Tongas Hofnarr wegen Millionen-Betrugs verklagt
Über 80 Millionen Paanga-Dollar sind eine üppige Summe, vor allem für das Königreich Tonga. Umso ärgerlicher für Premier Ulakalala Lavaka, dass sich ausgerechnet der Hofnarr mit dem Geld davongemacht hat. Die gute Nachricht: Die Tongaer haben den Abtrünnigen in Amerika ausfindig gemacht. Jetzt planen sie Rache.
Nukualofa/San Francisco - Wie der "Vermögensberater Ihrer Majestät des Königs" sieht Jesse Bogdonoff wahrlich nicht aus, selbst wenn der 47-Jährige seine Narrenkappe abnimmt. Klar, er hat früher bei der Bank of America gearbeitet, aber als einfacher Angestellter. Im Nebenjob managte er damals eine Firma namens "Wellness Technology". Sie handelte unter anderem mit "magischen Magneten", die angeblich Rückenschmerzen kurieren. Bogdonoff sagt über sich selbst, er sei "Musiker, Dichter und amerikanischer Buddhist". Außerdem ist er am 1. April geboren. In einem Brief hat er einmal bedauert, dass er "bisher daraus nie Kapital schlagen konnte".
Mit seinen monetären Narreteien im ozeanischen Insel-Königreich Tonga hat Bogdonoff allem Anschein nach recht ordentlich verdient - und genau deshalb landet er nun vor Gericht in der Althippie-Metropole San Francisco. Dort hat der Inselstaat, vertreten von seinem amerikanischen Anwalt Bruce Ericson, in dieser Woche Klage gegen den Komödianten eingereicht, über den wohl kein einziger der 98.000 Tongaer mehr lacht. Denn Bogdonoff und seine Helfershelfer sollen den Staat mit betrügerischen Tricks um umgerechnet 25 Millionen US-Dollar erleichtert haben - das entspricht fast zwei Drittel der jährlichen Staatseinnahmen.
Der Skandal bahnte sich in den achtziger Jahren an, als die Tongaer ein neues, lukratives Geschäftsfeld auftaten. Das Land, das seine Einnahmen bis dato vor allem dem Kürbis-Export verdankte, begann, mit Staatsangehörigkeiten zu handeln. Massenweise verkaufte die Regierung Tonga-Pässe an reiche Hongkong-Chinesen, die sich angesichts der Übernahme ihrer Stadt durch die Pekinger Kommunisten mit Exilgedanken trugen. Zu den Käufern gehörte aber auch das philippinische Diktatoren-Pärchen Ferdinand und Imelda Marcos. Zwischen 1983 und 1991 flossen so über 30 Millionen Dollar in die Tongaer Staatskasse.
Nun hat das Königreich Tonga zwar einige Musiker hervorgebracht - der bekannteste ist der Gitarre spielende König, Taufa'ahau Tupou IV. - aber wenige Asset Manager von Weltrang. Obendrein misstraute seine Majestät der eigenen Regierung und wollte das Geld auf keinen Fall in Reichweite der Minister lassen. Die hätten mit den Millionen eh nur Straßen gebaut, hieß die Begründung. Und Fähren wären in einem Land, das aus 170 Inseln besteht, wohl dringlicher gewesen.
So landete das Geld im Ausland, bei der Bank of America, Zweigstelle San Francisco, ausgerechet unter den Augen Bogdonoffs. Er mag nicht schlecht gestaunt haben darüber, dass der König das Geld auf einem Girokonto mit minimaler Verzinsung geparkt hatte. Also ging der Banker auf den König zu, kündigte seinen Job und bewarb sich statt dessen als königlicher Vermögensmanager. Auch Merrill Lynch, das größte Brokerhaus Amerikas, buhlte im Mai 1999 zusammen mit Wells Fargo um den Zuschlag. Aus Gründen, die die Anklageschrift im Dunkeln lässt, guckte das New Yorker Institut in die Röhre. Vielleicht, weil Bogdonoff schon im April 1999 auf eigenen Vorschlag zum offiziellen Hofnarr des Königreichs ernannt worden war. Ein weltweit einmaliger Posten.
