger. Zu langsam, sagen die vier anderen Meinungsforschungsinstitute. Außerdem beeinflusse der direkte Kontakt zum Interviewer die Antworten des Befragten und erhöhe die Fehlerquote. Deshalb setzen die übrigen Institute auf Telefoninterviews - täglich. Dadurch können sie schneller auf aktuelle Ereignisse reagieren. Zum Beispiel auf die Flutkatastrophe und deren Einfluss auf die Parteipräferenzen der Wähler.

"Eigentlich gibt es keinen Unterschied in den Umfrageergebnissen, sondern nur unterschiedliche Zeitpunkte zu denen die Daten veröffentlicht werden", sagt Dieter Roth, einer der Leiter von der Forschungsgruppe Wahlen. Gerade jetzt in den Zeiten der Hochwasserkatastrophe sei es besonders wichtig, wann die Daten ermittelt wurden, so Roth. Nicht immer sind die Schwankungen so hoch, doch wenn nun ältere Umfragewerte anstatt aktueller Zahlen veröffentlicht würde, hat das einen "manipulativen Charakter", glaubt Güllner vom Forsa-Institut und meint damit das Allensbacher Institut.
Politische Umfrageforschung bringt kaum Geld
Die Konkurrenz untereinander ist groß, zwar können die Institute mit der reinen Wahlforschung kaum Geld verdienen - bei Allensbach zum Beispiel liegt der Anteil der politikbezogenen Forschung am Gesamtumsatz bei etwa acht Prozent - dennoch bringen die Wahlumfragen auch ein Teil des Renommees. Nur der Verein der Forschungsgruppe Wahlen, der vom ZDF finanziert wird, beschäftigt sich ausschließlich mit politischen Umfragen. Bei den anderen wird der Hauptumsatz mit der Markt- und Werbeträgeranalyse gemacht - also mit Umfragen zu Automarken, Bier und Handymarken.

Eine wesentliche Aufgabe der Demoskopen ist es die ermittelten Zahlen richtig zu deuten - sowohl in der Politik als auch bei der Marktforschung. Mit den "Rohdaten" an sich könne man nicht so viel anfangen, darin sind sich alle Meinungsforscher einig. Deshalb werden die ermittelten Daten gewichtet - und da hat jedes Institut seinen eigenen "Schlüssel". Das ist ein mathematischer Erfahrungswert, doch wie der sich zusammensetzt, das gehört zu den Geheimnissen der Institute. Bekannt sind Re-Calls - Rückversicherungsfragen -, die den Wahrheitsgehalt der Antworten mittels anderer Fragen testen soll. Zum Beispiel haben in den achtziger Jahren mehr Menschen angegeben die Grünen zu wählen, als es dann schließlich getan haben. Damals war es einfach "in" für die Ökopartei zu sein. Nach der Hochwasserkatastrophe kann das ja wiederkommen.
Spiegel
Union droht forsa 764389
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