Tuvalu überlegt rechtliche Schritte gegen Verantwortliche für die Klimaerwärmung
Der winzige, vom Verschwinden bedrohte Inselstaat will eventuell gegen Australien und die USA vor den Internationalen Gerichtshof ziehen
Seit 1978 ist pazifische Inselstaat dem Commonwealth beigetreten. Bekannt wurde Tuvalu nicht nur, weil es seine Internetdomain .tv an das amerikanisches Unternehmen dot.tv für 50 Millionen Dollar 10 Jahre lang abgetreten hat, um die geringe Finanzkraft des winzigen Staats aufzubessern, sondern auch, weil einige seiner Inseln bereits im Meer verschwinden. Eine Pressekonferenz während der Commonwealth-Tagung, die vom 2. bis 5. März im australischen Coolum stattfindet, nutzte der tuvalesische Ministerpräsident Koloa Talake dazu, Aktionen gegen Länder und Unternehmen anzukündigen, die entscheidend für die Klimaerwärmung verantwortlich sind.
Satellitenaufnahme des Funafuti-Atolls, Tuvalu. Foto: Nasa
Tuvalu ist ein kleiner Inselstaat im Pazifik mit ungefähr 11.000 Einwohnern. Es besteht aus neun Atollen mit insgesamt 26 Quadratkilometern. Tuvalu hatte bereits die australische Regierung angefragt, Einwohner aufzunehmen, wenn die Inseln untergehen. Australien hatte diese Bitte im Juli des letzten Jahrs zurückgewiesen, danach aber selbst Tuvalu gefragt, ob der Inselstaat im Sinne der australischen Lösung des Flüchtlingsproblems nicht wie andere Länder gegen Geld Lager für Flüchtlinge einrichten lassen würde. Auf dem übervölkerten Inselstaat leben 403 Menschen pro Quadratkilometer, in Australien lediglich 2,4 Menschen. Neuseeland hat wegen der Überflutungsgefahr bereits Menschen aus Tuvalu Aufnahme gewährt.
Noch viel dramatischer als bei den wenigen Bewohnern von Tuvalu würde ein Anstieg der Meere für Bangladesch sein, das ebenfalls Mitglied des Commonwealth ist. Hier müssten Millionen von Menschen aus den Küstenregionen flüchten, wenn die Meeresoberfläche, wie von manchen vorausgesagt, um bis zu einem Meter anzusteigen. Die Umweltministerin Sajeeda Choudhury hatte vor 2 Jahren darauf hingewiesen, dass es allein in Bangladesh 20 Millionen Umweltflüchtlinge geben werde, wenn die Prognosen der Klimaerwärmung zutreffen sollten. Das eigene Land sei bereits zu dicht bevölkert, also müssten sich die Industrieländern, die für die Erwärmung hauptsächlich verantwortlich seien, auf die Aufnahme dieser Flüchtlinge einstellen.
Australien habe versucht, so Clive Hamilton, der Direktor des Australia Institute, die Diskussion der Klimaveränderung möglichst aus der Commonweath-Tagung herauszuhalten. Aus gutem Grund, denn Australien ist nach den USA der Staat mit dem höchsten Ausstoß von Treibhausgasen pro Kopf. Zudem hatte Australien am letzten Mittwoch gerade ein Abkommen mit den USA geschlossen, um die Ablehnung des Kyoto.Abkommens zu zementieren, an dem man, wie der australische Umweltminister fast schon zynisch sagt, zusammen mit der US-Regierung "konstruktiv" gearbeitet habe. Man wolle zwar angeblich die im Kyoto-Abkommen anvisierten Ziele erfüllen, aber im Stil der US-Regierung sollen keine Verpflichtungen eingegangen werden. Anstatt zu fallen, steigt in Australien die Abgabe an Treibhausgasen.
Wie Koloa Talake auf einer Pressekonferenz ausführte, gehe es nicht mehr um mögliche Auswirkungen der Klimaerwärmung oder um die wissenschaftliche Frage, ob sie überhaupt stattfindet oder nicht, sondern Tuvalu sei ein wirklicher Beweis für die direkten Folgen der globalen Erwärmung. Sie habe bereits einige Inseln wie die Croker Islands versinken lassen. Zudem seien Überflutungen sehr häufig, die die Felder und Bäume zerstören. Auf die Frage, wie er über die Haltung der australischen Regierung denke, die die Folgen globaler Erwärmung anhand der durchschnittlichen und nicht der extremen Meereshöhen beurteilen will, sagte er:
"Richtig. Australien verlässt sich auf Beweise, und das ist der Grund, warum es keine Erhöhung der Meereshöhe gibt. ... Ich denke, die Meereshöhe steigt. Und dann gibt es die wirklich harten existenziellen Fakten, die wir erleben: Inseln verschwinden, es gibt Überflutungen, das Klima verändert sich, Strände werden zu Meeren. Sollten wir nicht der Meinung sein, dass das gute Indikatoren sind?"
