P O L I T I K FOCUS
Tod durch fatale Fehler?
Die Flugabwehrrakete SA 3 wurde ihnen zum Verhängnis
N un soll es doch kein tragischer Unfall gewesen sein: Die in Kabul getöteten Bundeswehrsoldaten haben offenbar gravierende Fehler begangen und gegen Sicherheitsstandards verstoßen.
Bei dem tödlichen Sprengstoffunglück vor zwei Wochen seien offenbar wesentliche Sicherheitsvorschriften missachtet worden, teilte die Staatsanwaltschaft Potsdam, die mit der Aufklärung des Unfalls befasst ist, am Dienstag mit. Die Behörde berief sich auf vorläufige Erkenntnisse der Bundeswehr am Unfallort.
Am 6. März waren in Kabul zwei deutsche und drei dänische Soldaten der UN-Schutztruppe ISAF getötet und acht weitere verletzt worden. Sie hatten versucht, zwei Raketen sowjetischer Bauart durch Sprengung unschädlich zu machen. Die Sprengsätze waren jedoch vorzeitig explodiert. Generalinspekteur Harald Kujat hatte damals betont, alle Vorschriften seien eingehalten worden. Es habe sich um erfahrene, gut ausgebildete Spezialisten der Kampfmittelbeseitigung gehandelt.
Die Staatsanwaltschaft Potsdam erklärte weiter, es sei nach derzeitigem Stand klar, dass bei dem Vorgang Fehler begangen und Sicherheitsvorschriften nicht eingehalten worden seien. Geklärt werden müsse nun noch, ob diese Missachtung auch Ursache des Unglücks gewesen sei. Gegen einen in Kabul „als Verantwortlichen eingesetzten Bundeswehrangehörigen“ sei ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Dieses sei inzwischen an die Staatsanwaltschaft Lüneburg abgegeben worden, die für den Standort des Beschuldigten zuständig sei.
Zu dem Beschuldigten wollten weder die Ermittler in Potsdam noch die Staatsanwaltschaft Lüneburg nähere Angaben machen.
Scharping wenig erbaut
Der Bundesverteidigungsminister reagierte am Abend wenig erfreut auf die Veröffentlichung. Er habe sich von der Staatsanwaltschaft mehr Zurückhaltung gewünscht, sagte Rudolf Scharping auf RTL. „Ich finde, ein öffentlicher Amtsträger sollte sich sehr zurückhalten“, so der SPD-Minister. In jeder Stellungnahme könne ein Risiko der Beeinflussung oder Beeinträchtigung von Ermittlungen liegen. Der Bericht der Kommission mit „sehr vorläufigem Charakter“ könne nicht vollständig sein, da die Schwerverletzten noch nicht befragt worden seien.
„Ich kann nur großen Wert darauf legen, dass diese Ermittlungstätigkeit völlig unbehindert passiert und dass so gründlich und so vollständig wie möglich die Aufklärungsarbeit der Untersuchungskommission wie auch der Staatsanwaltschaft vorgenommen wird“, erklärte Scharping. Wann die Kommission ihren abschließenden Bericht vorlege, sei noch nicht absehbar.
Das Verteidigungsministerium hatte zwei Tage nach dem Unglück gemeinsam mit den dänischen Streitkräften ein Expertenteam zur Aufklärung nach Kabul entsandt. Ergebnisse waren bereits für vergangene Woche in Aussicht gestellt worden.