Commerzbank-Chef hält Fusion noch 2004 für möglichSamstag 24 April, 2004 12:57 CET
Frankfurt (Reuters) - Commerzbank-Chef Klaus-Peter Müller hält einen Zusammenschluss seines Hauses mit einem Konkurrenzinstitut wie der Münchener HVB weiterhin noch in diesem Jahr für möglich.
"Ich kann eine Fusion nicht ausschließen, auch nicht für das laufende Jahr", bekräftigte er in einem am Samstag verbreiteten Interview der "Berliner Zeitung" (Wochenendausgabe) seine Position in dieser Frage. Müller bezeichnete es aber als vermessen, einen Zusammenschluss bereits zu versprechen. "Es ist kein Geheimnis, dass eine Fusion mit der HVB eine mögliche Option für die Zukunft sein kann. Zurzeit steht dieses Thema aber nicht an", fügte er hinzu.
Seit Monaten wird eine Verschmelzung der Commerzbank mit der Münchener Großbank HVB (HypoVereinsbank) von Branchenexperten und Börsianern als aussichtsreichste Variante auf dem deutschen Bankenmarkt diskutiert. Müller selbst hatte solche Spekulationen zuletzt mit entsprechenden Andeutungen immer wieder angeheizt. Der Chef der Nummer Drei im deutschen Bankensektor stellte in dem Interview aber auch erneut fest: "Im Moment führt die Commerzbank keine Fusions- oder Übernahmeverhandlungen."
MÜLLER: NOCH KEIN EINBLICK IN ERTRAGSKRAFT
Da viele Banken in Folge der Krise in den vergangenen Jahren jüngst noch ihre Bilanzen bereinigt hätten, sei eine umfassende Einschätzung zur Leistungsfähigkeit der Kreditinstitute noch nicht möglich. "Zunächst einmal müssen alle Banken ihre Jahresabschlüsse durch die Hauptversammlungen schicken und die Quartalszahlen berichten. Da fast alle Institute im vergangenen Jahr Sondermaßnahmen durchgeführt haben, werden wir uns erst dann einen wirklichen Einblick in die Ertragsfähigkeit der Wettbewerber verschaffen können", sagte Müller. "Alles was danach kommt, ist reine Spekulation." Die Commerzbank sei aber auch daran interessiert, ihr Geschäft durch eigene Übernahmen zu erweitern, fügte Müller mit Blick auf die Diskussion um die geforderte Privatisierung von Sparkassen in Deutschland hinzu.
HVB-Chef Dieter Rampl hat sich zur Frage nach möglichen Partnern bislang zurückgehalten, aber stets betont, dass Deutschlands zweitgrößtes Kreditinstitut national wie international bei möglichen Zusammenschlüssen und Übernahmen eine aktive Rolle spielen wolle. Der hiesige Branchenprimus Deutsche Bank wird dagegen eher mit ausländischen Konkurrenten wie dem weltgrößten Finanzkonzern Citigroup in Verbindung gebracht, dessen Führung in den vergangenen Monaten auch Kontakt mit Vorstandschef Josef Ackermann gesucht hatte. Die Gespräche waren jedoch ohne Ergebnis abgebrochen worden.
Die deutschen Großbanken sind im internationalen Vergleich zu wenig profitabel, kämpfen auf dem zersplitterten Heimatmarkt mit zu vielen Konkurrenten und haben in der Vergangenheit auch zu hohe Risiken in ihren Kreditbüchern geführt. Dies sahen einige Branchenexperten als ein Hindernis für eine Übernahme durch einen ausländischen Konkurrenten - abgesehen von der Schwierigkeit, einen Kauf etwa der Deutschen Bank durch einen internationalen Interessenten auch politisch durchzusetzen. National sehen Analysten gleichwohl keine Alternative zu mehr Kooperationen und Zusammenschlüssen.
MÜLLER GIBT BEKENNTNIS ZUM STANDORT DEUTSCHLAND
Müller gab in dem Zeitungsinterview ein Bekenntnis zum Wirtschaftsstandort Deutschland ab. Eine Verlagerung des Firmensitzes der Commerzbank jenseits der Landesgrenzen komme für ihn nicht in Betracht. "Für uns schließe ich das definitiv aus", sagte er. Für Konzerne, die kaum mehr Geschäft in Deutschland generierten, könne eine Firmensitzverlagerung zwar Sinn machen. "Ich persönlich bin aber ein Patriot und der Ansicht, dass wir die Bedingungen hier akzeptieren sollten."
Seit Monaten mahnen Verbandsvertreter der Wirtschaft und Konzernlenker in Deutschland zusätzliche Reformen etwa auf dem Arbeitsmarkt sowie Steuersenkungen an und drohen offen mit weiterem Stellenabbau hier zu Lande. Allein bei Siemens fürchten Gewerkschafter mittelfristig die Verlagerung zehntausender Stellen in so genannte Niedriglohnländer.