Talake kündigte an, zusammen mit den Malediven und Kiribati, zwei weiteren bedrohten Inselstaaten und gleichfalls Commonwealth-Mitgliedern, gegen die Hauptverschmutzer vorgehen zu wollen. Um auch ein positives Zeichen zu setzen, hat Tuvalu zwei Firmen beauftragt, ein umweltfreundliches Energiesystem für den Inselstaat zu entwickeln, das auch für andere Länder brauchbar sein soll, um die Abgabe von Treibhausgasen weitestgehend zu senken. Zudem wurden ein australisches und ein US-amerikanisches Anwaltsbüro beauftragt herauszufinden, welche rechtlichen Schritte gegen Staaten und Unternehmen wie Energie- oder Automobilkonzerne möglich seien. Dabei wird an Australien im Speziellen, aber auch an alle Industriestaaten gedacht.
Nach Talake wird überlegt, vor den Internationalen Gerichtshof zu ziehen. Ob Chancen bestehen, die USA vor den Gerichtshof zu zitieren, darf bezweifelt werden, denn die USA haben sich - wie beispielsweise auch Deutschland - der Rechtssprechung des Gerichts nicht unterworfen. Im Fall von Australien sieht dies anders aus, da es zusammen mit 63 weiteren Staaten erklärt hat, die Urteile des Gerichts bedingungslos anzuerkennen. Man könnte sich aber auch an die WTO wenden, da die Staaten, die ihren Treibhausgasausstoß nicht reduzieren, wirtschaftliche Vorteile hätten.
Clive Hamilton vom Australia Institute sagt, dass Tuvalu damit nur ein fundamentales Rechtsprinzip anwende: "Wenn einem jemand etwas antut, dann sollte man in der Lage sein, den Aggressor von weiteren Taten abzuhalten und Wiedergutmachung zu suchen." Hamilton glaubt, dass auch das von Australien und der USA unterzeichnete Internationale Abkommen über bürgerliche und politische Rechte eine Möglichkeit für Tuvalu bieten könnte, da hier geächtet wird, Menschen ihrer Lebensgrundlagen zu berauben ("In no case may a people be deprived of its own means of subsistence"). Das aber sei der Fall, wenn die Inseln von Tuvalu aufgrund unterlassener Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgase überschwemmt würden.
Der winzige, vom Verschwinden bedrohte Inselstaat will eventuell gegen Australien und die USA vor den Internationalen Gerichtshof ziehen
Seit 1978 ist pazifische Inselstaat dem Commonwealth beigetreten. Bekannt wurde Tuvalu nicht nur, weil es seine Internetdomain .tv an das amerikanisches Unternehmen dot.tv für 50 Millionen Dollar 10 Jahre lang abgetreten hat, um die geringe Finanzkraft des winzigen Staats aufzubessern, sondern auch, weil einige seiner Inseln bereits im Meer verschwinden. Eine Pressekonferenz während der Commonwealth-Tagung, die vom 2. bis 5. März im australischen Coolum stattfindet, nutzte der tuvalesische Ministerpräsident Koloa Talake dazu, Aktionen gegen Länder und Unternehmen anzukündigen, die entscheidend für die Klimaerwärmung verantwortlich sind.
Satellitenaufnahme des Funafuti-Atolls, Tuvalu. Foto: Nasa
Tuvalu ist ein kleiner Inselstaat im Pazifik mit ungefähr 11.000 Einwohnern. Es besteht aus neun Atollen mit insgesamt 26 Quadratkilometern. Tuvalu hatte bereits die australische Regierung angefragt, Einwohner aufzunehmen, wenn die Inseln untergehen. Australien hatte diese Bitte im Juli des letzten Jahrs zurückgewiesen, danach aber selbst Tuvalu gefragt, ob der Inselstaat im Sinne der australischen Lösung des Flüchtlingsproblems nicht wie andere Länder gegen Geld Lager für Flüchtlinge einrichten lassen würde. Auf dem übervölkerten Inselstaat leben 403 Menschen pro Quadratkilometer, in Australien lediglich 2,4 Menschen. Neuseeland hat wegen der Überflutungsgefahr bereits Menschen aus Tuvalu Aufnahme gewährt.
Noch viel dramatischer als bei den wenigen Bewohnern von Tuvalu würde ein Anstieg der Meere für Bangladesch sein, das ebenfalls Mitglied des Commonwealth ist. Hier müssten Millionen von Menschen aus den Küstenregionen flüchten, wenn die Meeresoberfläche, wie von manchen vorausgesagt, um bis zu einem Meter anzusteigen. Die Umweltministerin Sajeeda Choudhury hatte vor 2 Jahren darauf hingewiesen, dass es allein in Bangladesh 20 Millionen Umweltflüchtlinge geben werde, wenn die Prognosen der Klimaerwärmung zutreffen sollten. Das eigene Land sei bereits zu dicht bevölkert, also müssten sich die Industrieländern, die für die Erwärmung hauptsächlich verantwortlich seien, auf die Aufnahme dieser Flüchtlinge einstellen.