In der Folge beschloss der Hofnarr-Finanzberater-Musiker-Buddhist Bogdonoff, die Millionen in drei Firmen zu stecken. Dass die erste davon, die Millenium Asset Management, in Las Vegas ansässig war, hätte König Taufa'ahau eigentlich misstrauisch stimmen sollen. Ebenso wie das Detail, dass ein gewisser H.V Hiatt gleichzeitig als Präsident, Generalsekretär, Kassenwart, Vertreter und Vermögensmanager der Firma, die mit Lebensversicherungspolicen handelte, ins Geschäftsregister des Staates Nevada eingetragen war. Den Rest des Geldes steckte Bogdnoff in die Energiefirma Trinity Flywheel und in ein obskures, inzwischen bankrottes Dot.Com-Unternehmen namens FilmAxis.com. Von den 25 investierten Millionen sind nur noch zwei übrig, klagen die Tongaer. Bogdonoff aber soll mit Komplizen Millionen an Gebühren, Kommissionen und Abschlägen eingesteckt haben.
In dem Inselreich nördlich von Neuseeland hat der Fall ein veritables politisches Erdbeben ausgelöst. Regierung, Königsfamilie und das immer noch von Adligen dominierte Parlament stehen unter Dauerbeschuss durch die demokratischen Kräfte, die den ganzen Fall ans Licht gebracht haben. Zwei Minister sind inzwischen zurückgetreten. "Bogdonoff war weit mehr als der Hofnarr des Königs. Er hat uns alle zum Gespött gemacht", empört sich Mateni Tapueluelu, Redakteur bei der antimonarchistischen "Tonga Times".
Der mutmaßliche Übeltäter sitzt derweil in seinem Haus in Penngrove, Sonoma County, und echauffiert sich über die Anklage und die Tatsache, dass er davon zuerst aus der Presse erfahren habe. Dass er Millionen in den Sand gesetzt hat, sei nur halb wahr. Am Anfang hätten sich die Investments gar nicht so schlecht entwickelt. Als der Wert zu fallen begann, habe er Alarm geschlagen, einen Notfallplan vorgeschlagen und mit den Tongaern verhandeln wollen. Die aber hätten nicht zugehört und er sei Opfer eines Intrigenspiels zwischen rivalisierenden Flügeln der Königsfamilie geworden. Überhaupt fühlt sich Bogdonoff von den Tongaern verkannt. Es gebe sogar Bürger des Inselreichs, klagt er, die wollten, dass er "lebendig begraben oder wie ein Schwein gekocht wird". Damit er zu seinem Recht kommt, wolle er jetzt eine Gegenklage einreichen. Wegen Rufschädigung.
Matthias Streitz
Über 80 Millionen Paanga-Dollar sind eine üppige Summe, vor allem für das Königreich Tonga. Umso ärgerlicher für Premier Ulakalala Lavaka, dass sich ausgerechnet der Hofnarr mit dem Geld davongemacht hat. Die gute Nachricht: Die Tongaer haben den Abtrünnigen in Amerika ausfindig gemacht. Jetzt planen sie Rache.
Nukualofa/San Francisco - Wie der "Vermögensberater Ihrer Majestät des Königs" sieht Jesse Bogdonoff wahrlich nicht aus, selbst wenn der 47-Jährige seine Narrenkappe abnimmt. Klar, er hat früher bei der Bank of America gearbeitet, aber als einfacher Angestellter. Im Nebenjob managte er damals eine Firma namens "Wellness Technology". Sie handelte unter anderem mit "magischen Magneten", die angeblich Rückenschmerzen kurieren. Bogdonoff sagt über sich selbst, er sei "Musiker, Dichter und amerikanischer Buddhist". Außerdem ist er am 1. April geboren. In einem Brief hat er einmal bedauert, dass er "bisher daraus nie Kapital schlagen konnte".
Mit seinen monetären Narreteien im ozeanischen Insel-Königreich Tonga hat Bogdonoff allem Anschein nach recht ordentlich verdient - und genau deshalb landet er nun vor Gericht in der Althippie-Metropole San Francisco. Dort hat der Inselstaat, vertreten von seinem amerikanischen Anwalt Bruce Ericson, in dieser Woche Klage gegen den Komödianten eingereicht, über den wohl kein einziger der 98.000 Tongaer mehr lacht. Denn Bogdonoff und seine Helfershelfer sollen den Staat mit betrügerischen Tricks um umgerechnet 25 Millionen US-Dollar erleichtert haben - das entspricht fast zwei Drittel der jährlichen Staatseinnahmen.
