Aus der FTD vom 6.9.2001 www.ftd.de/chipmarkt
Chip-Branche stürzt in tiefe Krise
Von Ulrike Sosalla, New York
Die Krise der Chip-Branche hat sich im Sommer deutlich verschärft. Zugleich meldet Motorola einem technologischen Durchbruch bei der Chipherstellung.
Der weltweite Absatz von Halbleitern brach im Juli im Vergleich zum Vorjahresmonat um 37 Prozent ein. Der Branchenverband Semiconductor Industry Association (SIA) wies mit diesen Zahlen am Mittwoch den stärksten Rückgang des Chip-Absatzes in diesem Jahr aus.
Umsatz der Halbleiterindustrie
Die Schlüsselbranche des Technologiesektors steckt im schwersten Abschwung der letzten zehn Jahre. Selbst bisher optimistische Analysten wagen es nun nicht mehr, einen Zeitpunkt für eine Trendwende vorherzusagen.
Verschärfter Abschwung
Zwar verläuft das Chipgeschäft traditionell zyklisch und bewegte sich bisher im Vier-Jahres-Rhythmus auf und ab. Doch diesmal wird der Abschwung dadurch verschärft, dass der Absatz von Personalcomputern erstmals seit ihrem Marktstart vor 20 Jahren schrumpft. Knapp die Hälfte aller Chips landet in PC oder zugehörigen Geräten.
"Es gibt keine Anzeichen, dass der Markt sich stabilisiert", sagte Tim Mahon, Analyst bei Credit Suisse First Boston. Er widersprach damit dem Vorsitzenden des SIA, George Scalise, der für das vierte Quartal immerhin eine leichte Belebung der Nachfrage vorhersagt. "Es ist noch zu früh, um das sagen zu können", urteilt Mahon, "wir wissen noch nicht, ob der PC-Absatz wieder anzieht."
Lichtblick von Motorola
Eine verheißungsvolle Nachricht kam von Motorola. Der US-Konzern meldete einen technischen Durchbruch bei der Chipherstellung, der die Geschwindigkeit deutlich steigern und die Produktionskosten senken könne. Motorola gelang es nach eigenen Angaben, billiges Silizium mit dem teureren, aber schneller leitenden Galliumarsenid zu kombinieren. "Das könnte als ein wichtiger Wendepunkt in die Geschichte der Halbleiterindustrie eingehen", sagte Steve Cullen vom Marktforschungsunternehmen Cahners In-Stat der Agentur AP. Die Kosten für Chips in Glasfasernetzen und Handys könnten sinken, während die Leistung steige. Die neuen Chips sollen im Jahr 2003 auf den Markt kommen.
An den Börsen konnte die Erfolgsmeldung die aktuelle Skepsis gegenüber den großen Chipwerten nicht vertreiben. Nach den schlechten SIA-Zahlen stuften gleich mehrere Banken die Aktie des Branchenführers Intel zurück, weil sie eine Gewinnwarnung fürchten. Intel gibt am Donnerstag nach Börsenschluss einen ersten Überblick über das dritte Quartal. Die Intel-Aktie verlor im europäischen Handel zunächst mehr als fünf Prozent. An der Wall Street schloss die Aktie allerdings 1,6 Prozent im Minus An der Frankfurter Börse war die Aktie des deutschen Chiphersteller Infineon mit minus 8,1 Prozent der größte Verlierer im Dax.
Auch die Motorola-Aktie stand unter Druck. Die Investmentbank Merrill Lynch stufte das Papier von "Akkumulieren" auf "Neutral" herab, da sämtliche Absatzmärkte des Konzerns schwächer seien als erwartet. Motorola ist einer der großen Hersteller von Kommunikationschips, die in Handys und Datennetzen verwendet werden. Die Aktie verlor 6,4 Prozent auf 16,37 $
Mobilfunkausrüster unter Druck
Merrill Lynch stufte auch die Prognose für die Mobilfunkinfrastruktur im Jahr 2002 zurück, einem weiteren Schwerpunkt von Motorola. Dort erwartet die Investmentbank nun einen Umsatzrückgang um fünf Prozent, nachdem der Sektor in diesem Jahr stagniere. Diese Meldung setzte die Aktien aller großen Mobilfunkausrüster wie Nokia, Ericsson, Alcatel, Siemens und Nortel unter Druck. Der für diese Unternehmen maßgebliche Europe-Stoxx-Technologie-Index verlor 6,5 Prozent.
Immerhin nicht weiter verschlechtert hat sich das Geschäft bei Texas Instruments und National Semiconductor. Texas Instruments, der größte Hersteller von Handy-Chips, bestätigte seine Prognose für das dritte Quartal. Danach geht der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um 10 bis 15 Prozent zurück, der Verlust soll bei einigen Cent je Aktie liegen.
Rettung für Hynix
Bei National Semiconductor, das am Donnerstag Quartalszahlen nennt, halten Analysten sogar ein Ergebnis über den ursprünglichen Erwartungen für möglich. Zur Euphorie ist aber kein Anlass: Der Konzern macht Verlust und hat im Jahresvergleich 45 Prozent des Umsatzes verloren.
Rettung ist für den insolventen koreanischen Chiphersteller Hynix in Sicht. Nach Angaben der koreanischen Hanvit Bank soll nächste Woche ein Rettungsplan für das hoch verschuldete Unternehmen vorgelegt werden. Hynix ist der drittgrößte Hersteller von Speicherchips, deren Preise im jüngsten Abschwung besonders stark gefallen sind.