Australien habe versucht, so Clive Hamilton, der Direktor des Australia Institute, die Diskussion der Klimaveränderung möglichst aus der Commonweath-Tagung herauszuhalten. Aus gutem Grund, denn Australien ist nach den USA der Staat mit dem höchsten Ausstoß von Treibhausgasen pro Kopf. Zudem hatte Australien am letzten Mittwoch gerade ein Abkommen mit den USA geschlossen, um die Ablehnung des Kyoto.Abkommens zu zementieren, an dem man, wie der australische Umweltminister fast schon zynisch sagt, zusammen mit der US-Regierung "konstruktiv" gearbeitet habe. Man wolle zwar angeblich die im Kyoto-Abkommen anvisierten Ziele erfüllen, aber im Stil der US-Regierung sollen keine Verpflichtungen eingegangen werden. Anstatt zu fallen, steigt in Australien die Abgabe an Treibhausgasen.
Wie Koloa Talake auf einer Pressekonferenz ausführte, gehe es nicht mehr um mögliche Auswirkungen der Klimaerwärmung oder um die wissenschaftliche Frage, ob sie überhaupt stattfindet oder nicht, sondern Tuvalu sei ein wirklicher Beweis für die direkten Folgen der globalen Erwärmung. Sie habe bereits einige Inseln wie die Croker Islands versinken lassen. Zudem seien Überflutungen sehr häufig, die die Felder und Bäume zerstören. Auf die Frage, wie er über die Haltung der australischen Regierung denke, die die Folgen globaler Erwärmung anhand der durchschnittlichen und nicht der extremen Meereshöhen beurteilen will, sagte er:
"Richtig. Australien verlässt sich auf Beweise, und das ist der Grund, warum es keine Erhöhung der Meereshöhe gibt. ... Ich denke, die Meereshöhe steigt. Und dann gibt es die wirklich harten existenziellen Fakten, die wir erleben: Inseln verschwinden, es gibt Überflutungen, das Klima verändert sich, Strände werden zu Meeren. Sollten wir nicht der Meinung sein, dass das gute Indikatoren sind?"
Talake kündigte an, zusammen mit den Malediven und Kiribati, zwei weiteren bedrohten Inselstaaten und gleichfalls Commonwealth-Mitgliedern, gegen die Hauptverschmutzer vorgehen zu wollen. Um auch ein positives Zeichen zu setzen, hat Tuvalu zwei Firmen beauftragt, ein umweltfreundliches Energiesystem für den Inselstaat zu entwickeln, das auch für andere Länder brauchbar sein soll, um die Abgabe von Treibhausgasen weitestgehend zu senken. Zudem wurden ein australisches und ein US-amerikanisches Anwaltsbüro beauftragt herauszufinden, welche rechtlichen Schritte gegen Staaten und Unternehmen wie Energie- oder Automobilkonzerne möglich seien. Dabei wird an Australien im Speziellen, aber auch an alle Industriestaaten gedacht.
Nach Talake wird überlegt, vor den Internationalen Gerichtshof zu ziehen. Ob Chancen bestehen, die USA vor den Gerichtshof zu zitieren, darf bezweifelt werden, denn die USA haben sich - wie beispielsweise auch Deutschland - der Rechtssprechung des Gerichts nicht unterworfen. Im Fall von Australien sieht dies anders aus, da es zusammen mit 63 weiteren Staaten erklärt hat, die Urteile des Gerichts bedingungslos anzuerkennen. Man könnte sich aber auch an die WTO wenden, da die Staaten, die ihren Treibhausgasausstoß nicht reduzieren, wirtschaftliche Vorteile hätten.
Clive Hamilton vom Australia Institute sagt, dass Tuvalu damit nur ein fundamentales Rechtsprinzip anwende: "Wenn einem jemand etwas antut, dann sollte man in der Lage sein, den Aggressor von weiteren Taten abzuhalten und Wiedergutmachung zu suchen." Hamilton glaubt, dass auch das von Australien und der USA unterzeichnete Internationale Abkommen über bürgerliche und politische Rechte eine Möglichkeit für Tuvalu bieten könnte, da hier geächtet wird, Menschen ihrer Lebensgrundlagen zu berauben ("In no case may a people be deprived of its own means of subsistence"). Das aber sei der Fall, wenn die Inseln von Tuvalu aufgrund unterlassener Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgase überschwemmt würden.