Energie
Teures Öl läßt Anleger kalt
Der Preis für Rohöl ist so hoch wie selten zuvor. Doch während Mieter über hohe Heizkosten klagen und Autofahrer für die Tankfüllung immer tiefer in die Tasche greifen müssen, ist die Stimmung auf den Kapitalmärkten relativ gelassen.
Leichtes Rohöl der Sorte West Texas Intermediate (WTI) hat am späten Mittwoch im elektronischen Handel in New York mit 75,40 Dollar je Barrel (rund 159 Liter) ein neues Rekordhoch verzeichnet. Damit erreichte die Mitte Juni entstandene neue Aufwärtsbewegung einen vorläufigen Höhepunkt. Wenig beachtet wurde bisher, daß der Benzinpreis in New York seit der dritten Juni-Dekade fast täglich neue Rekordhöhen erklommen hat. Er gilt als die treibende Kraft für den Aufschwung bei Rohöl. Zwar sind auch die Benzinnotierungen am Donnerstag etwas zurückgefallen, doch sagen Fachleute eine weitere Verteuerung des Treibstoffs über die kommenden vier bis sechs Wochen hinweg voraus.
Ferienzeit, der Benzinpreis steigt
Begründet wird dies mit der nun auch in Europa angebrochenen Ferienzeit und dem damit steigenden Benzinbedarf. Es heißt, wie schon im vergangenen Jahr könnten die Vorräte an Benzin dies- und jenseits des Atlantik so stark abnehmen, daß die in ihren Kapazitäten begrenzten Raffinerien mit Ergänzungslieferungen nicht nachkommen. Zudem wird darauf hingewiesen, daß die Versorgungslage bei schwefelarmen, vergleichsweise leicht zu raffinierenden Ölen latent angespannt bleibt. Hauptgrund dafür sind die Lieferausfälle bei nigerianischem Öl.
Nicht zuletzt fordern die Ölmärkte einen Risikoaufschlag für den Fall, daß in diesem Jahr Wirbelstürme erneut Schäden an den Förderstätten und den Raffinerien im Golf von Mexiko anrichten. Meteorologen bezeichnen die unmittelbare Gefahr zwar als gering, sehen sie aber im August und September zunehmen. Eine Risikoprämie verdienen die Energiemärkte unverändert auch wegen des sich wieder zuspitzenden Konflikts um die nuklearen Ambitionen Irans.
Trotzdem haben sich die Aktienindizes weiter von den Verlusten erholt, die von Mai an von Konjunktursorgen ausgelöst worden waren. Möglicherweise rechnen viele Anleger nicht damit, daß sich der Ölpreis dauerhaft auf diesem hohen Niveau hält. Ausdruck dieser Haltung sind die Aktienkurse der Ölproduzenten. Im Durchschnitt liegen sie auf dem Niveau, das sie schon zu Jahresbeginn erreicht hatten, obwohl Öl heute rund 20 Prozent teurer ist.
Hoher Ölpreis wirkt wie eine Steuererhöhung
Offenbar haben die hohen Energiekosten für den Gesamtmarkt an Schrecken verloren. „Vor zwei Jahren galt ein Ölpreis von 40 Dollar als absolute Schmerzgrenze, dann waren es 50 später 60 Dollar je Barrel“, sagt Klaus Holschuh, Leiter des Research der DZ-Bank. „Die Märkte lernen vielleicht gerade, sich mit 70 Dollar abzufinden.“
Der hohe Ölpreis schöpfe Kaufkraft ab und wirke ähnlich einer Steuererhöhung. Das sei negativ für die Gewinnaussichten der Unternehmen und damit für die Aktienmärkte. Aber andererseits sei die Stimmung besonders in Deutschland gut. Trotz der zuletzt getrübten Konjunkturdaten ständen die Zeichen immer noch auf Aufschwung, insofern sei die Gelassenheit der Aktionäre, die sich in stabilen Kursen ausdrücke, nachvollziehbar.
„Derzeit konzentrieren sich die Märkte auf die Themen Konjunktur und vor allem Leitzinsen“, sagt Klaus Kaldemorgen, der bei der DWS für das Aktienfondsmanagement verantwortlich ist. In diesem Zusammenhang wirke der hohe Ölpreis nicht nur belastend. In Teilbereichen wie der Energiebranche werde sogar zusätzliche Nachfrage angeregt. Insgesamt wirkten die hohen Energiekosten zwar dämpfend, was eine Belastung für die Aktienmärkte sein könne. Aber dafür müßten die Notenbanken den dämpfenden Effekt in ihr Kalkül einbeziehen. Das könne dazu beitragen, daß die Leitzinsen in Amerika und Europa nicht mehr allzu stark steigen.
