SPIEGEL ONLINE - 08. Januar 2002, 16:53
URL: www.spiegel.de/panorama/0,1518,176032,00.html
Berlin
Neuer Liebhaber - Mutter ließ Kleinkind verhungern
Von Matthias Gebauer
Am vergangenen Samstag machten Feuerwehrleute in einer Berliner Wohnung die schreckliche Entdeckung: Inmitten von Müllbergen fanden sie die mumifizierte Leiche des zweijährigen Alisan Turan. Die inzwischen verhaftete Mutter hatte ihren Sohn in der Wohnung zurückgelassen, um zu ihrem neuen Freund zu ziehen.
Berlin - Die Ermittler der Abteilung 41 für "Delikte am Menschen" beim Berliner Landeskriminalamt (LKA) haben schon viel gesehen. Täglich beschäftigen sie sich mit schlimm zugerichteten Leichen, grausamen Morden und den rücksichtslosen Motiven der Täter - insgesamt bei rund hundert Mordfällen pro Jahr. Doch was sich die Fahnder am Samstag Abend in einer Berliner Wohnung im Stadtteil Wilmersdorf ansehen mussten, lässt so manchem noch jetzt den Atem stocken. "Vielen standen dort die Tränen in den Augen", berichtet einer der Polizisten noch hörbar ergriffen.
Die Tat der 21-jährigen Mutter Veronika W. schockiert mittlerweile die Hauptstadt. Die russischstämmige Arbeitslose gestand am Montag beim Haftrichter, dass sie ihren zweijährigen Sohn Alisan Turan W. bereits Ende November in der Zweiraumwohnung im Erdgeschoss zurück gelassen hatte, um zu ihrem neuen Freund in den Stadtteil Neukölln zu ziehen. Den Tod des Sohnes hatte sie dabei offenbar ganz bewusst mit eingeplant. Nach dem Geständnis erließ der Richter Haftbefehl wegen Mordes und Veronika W. wurde ins Untersuchungsgefängnis Moabit gebracht.
Beißender Gestank alarmierte die Nachbarn
Am Samstagabend hatten die Nachbarn aus der Wetzlarer Straße die Feuerwehr alarmiert, da sie seit Tagen einen beißenden Gestank aus der Wohnung der Mutter bemerkt und die Familie nicht mehr gesehen hatten. Als die Feuerwehrleute gegen 19 Uhr die Tür aufbrachen, fanden sie eine völlig verwahrloste Wohnung vor. "Überall auf dem Boden waren loser Müll, Essensreste und gebrauchte Windeln verteilt", berichtete ein Feuerwehrmann. Inmitten des Unrats fanden sie die zusammengekauerte Leiche des zweijährigen Alisan Turan W., die bereits mumifiziert war.
Zuerst suchte die alarmierte Polizei in dem Müll noch die Leiche der Mutter, da zu diesem Zeitpunkt noch niemand ein Verbrechen vermutete. Doch nach einer Befragung der Nachbarn wurde schnell klar, dass Veronika W. die Wohnung schon seit Wochen nicht mehr betreten hatte. Bereits Ende November hatte sie ihren Sohn dort zurückgelassen. Eine Obduktion bei der Gerichtsmedizin ergab später, dass der kleine Junge verhungert und verdurstet war. Was Alisan Turan in den Tagen, nachdem die Mutter ihn in der Wohnung zurückgelassen hatte, erleiden mussten, beschreiben Gerichtsmediziner als eine der schrecklichsten Todeskämpfe, die es gibt. Da die Mutter jedoch die Fenster der Wohnung geschlossen hatte, hörte vermutlich niemand die Schreie des Jungen.
Jeder, der nach Alisan fragte, bekam eine neue Lüge aufgetischt
Die Mutter störte der Gedanke vom langsamen Tod ihres Sohnes offenbar kaum, zumindest ließ sie es sich nicht anmerken. Auf Nachfragen ihrer Eltern, die am Stadtrand von Berlin leben, log sie mehrmals, dass es dem Junge gut gehe. Ihr neuer Freund, in dessen Wohnung sie festgenommen wurde, ahnte ebenfalls nichts vom Schicksal Alisans. Veronika W. erzählte ihm immer neue Lügen, wo der Junge gerade sei. Erst von der Polizei erfuhr er die Wahrheit.
Veronika W. bleibt bis zum Prozess in Untersuchungshaft.
