Prozessorgeflüster
Der Mikroprozessor wird 25 - und alle feiern mit
Mit einer 'Shockwave' erinnert Intel die Web-Gemeinde daran, daß in diesem Jahr der Mikroprozessor seinen 25. Geburtstag feiert, erblickte doch der Intel-4004-Prozessor im Jahre 1971 das Licht der Welt. Und von überall trudeln nun 'Geschenke' ein, mit vielen, vielen Hertzen.
Wer nun wirklich wann den ersten Mikroprozessor erfunden hat, ob die Ingenieure Gray W. Bone und Michael W. Cochran von Texas Instruments, Ted Hoff und/oder Frederico Faggin von Intel oder ein 'Einzelkämpfer' namens Gilbert P. Hyatt, bleibt als historisch-rechtliche Aufgabe aber der Nachwelt überlassen. Interessierte können dazu die Story aus Sicht und Feder des einen Erfinders Faggin in c't 5/92, S. 54, nachlesen.
Aber gefeiert werden kann allemal: Die Party findet unter dem Motto 'Tempo 200' statt (siehe S. 60). Intel selbst steuert dazu den 200-MHz-Pentium bei, der grob gerechnet mindestens 4004mal schneller sein dürfte als der erste 4004-Prozessor aus dem Jahre 1971. Damit man die Leistung der neuen und der nächsten (MMX-) Generation auch richtig würdigen kann, stellt Intel zugleich einen neuen Benchmark-Mix iCOMP2 vor. Dem Vernehmen nach ist es trotz erheblicher Anstrengung aber noch nicht gelungen, die iCOMP-Werte des 4004-Jubilars zu ermitteln, was möglicherweise an dessen relativ geringem Adreßbereich von 640 Byte (Byte, nicht KByte) liegt - er muß halt viel auf Trommelspeicher swappen .
200 zum 2ten
Nicht geladen, aber dennoch erschienen ist die texanische Firma Cyrix. Kaum hat Intel mit dem 200er Pentium wieder das Windows-Oberwasser erschwommen, legt Cyrix mit dem 6x86-p200+ nach. Der hat zwar hervorragende Performance-Werte - aber einen großen Pferdefuß: er läuft intern mit 150 MHz und braucht Boards mit 75-MHz-Takt. Viel Furore kann Cyrix damit (noch) nicht machen.
Zwei andere Gratulanten können mit ihren 200ern schon eher Aufmerksamkeit erregen, beide schon seit Urzeiten im Busineß: IBM und Motorola. Die Überraschung ist geglückt, hatte doch Motorola noch im April angekündigt, daß die ersten 200-MHz-Prozessoren in 0,35-µm-Technologie frühestens Ende des Jahres erwartet werden, nun verkauft Motorola schon PPC603e-Prozessoren mit 166, 180 und 200 MHz. Viel besser als erwartet sei die 0,35-Fertigung angelaufen.
Und nicht nur das, IBM hat den PPC604 mit 180 MHz im 'Volume shipment' (für 693 Dollar à 1000 Stück mit 5,8 SPECint95 und 5,0 SPECfp95). Zusammen mit Motorola verkündete IBM nun, daß der verbesserte PPC 604 - der 604e mit doppelter Cache-Größe, der bei gleichem Takt etwa 30 Prozent schneller sein soll als sein Vorgänger - bereits in wenigen Monaten erwartet wird; und natürlich mit 200 MHz.
... zum 3ten und 4ten
Apple will diesen 604e-200 so schnell wie möglich noch in diesem Jahr ihren High-End-PowerMacs einverleiben (Codename Montana: der einzige amerikanische Bundesstaat ohne Tempo-Limit). Für den Einstiegsbereich ('Instatower' zwischen 2000 und 3000 Dollar) sind die PPC603e-Versionen bis hin zu 180 MHz vorgesehen.
Auch der nächste Prozessorerfinder, Texas Instruments, wartet mit einer kleinen Sensation auf. Nein, noch nicht mit ihrem größten und geheimsten Projekt, dem binär- und sockelkompatiblen Pentium-Konkurrenten - aus sicherer Quelle wissen wir, daß die bei weitem größte TI-Arbeitsgruppe intensiv daran werkelt -, sondern mit einem ASIC, aber mit was für einem! In 0,18-µm-Technologie sollen die 'TImeline'-ASICs mit bis zu 125 Millionen Transistoren aufwarten. Das reicht, um 20 Pentiums oder einen PPRO samt 16 MByte dynamischen Speicher dort unterzubringen. Taktraten von 200 MHz sind dabei die Unterkante, 500 MHz sind angepeilt. Die Beta-Testphase für TImeline soll im dritten Quartal 1996 starten. Nebenbei wurde TI in Frankfurt von Dataquest als 'der europäische Halbleiterverkäufer des Jahres 1996' ausgezeichnet. Das ist erfreulich - dennoch herrscht bei Texas Instruments Trauer, denn der langjährige Chef Jerry Junkins ist kurz nach dieser Preisverleihung in Deutschland plötzlich am 29. Mai im Alter von 58 Jahren gestorben. Der neue erste Mann bei TI heißt jetzt Pat Weber.
Und noch zwei
Da fehlt doch noch ein Gratulant: DEC tanzt jedoch mit ihrem jetzt angepeilten 500-MHz-Prozessor auf einer anderen Party, schickt aber immerhin ihren 'starken Arm'. Der gemeinsam mit ARM entwickelte StrongARM SA-110 ist inzwischen in Mustern fertig, mit - wie sollte es anders sein - bis zu 200 MHz Takt. Für nur 49 Dollar soll er im PDA-Bereich, bei Set-top-Boxen und Druckern die anderen Konkurrenten das Fürchten lehren. Bei 230 MIPS können Intels i960 und der aktuelle Verkaufsschlager im Embedded-Bereich, Hitachi SH, nicht mithalten.
Und schließlich auch das noch: Anfang Juni stellt Intels Zukunftspartner HP neben High-End-Servern mit Pentium Pro den letzten noch allein entwickelten Superprozessor
PA8000 vor - womöglich gar mit 200 MHz. Das ist sicherlich ein großes Ereignis, aber vorher wußte HP-Chairman Lewis E. Platt nichts Platteres zu tun, als unter entsprechendem Medienrummel persönlich vom letzten Mainframe im HP-Rechenzentrum den Stecker zu ziehen.
Quelle:heise.de
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