Chip-Branche stürzt in tiefe Krise
Von Ulrike Sosalla, New York
Die Krise der Chip-Branche hat sich im Sommer deutlich verschärft. Zugleich meldet Motorola einem technologischen Durchbruch bei der Chipherstellung.
Der weltweite Absatz von Halbleitern brach im Juli im Vergleich zum Vorjahresmonat um 37 Prozent ein. Der Branchenverband Semiconductor Industry Association (SIA) wies mit diesen Zahlen am Mittwoch den stärksten Rückgang des Chip-Absatzes in diesem Jahr aus.
Umsatz der Halbleiterindustrie
Die Schlüsselbranche des Technologiesektors steckt im schwersten Abschwung der letzten zehn Jahre. Selbst bisher optimistische Analysten wagen es nun nicht mehr, einen Zeitpunkt für eine Trendwende vorherzusagen.
Verschärfter Abschwung
Zwar verläuft das Chipgeschäft traditionell zyklisch und bewegte sich bisher im Vier-Jahres-Rhythmus auf und ab. Doch diesmal wird der Abschwung dadurch verschärft, dass der Absatz von Personalcomputern erstmals seit ihrem Marktstart vor 20 Jahren schrumpft. Knapp die Hälfte aller Chips landet in PC oder zugehörigen Geräten.
"Es gibt keine Anzeichen, dass der Markt sich stabilisiert", sagte Tim Mahon, Analyst bei Credit Suisse First Boston. Er widersprach damit dem Vorsitzenden des SIA, George Scalise, der für das vierte Quartal immerhin eine leichte Belebung der Nachfrage vorhersagt. "Es ist noch zu früh, um das sagen zu können", urteilt Mahon, "wir wissen noch nicht, ob der PC-Absatz wieder anzieht."
Lichtblick von Motorola
Eine verheißungsvolle Nachricht kam von Motorola. Der US-Konzern meldete einen technischen Durchbruch bei der Chipherstellung, der die Geschwindigkeit deutlich steigern und die Produktionskosten senken könne. Motorola gelang es nach eigenen Angaben, billiges Silizium mit dem teureren, aber schneller leitenden Galliumarsenid zu kombinieren. "Das könnte als ein wichtiger Wendepunkt in die Geschichte der Halbleiterindustrie eingehen", sagte Steve Cullen vom Marktforschungsunternehmen Cahners In-Stat der Agentur AP. Die Kosten für Chips in Glasfasernetzen und Handys könnten sinken, während die Leistung steige. Die neuen Chips sollen im Jahr 2003 auf den Markt kommen.
An den Börsen konnte die Erfolgsmeldung die aktuelle Skepsis gegenüber den großen Chipwerten nicht vertreiben. Nach den schlechten SIA-Zahlen stuften gleich mehrere Banken die Aktie des Branchenführers Intel zurück, weil sie eine Gewinnwarnung fürchten. Intel gibt am Donnerstag nach Börsenschluss einen ersten Überblick über das dritte Quartal. Die Intel-Aktie verlor im europäischen Handel zunächst mehr als fünf Prozent. An der Wall Street schloss die Aktie allerdings 1,6 Prozent im Minus An der Frankfurter Börse war die Aktie des deutschen Chiphersteller Infineon mit minus 8,1 Prozent der größte Verlierer im Dax.
Auch die Motorola-Aktie stand unter Druck. Die Investmentbank Merrill Lynch stufte das Papier von "Akkumulieren" auf "Neutral" herab, da sämtliche Absatzmärkte des Konzerns schwächer seien als erwartet. Motorola ist einer der großen Hersteller von Kommunikationschips, die in Handys und Datennetzen verwendet werden. Die Aktie verlor 6,4 Prozent auf 16,37 $
Mobilfunkausrüster unter Druck
Merrill Lynch stufte auch die Prognose für die Mobilfunkinfrastruktur im Jahr 2002 zurück, einem weiteren Schwerpunkt von Motorola. Dort erwartet die Investmentbank nun einen Umsatzrückgang um fünf Prozent, nachdem der Sektor in diesem Jahr stagniere. Diese Meldung setzte die Aktien aller großen Mobilfunkausrüster wie Nokia, Ericsson, Alcatel, Siemens und Nortel unter Druck. Der für diese Unternehmen maßgebliche Europe-Stoxx-Technologie-Index verlor 6,5 Prozent.
Immerhin nicht weiter verschlechtert hat sich das Geschäft bei Texas Instruments und National Semiconductor. Texas Instruments, der größte Hersteller von Handy-Chips, bestätigte seine Prognose für das dritte Quartal. Danach geht der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um 10 bis 15 Prozent zurück, der Verlust soll bei einigen Cent je Aktie liegen.
Rettung für Hynix
Bei National Semiconductor, das am Donnerstag Quartalszahlen nennt, halten Analysten sogar ein Ergebnis über den ursprünglichen Erwartungen für möglich. Zur Euphorie ist aber kein Anlass: Der Konzern macht Verlust und hat im Jahresvergleich 45 Prozent des Umsatzes verloren.
Rettung ist für den insolventen koreanischen Chiphersteller Hynix in Sicht. Nach Angaben der koreanischen Hanvit Bank soll nächste Woche ein Rettungsplan für das hoch verschuldete Unternehmen vorgelegt werden. Hynix ist der drittgrößte Hersteller von Speicherchips, deren Preise im jüngsten Abschwung besonders stark gefallen sind.