Das wahre Gesicht
Rechtsradikale freuen sich offen über Anschläge auf die USA.
Von Annette Ramelsberger
(SZ vom 20.9.2001) - In Stralsund verbrennen Rechtsradikale Sternenbanner. Auf der Homepage des Nationalen Widerstandes – Aktionsbüro Norddeutschland stürzt das World Trade Center zusammen. Der Schriftzug darüber macht deutlich, wer nach Ansicht der Rechtsextremisten die Schuld daran trägt: „Bushfeuer in Manhattan!“
In einem rechtsgerichteten Internet-Chat überbieten sich rechte Gesinnungsgenossen in ihrem Jubel über die Anschläge in den USA: „Schöne Bilder, wirklich sehr schöne Bilder.“ – „Irgendwie macht das Hoffnung“, schreibt einer. „Genial, wie leicht das Herz der Weltherrschaft getroffen werden kann!“, sagt ein anderer und stellt die Frage: „Warum ist so eine Maschine nicht noch in den Bundestag geflogen? Schade eigentlich.“
Die deutschen Rechtsextremisten jubeln. Der Hauptfeind ist getroffen, Amerika erschüttert. Und die NPD hat alle Mühe, ihre Mannen zu dezentem Verhalten anzuhalten.
Schon hat der Vorstand intern Weisung gegeben, dass nur noch der Bundesvorstand Erklärungen zu den Anschlägen herausgibt. Da war der besonders radikale NPD-Verband von Schleswig-Holstein schon vorgeprescht.
„Schluss mit der amerikanischen Selbstherrlichkeit“ hatte er gefordert und sich gefreut, dass nun auch die amerikanische Bevölkerung „Not und Leid eines Krieges“ kennen lerne.
Die Weisung des Vorstands hat auch sonst nicht viel genutzt. Ihr Vorstandsmitglied und Prozessbevollmächtigter Horst Mahler veröffentlicht auf seiner Homepage die Erklärungen des rechtsradikalen Deutschen Kollegs. Und da ist dann kein Zweifel mehr möglich. Schon die Überschrift „Independence-Day Live“ spielt auf den Hollywoodfilm an, in dem Amerika nur knapp der Auslöschung durch Außerirdische entgeht.
Und der Text ist dann fein säuberlich aus dem extremistischen Setzkasten zusammengebastelt: „Der Luftschlag des noch unbekannten Todeskommandos hat das Herz dieses Ungeheuers getroffen und für einen Tag gelähmt.“ Die Anschläge auf die USA seien „ein Befreiungskrieg“, sie seien „eminent wirksam und deshalb rechtens“.
Was hilft es da noch, wenn der NPD-Vorsitzende Udo Voigt nur fordert, es dürfe kein „deutsches Blut für fremde Interessen geopfert“ werden?
Nun ermittelt der Staatsanwalt wegen Volksverhetzung, die Berliner Anwaltskammer prüft, ob Mahler die Zulassung als Anwalt entzogen werden kann. Und Innenminister Otto Schily ist erstaunt über diesen Rückenwind für die Verbotsanträge gegen die NPD. Solche Worte könnten den Verbotsantrag nur stützen, sagte Schily.
Den Sicherheitsbehörden ist angesichts solcher Radikalität allerdings mulmig zumute. Nach dem Motto „War ’ne gute Idee“ befürchten sie nun Gewalttaten von deutschen Rechten, auch wenn die nicht das Potenzial von Gotteskriegern haben.
Die nahe liegendste Befürchtung: Sie werden auf Ausländer einprügeln oder Moscheen in Brand setzen. Die Polizei bewacht gefährdete Objekte bereits stärker und bekommt dabei ungewöhnlichen Zuspruch – von der rechtsextremistischen Deutschen Volksunion.
Die sorgt sich insbesondere um den Schutz von Juden in Deutschland – allerdings aus einem sehr speziellen Grund: „Verbrecherische Provokateure und Geheimdienste“ könnten jetzt Anschläge gegen Juden inszenieren und damit „eine infernalische antideutsche Hetze auslösen“. Das sind die Sorgen der DVU.
