Tschakka

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Tschakka

 
21.05.02 07:13
Die schlichten Botschaften der Motivationstrainer

"Befreie dich selbst" und "Alles ist möglich", viel Pathos und Tschakka: Mit einer Sturzflut pompöser Rhetorik wollen Psychotrainer Arbeitnehmern Erfolg verkaufen. Durch spektakuläre Pleiten sind die brüllenden und hampelnden Gurus allerdings ins Gerede gekommen.

Er ließ Fußball-Profis und Manager über Scherben laufen, lockte Zehntausende in Veranstaltungshallen und wurde zum Bestsellerautor ("Sag ja zum Erfolg", "Sprenge deine Grenzen", "Träume nicht den Leben, sondern lebe deinen Traum"). Jürgen Höller, vor kurzem noch der einer der umsatzstärksten Motivationstrainer in ganz Europa, verdiente sein Geld als Verkäufer schlichter Botschaften. Die liefen im Kern stets auf eines hinaus: "Alles ist möglich." Dafür strich Höller Tagesgagen von bis zu 18.000 Euro ein.
 
Mehr Lärm als Substanz: Weiterbildungs-Experten halten wenig von den Erfolgsformeln der Gurus


Was der gelernte Speditionskaufmann aber niemals für möglich gehalten hätte, ist eingetreten: Jürgen Höller ist als Unternehmer gescheitert, musste Anfang des Jahres einen Insolvenzantrag für seine Höller Inline AG in Schweinfurt anmelden. Die wollte der 38-Jährige an die Börse bringen, und in gut zehn Jahren sollte daraus ein Seminarkonzern entstehen, der eine halbe Milliarde Euro im Jahr erwirtschaftet.

Doch dann kam der Crash. Alle, die Höller für gelinde gesagt einen Aufschneider hielten, sahen sich bestätigt. Auch wenn der zwischenzeitlich kleinlaute Oberpfälzer wieder tönt: "Ich werde auch in der Krise beweisen, dass ich der beste Motivationstrainer Deutschlands bin." Will er nicht seinen allerletzten Kredit verspielen, muss er sich an seinen Worten messen lassen. So verkündete Höller immer wieder: "Wenn einer von Erfolg spricht, dann muss er auch selber welchen haben."

Und schon ist Höller zurück im Geschäft

Schnell kehrte der Großmotivator zurück: Seine neue "Your Life Direktvertriebs GmbH", vorgestellt am Samstag, wirbt mit der Vision "bezahlbare Fortbildung für jedermann", verspricht den Teilnehmern "von Anfang an hohe Umsätze und Provisionen" und ein "sehr interessantes Zusatzeinkommen". Rund neun Millionen Euro hatte Höller mit seiner Inline AG verspielt und auch die Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen.

Vor Höller war schon Vera Birkenbihl mit ihrer Firma Addbrain und dem ambitionierten Konzept gescheitert, Erfolgstraining für die Masse zu zelebrieren. Motivation auf breiter Ebene: Auf Foren mit mehreren tausend Teilnehmern, auf Tonträgern, in Büchern und Seminaren wollte die Weiterbildungsfirma den Erfolg zum erfolgsbereiten Menschen bringen.

Zahlreiche Motivationstrainer produzieren viel Schaum, bieten aber wenig Substanz, monieren Kritiker. "Seminar-Events mit Tschakka-Schreien und Feuerläufen kann man getrost als Rauchbomben bezeichnen. Sie sind vielleicht ganz unterhaltsam, aber langfristige Effekte haben sie keine. Außer auf dem Bankkonto der Kursanbieter", so Unternehmensberaterin Jutta Greis in der "Süddeutschen Zeitung". Die Kulturwissenschaftlerin hat sich eingehend mit der Arbeitsweise von Motivationstrainern befasst.

Die sind nicht nur auf der Bühne oder in Seminaren präsent, sondern werfen auch Tausende von Tonträgern auf den Markt. Für den Berufstätigen, der wenig Zeit, aber das Gefühl hat, etwas für die persönliche Entwicklung tun zu müssen, kommen CDs und Kassetten gerade recht. Ein bisschen Erfolgsbeschwörung im Stau oder ein paar aufmunternde Worte auf der morgendlichen Fahrt ins Büro - "alles ist möglich", hört man Höller schon wieder rufen.

"Geistige Fastfood-Kultur"

Jutta Greis bezeichnet diese kurzen Aufmunterungen durch das Anhören positiver Texte als "geistige Schokoriegel- oder Fastfood-Kultur". Seriöse Weiterbildungsanbieter wüssten dagegen, dass man das Leben eines Menschen nicht von einem Tag auf den anderen umkrempeln kann. Der Konsum solcher Schnellprogramme bietet manchem auch nur ein Alibi. Es vermittle "das beruhigende Gefühl, man habe etwas für die Weiterbildung und für seine Karriere getan", so Greis.

Wer sich tatsächlich Motivation für den Job und Honig für den persönlichen Erfolg holen will, sollte sich vorher intensiv über Anbieter und Inhalte solcher Seminare informieren - und nicht auf zu profane Ankündigungen hereinfallen. Es sollte stutzig machen, wenn Veranstaltungen unglaubwürdige Erfolge versprechen und komplett auf einen "Guru" zugeschnitten sind.

Auch undifferenzierte Programme, die gleichzeitig sowohl die frustrierte Supermarkt-Verkäuferin als auch den erfolgshungrigen Top-Manager ansprechen, erscheinen problematisch. Vorsicht auch vor Pauschalthesen und Patentlösungen. Siehe oben: "Alles ist möglich."

Allmachtsphantasien führen ins Abseits

Die Münchner Psychologin und Journalistin Bärbel Schwertfeger kämpft seit Jahren gegen die Verkäufer der plumpen Motivationsmasche. In vielen Artikeln und in ihrem Buch "Der Griff nach der Psyche" hat sie die Strickmuster der Manipulateure aufgezeigt. Und sie scheut sich auch nicht, vor laufender Fernsehkamera mit Leuten wie Bodo Schäfer ("In sieben Jahren zum Millionär") über dessen Arbeitsweise zu streiten.

"Diese Allmachtsphantasie ,Ich kann alles erreichen' kann bei manchen Leuten schnell ins Aus führen. Wenn ich heute meinen Job kündige, weil ich darauf vertraue, dass ich übermorgen Millionär sein werde, falle ich ziemlich sicher auf die Schnauze. Und die Leute haben dann noch das Gefühl, dass es an Ihnen liegt - weil sie vielleicht zu viele negative Gedanken haben", meint Schwertfeger.

Die Tatsache, dass bekannte Erfolgs- und Motivationstrainer millionenfach Bücher verkaufen und große Hallen füllen, zeigt aber auch, dass ein Bedürfnis nach solchen Angeboten besteht. "Breiten Bevölkerungsschichten wird das Thema ,Weiterbildung' näher gebracht und sie werden motiviert, an sich zu arbeiten. Das ist positiv zu werten", bemerkt der Geschäftsführer einer Bildungsfirma. Nur: Bei den hohen Teilnehmerzahlen und angesichts der Inhalte sei es nicht möglich, dass jeder Einzelne lernt, wie er neues Wissen in konkretes Handeln umsetzen kann.

Von Max Bücker, Jobpilot.de


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