Quelle: Text: hi./ruh., F.A.Z., 07.07.2006, Nr. 155 / Seite 21
Euch,
Einsamer Samariter
Teures Öl läßt Anleger kalt
Der Preis für Rohöl ist so hoch wie selten zuvor. Doch während Mieter über hohe Heizkosten klagen und Autofahrer für die Tankfüllung immer tiefer in die Tasche greifen müssen, ist die Stimmung auf den Kapitalmärkten relativ gelassen.
Leichtes Rohöl der Sorte West Texas Intermediate (WTI) hat am späten Mittwoch im elektronischen Handel in New York mit 75,40 Dollar je Barrel (rund 159 Liter) ein neues Rekordhoch verzeichnet. Damit erreichte die Mitte Juni entstandene neue Aufwärtsbewegung einen vorläufigen Höhepunkt. Wenig beachtet wurde bisher, daß der Benzinpreis in New York seit der dritten Juni-Dekade fast täglich neue Rekordhöhen erklommen hat. Er gilt als die treibende Kraft für den Aufschwung bei Rohöl. Zwar sind auch die Benzinnotierungen am Donnerstag etwas zurückgefallen, doch sagen Fachleute eine weitere Verteuerung des Treibstoffs über die kommenden vier bis sechs Wochen hinweg voraus.
Ferienzeit, der Benzinpreis steigt
Begründet wird dies mit der nun auch in Europa angebrochenen Ferienzeit und dem damit steigenden Benzinbedarf. Es heißt, wie schon im vergangenen Jahr könnten die Vorräte an Benzin dies- und jenseits des Atlantik so stark abnehmen, daß die in ihren Kapazitäten begrenzten Raffinerien mit Ergänzungslieferungen nicht nachkommen. Zudem wird darauf hingewiesen, daß die Versorgungslage bei schwefelarmen, vergleichsweise leicht zu raffinierenden Ölen latent angespannt bleibt. Hauptgrund dafür sind die Lieferausfälle bei nigerianischem Öl.
Nicht zuletzt fordern die Ölmärkte einen Risikoaufschlag für den Fall, daß in diesem Jahr Wirbelstürme erneut Schäden an den Förderstätten und den Raffinerien im Golf von Mexiko anrichten. Meteorologen bezeichnen die unmittelbare Gefahr zwar als gering, sehen sie aber im August und September zunehmen. Eine Risikoprämie verdienen die Energiemärkte unverändert auch wegen des sich wieder zuspitzenden Konflikts um die nuklearen Ambitionen Irans.
Trotzdem haben sich die Aktienindizes weiter von den Verlusten erholt, die von Mai an von Konjunktursorgen ausgelöst worden waren. Möglicherweise rechnen viele Anleger nicht damit, daß sich der Ölpreis dauerhaft auf diesem hohen Niveau hält. Ausdruck dieser Haltung sind die Aktienkurse der Ölproduzenten. Im Durchschnitt liegen sie auf dem Niveau, das sie schon zu Jahresbeginn erreicht hatten, obwohl Öl heute rund 20 Prozent teurer ist.
Hoher Ölpreis wirkt wie eine Steuererhöhung
Offenbar haben die hohen Energiekosten für den Gesamtmarkt an Schrecken verloren. „Vor zwei Jahren galt ein Ölpreis von 40 Dollar als absolute Schmerzgrenze, dann waren es 50 später 60 Dollar je Barrel“, sagt Klaus Holschuh, Leiter des Research der DZ-Bank. „Die Märkte lernen vielleicht gerade, sich mit 70 Dollar abzufinden.“
Der hohe Ölpreis schöpfe Kaufkraft ab und wirke ähnlich einer Steuererhöhung. Das sei negativ für die Gewinnaussichten der Unternehmen und damit für die Aktienmärkte. Aber andererseits sei die Stimmung besonders in Deutschland gut. Trotz der zuletzt getrübten Konjunkturdaten ständen die Zeichen immer noch auf Aufschwung, insofern sei die Gelassenheit der Aktionäre, die sich in stabilen Kursen ausdrücke, nachvollziehbar.
„Derzeit konzentrieren sich die Märkte auf die Themen Konjunktur und vor allem Leitzinsen“, sagt Klaus Kaldemorgen, der bei der DWS für das Aktienfondsmanagement verantwortlich ist. In diesem Zusammenhang wirke der hohe Ölpreis nicht nur belastend. In Teilbereichen wie der Energiebranche werde sogar zusätzliche Nachfrage angeregt. Insgesamt wirkten die hohen Energiekosten zwar dämpfend, was eine Belastung für die Aktienmärkte sein könne. Aber dafür müßten die Notenbanken den dämpfenden Effekt in ihr Kalkül einbeziehen. Das könne dazu beitragen, daß die Leitzinsen in Amerika und Europa nicht mehr allzu stark steigen.
Quelle: Text: hi./ruh., F.A.Z., 07.07.2006, Nr. 155 / Seite 21
Euch,
Einsamer Samariter