Gruß, blindfish.
Rechtsradikale freuen sich offen über Anschläge auf die USA.
Von Annette Ramelsberger
(SZ vom 20.9.2001) - In Stralsund verbrennen Rechtsradikale Sternenbanner. Auf der Homepage des Nationalen Widerstandes – Aktionsbüro Norddeutschland stürzt das World Trade Center zusammen. Der Schriftzug darüber macht deutlich, wer nach Ansicht der Rechtsextremisten die Schuld daran trägt: „Bushfeuer in Manhattan!“
In einem rechtsgerichteten Internet-Chat überbieten sich rechte Gesinnungsgenossen in ihrem Jubel über die Anschläge in den USA: „Schöne Bilder, wirklich sehr schöne Bilder.“ – „Irgendwie macht das Hoffnung“, schreibt einer. „Genial, wie leicht das Herz der Weltherrschaft getroffen werden kann!“, sagt ein anderer und stellt die Frage: „Warum ist so eine Maschine nicht noch in den Bundestag geflogen? Schade eigentlich.“
Die deutschen Rechtsextremisten jubeln. Der Hauptfeind ist getroffen, Amerika erschüttert. Und die NPD hat alle Mühe, ihre Mannen zu dezentem Verhalten anzuhalten.
Schon hat der Vorstand intern Weisung gegeben, dass nur noch der Bundesvorstand Erklärungen zu den Anschlägen herausgibt. Da war der besonders radikale NPD-Verband von Schleswig-Holstein schon vorgeprescht.
„Schluss mit der amerikanischen Selbstherrlichkeit“ hatte er gefordert und sich gefreut, dass nun auch die amerikanische Bevölkerung „Not und Leid eines Krieges“ kennen lerne.
Die Weisung des Vorstands hat auch sonst nicht viel genutzt. Ihr Vorstandsmitglied und Prozessbevollmächtigter Horst Mahler veröffentlicht auf seiner Homepage die Erklärungen des rechtsradikalen Deutschen Kollegs. Und da ist dann kein Zweifel mehr möglich. Schon die Überschrift „Independence-Day Live“ spielt auf den Hollywoodfilm an, in dem Amerika nur knapp der Auslöschung durch Außerirdische entgeht.
Und der Text ist dann fein säuberlich aus dem extremistischen Setzkasten zusammengebastelt: „Der Luftschlag des noch unbekannten Todeskommandos hat das Herz dieses Ungeheuers getroffen und für einen Tag gelähmt.“ Die Anschläge auf die USA seien „ein Befreiungskrieg“, sie seien „eminent wirksam und deshalb rechtens“.
Was hilft es da noch, wenn der NPD-Vorsitzende Udo Voigt nur fordert, es dürfe kein „deutsches Blut für fremde Interessen geopfert“ werden?
Nun ermittelt der Staatsanwalt wegen Volksverhetzung, die Berliner Anwaltskammer prüft, ob Mahler die Zulassung als Anwalt entzogen werden kann. Und Innenminister Otto Schily ist erstaunt über diesen Rückenwind für die Verbotsanträge gegen die NPD. Solche Worte könnten den Verbotsantrag nur stützen, sagte Schily.
Den Sicherheitsbehörden ist angesichts solcher Radikalität allerdings mulmig zumute. Nach dem Motto „War ’ne gute Idee“ befürchten sie nun Gewalttaten von deutschen Rechten, auch wenn die nicht das Potenzial von Gotteskriegern haben.
Die nahe liegendste Befürchtung: Sie werden auf Ausländer einprügeln oder Moscheen in Brand setzen. Die Polizei bewacht gefährdete Objekte bereits stärker und bekommt dabei ungewöhnlichen Zuspruch – von der rechtsextremistischen Deutschen Volksunion.
Die sorgt sich insbesondere um den Schutz von Juden in Deutschland – allerdings aus einem sehr speziellen Grund: „Verbrecherische Provokateure und Geheimdienste“ könnten jetzt Anschläge gegen Juden inszenieren und damit „eine infernalische antideutsche Hetze auslösen“. Das sind die Sorgen der DVU.
Gruß, blindfish.