HAMBURG/DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Die Telekom muss ihre Immobilien nach der Wertberichtigung von 3,9 Mrd. DM möglicherweise noch weiter abwerten. "Ich kann heute noch nicht sagen, ob 3,9 Milliarden die richtige Zahl ist. Ob es letztlich ausreicht, kann ich heute nicht definitiv sagen", sagte Finanzvorstand Karl-Gerhard Eick dem ARD-Magazin REPORT Mainz.
Verlässliche Aussagen über den tatsächlichen Immobilienwert erwarte Eick im dritten Quartal 2001 von einem neuen Gutachten der Wirtschaftsprofessoren und Bilanzexperten Karlheinz Küting und Claus-Peter Weber. "Wenn wir dieses Gutachten vorliegen haben, wissen wir, wie hoch der Abwertungsbedarf dann ist", wurde Eick vorab am Samstag zitiert. Die Sendung soll am Montagabend ausgestrahlt werden.
ABWERTUNG DER IMMOBILIEN UM WEITERE VIER BIS SECHS MILLIARDEN "PHANTASTEREIEN"
Telekom-Sprecher Ulrich Lissek wies Äußerungen des ehemaligen DeTe-Immobilien-Chefs Frerich Görts, die Immobilien könnten um weitere vier bis sechs Milliarden DM abgewertet werden, als "haltlose Phantastereien" zurück. Görts, der nach Medienberichten die Unternehmensführung um Vorstandschef Ron Sommer bereits 1998 über eine Fehlbewertung informiert haben soll, hatte REPORT Mainz weiter gesagt, er erwarte, dass die Telekom "nochmals mindestens die gleiche Menge abbewerten muss".
Die Nachrichtenmagazine "Focus" und "Der Spiegel" berichten in ihren jüngsten Ausgaben, die Konzernspitze sei bereits 1998 von der Fehlbewertung unterrichtet worden. Nach Informationen des "Spiegels" soll Görts damals Sommer und den damaligen Aufsichtsratschef Helmut Sihler informiert haben. Auch REPORT aus Mainz lägen Dokumente vor, denen zufolge die Unternehmensführung seit 1995 mehrfach auf die Ungereimtheiten aufmerksam gemacht wurde, unter anderem ein Schreiben der Konzernrevision von 1995.
Die Bonner Staatsanwaltschaft hatte vor kurzem ihre Ermittlungen zu der Fehlbewertung auf Sommer ausgeweitet. Telekom-Aktionäre hatten Strafanzeigen gegen Sommer und Sihler gestellt.
"Focus" berichtet, Görts habe den damaligen Finanzvorstand Kröske am 24. März 1998 darauf hingewiesen, dass Liegenschaften in Bonn, Düsseldorf, Köln und München um ein Fünftel überbewertet seien. Dann hätten beide mit Sommer gesprochen. In einem "streng vertraulichen Vermerk für Herrn Dr. Kröske" vom 20. April 1998, der "Focus" vorliege, habe Görts den Abschreibungsbedarf für 1998/99 auf "mindestens 1,5 bis 2,0 Milliarden Mark" beziffert.
VORWÜRFE ALS "ALTBEKANNT" ZURÜCKGEWIESEN
Telekom-Sprecher Lissek wies die "altbekannten" Vorwürfe am Samstag entschieden zurück. Der Konzern habe 1995 seine Immobilien sach- und fachgerecht bewertet. Eine Sonderprüfung habe das Vorgehen in Methodik und Werthaltigkeit bestätigt. Erst durch einen jüngsten Strategiewechsel, der einen Verkauf von Immobilien vorsieht, habe die bis dato korrekte generelle Bewertung der Immobilien durch eine Einzel-Bilanzierung der Grundstücke und Gebäude ersetzt werden müssen. Durch den geplanten Immobilienverkauf würden Grundstücke und Gebäude nun nach dem "Niederstwert-Prinzip" beurteilt, erläuterte Lissek. Das bedeute, Immobilien, die wertvoller als bisher geschätzt seien, würden ihren bisherigen Wert behalten, weniger teure aber abgewertet. (Die Berichte lagen dpa vorab in redaktioneller Fassung vor.)/rö/DP/av