URL: www.spiegel.de/panorama/0,1518,176032,00.html
Berlin
Neuer Liebhaber - Mutter ließ Kleinkind verhungern
Von Matthias Gebauer
Am vergangenen Samstag machten Feuerwehrleute in einer Berliner Wohnung die schreckliche Entdeckung: Inmitten von Müllbergen fanden sie die mumifizierte Leiche des zweijährigen Alisan Turan. Die inzwischen verhaftete Mutter hatte ihren Sohn in der Wohnung zurückgelassen, um zu ihrem neuen Freund zu ziehen.
Berlin - Die Ermittler der Abteilung 41 für "Delikte am Menschen" beim Berliner Landeskriminalamt (LKA) haben schon viel gesehen. Täglich beschäftigen sie sich mit schlimm zugerichteten Leichen, grausamen Morden und den rücksichtslosen Motiven der Täter - insgesamt bei rund hundert Mordfällen pro Jahr. Doch was sich die Fahnder am Samstag Abend in einer Berliner Wohnung im Stadtteil Wilmersdorf ansehen mussten, lässt so manchem noch jetzt den Atem stocken. "Vielen standen dort die Tränen in den Augen", berichtet einer der Polizisten noch hörbar ergriffen.
Die Tat der 21-jährigen Mutter Veronika W. schockiert mittlerweile die Hauptstadt. Die russischstämmige Arbeitslose gestand am Montag beim Haftrichter, dass sie ihren zweijährigen Sohn Alisan Turan W. bereits Ende November in der Zweiraumwohnung im Erdgeschoss zurück gelassen hatte, um zu ihrem neuen Freund in den Stadtteil Neukölln zu ziehen. Den Tod des Sohnes hatte sie dabei offenbar ganz bewusst mit eingeplant. Nach dem Geständnis erließ der Richter Haftbefehl wegen Mordes und Veronika W. wurde ins Untersuchungsgefängnis Moabit gebracht.
Beißender Gestank alarmierte die Nachbarn
Am Samstagabend hatten die Nachbarn aus der Wetzlarer Straße die Feuerwehr alarmiert, da sie seit Tagen einen beißenden Gestank aus der Wohnung der Mutter bemerkt und die Familie nicht mehr gesehen hatten. Als die Feuerwehrleute gegen 19 Uhr die Tür aufbrachen, fanden sie eine völlig verwahrloste Wohnung vor. "Überall auf dem Boden waren loser Müll, Essensreste und gebrauchte Windeln verteilt", berichtete ein Feuerwehrmann. Inmitten des Unrats fanden sie die zusammengekauerte Leiche des zweijährigen Alisan Turan W., die bereits mumifiziert war.
Zuerst suchte die alarmierte Polizei in dem Müll noch die Leiche der Mutter, da zu diesem Zeitpunkt noch niemand ein Verbrechen vermutete. Doch nach einer Befragung der Nachbarn wurde schnell klar, dass Veronika W. die Wohnung schon seit Wochen nicht mehr betreten hatte. Bereits Ende November hatte sie ihren Sohn dort zurückgelassen. Eine Obduktion bei der Gerichtsmedizin ergab später, dass der kleine Junge verhungert und verdurstet war. Was Alisan Turan in den Tagen, nachdem die Mutter ihn in der Wohnung zurückgelassen hatte, erleiden mussten, beschreiben Gerichtsmediziner als eine der schrecklichsten Todeskämpfe, die es gibt. Da die Mutter jedoch die Fenster der Wohnung geschlossen hatte, hörte vermutlich niemand die Schreie des Jungen.
Jeder, der nach Alisan fragte, bekam eine neue Lüge aufgetischt
Die Mutter störte der Gedanke vom langsamen Tod ihres Sohnes offenbar kaum, zumindest ließ sie es sich nicht anmerken. Auf Nachfragen ihrer Eltern, die am Stadtrand von Berlin leben, log sie mehrmals, dass es dem Junge gut gehe. Ihr neuer Freund, in dessen Wohnung sie festgenommen wurde, ahnte ebenfalls nichts vom Schicksal Alisans. Veronika W. erzählte ihm immer neue Lügen, wo der Junge gerade sei. Erst von der Polizei erfuhr er die Wahrheit.
Veronika W. bleibt bis zum Prozess in Untersuchungshaft.