Der Skandal bahnte sich in den achtziger Jahren an, als die Tongaer ein neues, lukratives Geschäftsfeld auftaten. Das Land, das seine Einnahmen bis dato vor allem dem Kürbis-Export verdankte, begann, mit Staatsangehörigkeiten zu handeln. Massenweise verkaufte die Regierung Tonga-Pässe an reiche Hongkong-Chinesen, die sich angesichts der Übernahme ihrer Stadt durch die Pekinger Kommunisten mit Exilgedanken trugen. Zu den Käufern gehörte aber auch das philippinische Diktatoren-Pärchen Ferdinand und Imelda Marcos. Zwischen 1983 und 1991 flossen so über 30 Millionen Dollar in die Tongaer Staatskasse.
Nun hat das Königreich Tonga zwar einige Musiker hervorgebracht - der bekannteste ist der Gitarre spielende König, Taufa'ahau Tupou IV. - aber wenige Asset Manager von Weltrang. Obendrein misstraute seine Majestät der eigenen Regierung und wollte das Geld auf keinen Fall in Reichweite der Minister lassen. Die hätten mit den Millionen eh nur Straßen gebaut, hieß die Begründung. Und Fähren wären in einem Land, das aus 170 Inseln besteht, wohl dringlicher gewesen.
So landete das Geld im Ausland, bei der Bank of America, Zweigstelle San Francisco, ausgerechet unter den Augen Bogdonoffs. Er mag nicht schlecht gestaunt haben darüber, dass der König das Geld auf einem Girokonto mit minimaler Verzinsung geparkt hatte. Also ging der Banker auf den König zu, kündigte seinen Job und bewarb sich statt dessen als königlicher Vermögensmanager. Auch Merrill Lynch, das größte Brokerhaus Amerikas, buhlte im Mai 1999 zusammen mit Wells Fargo um den Zuschlag. Aus Gründen, die die Anklageschrift im Dunkeln lässt, guckte das New Yorker Institut in die Röhre. Vielleicht, weil Bogdonoff schon im April 1999 auf eigenen Vorschlag zum offiziellen Hofnarr des Königreichs ernannt worden war. Ein weltweit einmaliger Posten.
In der Folge beschloss der Hofnarr-Finanzberater-Musiker-Buddhist Bogdonoff, die Millionen in drei Firmen zu stecken. Dass die erste davon, die Millenium Asset Management, in Las Vegas ansässig war, hätte König Taufa'ahau eigentlich misstrauisch stimmen sollen. Ebenso wie das Detail, dass ein gewisser H.V Hiatt gleichzeitig als Präsident, Generalsekretär, Kassenwart, Vertreter und Vermögensmanager der Firma, die mit Lebensversicherungspolicen handelte, ins Geschäftsregister des Staates Nevada eingetragen war. Den Rest des Geldes steckte Bogdnoff in die Energiefirma Trinity Flywheel und in ein obskures, inzwischen bankrottes Dot.Com-Unternehmen namens FilmAxis.com. Von den 25 investierten Millionen sind nur noch zwei übrig, klagen die Tongaer. Bogdonoff aber soll mit Komplizen Millionen an Gebühren, Kommissionen und Abschlägen eingesteckt haben.
In dem Inselreich nördlich von Neuseeland hat der Fall ein veritables politisches Erdbeben ausgelöst. Regierung, Königsfamilie und das immer noch von Adligen dominierte Parlament stehen unter Dauerbeschuss durch die demokratischen Kräfte, die den ganzen Fall ans Licht gebracht haben. Zwei Minister sind inzwischen zurückgetreten. "Bogdonoff war weit mehr als der Hofnarr des Königs. Er hat uns alle zum Gespött gemacht", empört sich Mateni Tapueluelu, Redakteur bei der antimonarchistischen "Tonga Times".
Der mutmaßliche Übeltäter sitzt derweil in seinem Haus in Penngrove, Sonoma County, und echauffiert sich über die Anklage und die Tatsache, dass er davon zuerst aus der Presse erfahren habe. Dass er Millionen in den Sand gesetzt hat, sei nur halb wahr. Am Anfang hätten sich die Investments gar nicht so schlecht entwickelt. Als der Wert zu fallen begann, habe er Alarm geschlagen, einen Notfallplan vorgeschlagen und mit den Tongaern verhandeln wollen. Die aber hätten nicht zugehört und er sei Opfer eines Intrigenspiels zwischen rivalisierenden Flügeln der Königsfamilie geworden. Überhaupt fühlt sich Bogdonoff von den Tongaern verkannt. Es gebe sogar Bürger des Inselreichs, klagt er, die wollten, dass er "lebendig begraben oder wie ein Schwein gekocht wird". Damit er zu seinem Recht kommt, wolle er jetzt eine Gegenklage einreichen. Wegen Rufschädigung.
Matthias Streitz