GoingPublic Kolumne: Neue Delisting-Regel ante portas - Tod dem Kleinanleger!
WOLFRATSHAUSEN (GoingPublic.de) - Die Deutsche Börse versucht sich, in Kollaboration mit dem hessischen Wirtschaftsministerium, wieder einmal im Anlegerschutz. Durch die Änderung des § 54a der Börsenordnung kann sich eine Aktiengesellschaft künftig auch ohne Abfindungsangebot an die Streubesitzaktionäre von seiner Notierung verabschieden.
Im Gegensatz zum Squeeze-out, bei dem den Anlegern der - schwieriger gewordene - Weg des Spruchstellenverfahrens bleibt, ist es für die neue Variante nicht einmal nötig, dass ein Großaktionär mehr als 95 % kontrolliert.
Die Börsennotierung stellt gemäß Gerichtsurteil einen bezifferbaren, materiellen Wert dar, für dessen Verlust der zwangsweise davon betroffene Streubesitz zu entschädigen ist. Ohne Handelsmöglichkeit sind Aktien nur mit deutlichem Abschlag veräußerbar. Mit einer Fristenlösung wollen Börse und Ministerium dem Anlegerschutz genüge tun: Nach der Ankündigung des Delistings habe der Anleger mit sechs Monaten ja hinlänglich Zeit, seine Aktien zu verkaufen. Und an wen, bitte sehr? Außer einem gierigen Großaktionär werden nur sehr wenige, hartgesottene Private Equity-Fans Geldkurse stellen, und auch diese werden nicht mehr aufwenden wollen als unvermeidbar.
Während der Galgenfrist vor dem Delisting wird es dem Großaktionär nicht schwerfallen, durch fehlende Nachrichten, verweigerte Auskünfte und gezielte Schwarzmalerei (siehe z.B. Sachsenmilch (Frankfurt: 715260.F, Nachrichten) ) Unsicherheit zu schüren. Nach dem Delisting würde ein Squeeze-out oder eine Rechtsformumwandlung billiger, da ja kein Verlust der Handelbarkeit mehr finanziell auszugleichen ist.
Wenn sich Ministeriumssprecher echauffieren, die - berechtigten - Bedenken von Aktionärsschützern hätten "mit der Realität nichts zu tun", der hat wohl noch nie mit Vorständen zu tun gehabt, die unter Aufbietung teurer Rechtsberater (die AG zahlt schließlich!) alles tun, um zu vermeiden, dass eine Information zuviel an außenstehende Aktionäre dringt. Vom Thema Geld ganz zu schweigen: Wieso enden rund 95 % aller Spruchstellenverfahren (die auch mal länger als zwölf Jahre dauern können) mit teilweise deftigen Nachbesserungen, in Extremfällen von einigen 100 %? Wurden die ursprünglichen Wertgutachten im Sinne aller Aktionäre angefertigt?
Prima Idee, liebe Börse! Wird das Unternehmen zu wertvoll, schmeißen wir den lästigen Kleinanleger durch Delisting sowie Rechtsformumwandlung oder Squeeze-out raus. Wer will, kann sich noch auf ein jahrelanges juristisches Gezerre einlassen und die Prozesskosten vorschießen. Nachdem die Filetstücke ausgegliedert sind, kann man ja wieder einen Börsengang machen und um kleine Geldanleger werben. Vielleicht haben die Gottschalks oder auch Onkel Krug noch Termine frei...? Für rosarote Finanzromantik ist am deutschen Kapitalmarkt kein Platz.
WOLFRATSHAUSEN (GoingPublic.de) - Die Deutsche Börse versucht sich, in Kollaboration mit dem hessischen Wirtschaftsministerium, wieder einmal im Anlegerschutz. Durch die Änderung des § 54a der Börsenordnung kann sich eine Aktiengesellschaft künftig auch ohne Abfindungsangebot an die Streubesitzaktionäre von seiner Notierung verabschieden.
Im Gegensatz zum Squeeze-out, bei dem den Anlegern der - schwieriger gewordene - Weg des Spruchstellenverfahrens bleibt, ist es für die neue Variante nicht einmal nötig, dass ein Großaktionär mehr als 95 % kontrolliert.
Die Börsennotierung stellt gemäß Gerichtsurteil einen bezifferbaren, materiellen Wert dar, für dessen Verlust der zwangsweise davon betroffene Streubesitz zu entschädigen ist. Ohne Handelsmöglichkeit sind Aktien nur mit deutlichem Abschlag veräußerbar. Mit einer Fristenlösung wollen Börse und Ministerium dem Anlegerschutz genüge tun: Nach der Ankündigung des Delistings habe der Anleger mit sechs Monaten ja hinlänglich Zeit, seine Aktien zu verkaufen. Und an wen, bitte sehr? Außer einem gierigen Großaktionär werden nur sehr wenige, hartgesottene Private Equity-Fans Geldkurse stellen, und auch diese werden nicht mehr aufwenden wollen als unvermeidbar.
Während der Galgenfrist vor dem Delisting wird es dem Großaktionär nicht schwerfallen, durch fehlende Nachrichten, verweigerte Auskünfte und gezielte Schwarzmalerei (siehe z.B. Sachsenmilch (Frankfurt: 715260.F, Nachrichten) ) Unsicherheit zu schüren. Nach dem Delisting würde ein Squeeze-out oder eine Rechtsformumwandlung billiger, da ja kein Verlust der Handelbarkeit mehr finanziell auszugleichen ist.
Wenn sich Ministeriumssprecher echauffieren, die - berechtigten - Bedenken von Aktionärsschützern hätten "mit der Realität nichts zu tun", der hat wohl noch nie mit Vorständen zu tun gehabt, die unter Aufbietung teurer Rechtsberater (die AG zahlt schließlich!) alles tun, um zu vermeiden, dass eine Information zuviel an außenstehende Aktionäre dringt. Vom Thema Geld ganz zu schweigen: Wieso enden rund 95 % aller Spruchstellenverfahren (die auch mal länger als zwölf Jahre dauern können) mit teilweise deftigen Nachbesserungen, in Extremfällen von einigen 100 %? Wurden die ursprünglichen Wertgutachten im Sinne aller Aktionäre angefertigt?
Prima Idee, liebe Börse! Wird das Unternehmen zu wertvoll, schmeißen wir den lästigen Kleinanleger durch Delisting sowie Rechtsformumwandlung oder Squeeze-out raus. Wer will, kann sich noch auf ein jahrelanges juristisches Gezerre einlassen und die Prozesskosten vorschießen. Nachdem die Filetstücke ausgegliedert sind, kann man ja wieder einen Börsengang machen und um kleine Geldanleger werben. Vielleicht haben die Gottschalks oder auch Onkel Krug noch Termine frei...? Für rosarote Finanzromantik ist am deutschen Kapitalmarkt kein Platz.