ftd.de, Di, 11.9.2001, 15:04, aktualisiert: Di, 11.9.2001, 20:41 www.ftd.de/terror
Terror-Katastrophe: Tausende von Toten in New York befürchtet
Bei dem schlimmsten Terror-Anschlag in der Geschichte der USA sind offenbar Tausende von Menschen ums Leben gekommen. Mit entführten Passagier-Flugzeugen rammten Attentäter das World Trader Center und das Pentagon.
Das Drama begann in Boston. Eine Boeing 767 der Fluggesellschaft American Airlines (AA) mit 81 Passagieren und elf Crew-Mitgliedern wurde gekidnappt. Kurz danach eine zweite Entführung: eine AA-Boeing 757, die vom Flughafen Washington Dulles gestartet war. An Bord: 58 Passagiere, sechs Crew-Mitglieder. Beide Maschinen, die eigentlich nach Los Angeles fliegen sollten, nahmen Kurs auf New York.
Gegen neun Uhr erreichten die Flugzeuge New York, steuerten auf das World Trade Center zu. CNN-Vizepräsident Sean Murtada sah die Katastrophe kommen: "Das eine Flugzeug kam tief rein, und es sah so aus, als ob es leicht schräg auftraf." Es donnerte in den Nordflügel eines der beiden Zwillingstürme. Die Maschine riss ein riesiges Loch in das obere Viertel des Wolkenkratzers. Es brach sofort ein Feuer aus. Die Trümmer flogen fünf Kilometer weit.
Explosionen erschüttern die Gebäude
Kurz danach ereignete sich eine gigantische Explosion im zweiten Zwillingsturm: Die andere entführte Maschine schlug in das Gebäude ein.
Zahlreiche Explosionen erschütterten die Gebäude. Menschen flohen in Panik. Rauchwolken stiegen in den Himmel, Flammen schlugen aus der Fassade des 110 Stockwerke hohen Gebäudes. "Ich wurde von einem riesigen Knall aus dem Schlaf gerissen", sagte die Französin Véronique Dupont, die gegenüber dem World Trade Center wohnt. "Um mich herum regnete es Metall."
Eine andere Zeugin berichtete: "Wir hörten einen Riesenknall, und dann war überall Rauch, und Menschen sprangen aus den Fenstern."
Morgan Stanley Dean Witter größter Mieter
Eine Stunde später stürzte ein Zwillingsturm ein und begrub Teile von Süd-Manhattan unter sich. 30 Minuten später brach auch der zweite Turm ein - die schlimmste Terror-Katastrophe in der Geschichte der USA. Die Behörden rechnen mit Tausenden von Toten. Man müsse sich auf "einen schrecklichen Verlust von Menschenleben" einstellen, sagte Polizeichef Howard Safir.
Wieviele Personen sich im World Trade Center aufhielten, ist noch nicht bekannt. Es öffnete um neun Uhr für den Publikumsverkehr. Bis zu 50.000 Menschen können sich dort aufhalten. In den Türmen befinden sich auch Büros sowie Hotels. Die Investmentbank Morgan Stanley Dean Witter ist der größte Mieter, gefolgt von der Hafenbehörde.
Kurz nach dem Drama in New York folgten die nächsten Anschläge. Ein drittes Flugzeug stürzte auf das Verteidigungsministerum in Washington. Es brach Feuer aus. Teile des Gebäudes stürzten ein. 20.000 Menschen wurden evakuiert.
Die Herkunft des Flugzeuges steht noch nicht eindeutig fest. Es könnte sich aber um eine Maschine der Fluggesellschaft United Airlines handeln, die als vermißt gilt. Nach Informationen des Fernsehsenders CBS versuchten Terroristen, ein zweites Flugzeug auf das Pentagon zu stürzen. Abfangjägern gelang es jedoch, die Maschine nahe Camp David "herunter zu bringen". Vor dem Außenministerium und dem Capitol explodierten Autobomben.
In Pittsburg stürzte eine weiteres Flugzeug ab. Ob dies in Zusammenhang mit der Terrorwelle geschah, stand zunächst nicht fest.
Weißes Haus evakuiert
In New York brach nach dem Terror-Akt eine Panik aus. Die Behörden begannen damit, eine Million Menschen aus Süd-Manhattan herauszubringen.
Im ganzen Land wurden Regierungsgebäude geräumt, darunter das Weiße Haus, das Capitol und die Ministerien. Die Behörden sperren alle Flughäfen sowie die Grenzen zu Mexiko und Kanada. Die Nationalgarde und das Militär wurden in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Abfangjäger kreisten über Washington.
Wer hinter dem Anschlag steht, ist noch nicht bekannt. Die Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) und die radikal-islamische Hamas stritten eine Beteiligung ab. In US-Sicherheitskreisen wurde die Vermutung laut, dass hinter der Terrorwelle der saudi-arabische Millionär Osama bin Laden stecken könnte. Der 44jährige Terroristenführer zählt zu den zehn am meisten gesuchten Männern in den USA. Er hatte nach Angaben des Chefredakteurs der arabischen Zeitung "El Kuds" vor drei Wochen einen "entscheidenden Angriff" gegen die USA angekündigt.
Sicher ist jedoch: Der Terror-Anschlag war sehr professionell geplant. Dafür spricht ausser der gleichzeitigen Entführung mehrerer Passagier-Flugzeuge auch der weitere Ablauf. Nach Ansicht von Terror-Experten wurden die Maschinen von eigens dafür ausgebildeten Piloten geflogen - und zwar weit unterhalb der Radarerfassung.
US-Präsident George W. Bush sprach von einem "offenkundigen Terroranschlag auf unser Land. Wir erleben heute eine nationale Tragödie." Bush kündigte umfassende Untersuchungen an. Die, die für diesen Anschlag verantwortlich seien, würden gejagt. Aus Geheimdienstkreisen verlautete, die Urheber seien nicht bekannt. Es handele sich aber sicher um Terror. "Das war nicht das Werk eines schlecht ausgerüsteten Feindes. Aber es ist noch zu früh, um etwas zu sagen."
Weltweit Krisenstäbe einberufen
Weltweit beriefen Regierungen Krisenstäbe ein; Israel schloß alle diplomatischen Vertretungen. Es wird befürchtet, dass der Terror-Akt in den USA der Auftakt für eine weltweite Anschlagsserie sein könnte.
Das Auswärtige Amt hat eine Not-Telefonnummer eingerichtet: 01888 - 174600
Bereits im Jahre 1993 hatten moslemische Fundamentalisten einen Bombenanschlag im World Trade Center verübt. Sechs Menschen starben, 1000 wurden verletzt. Es entstand Millionen-Sachschaden.
© 2001 Financial Times Deutschland , © Illustration: AP
Terror-Katastrophe: Tausende von Toten in New York befürchtet
Bei dem schlimmsten Terror-Anschlag in der Geschichte der USA sind offenbar Tausende von Menschen ums Leben gekommen. Mit entführten Passagier-Flugzeugen rammten Attentäter das World Trader Center und das Pentagon.
Das Drama begann in Boston. Eine Boeing 767 der Fluggesellschaft American Airlines (AA) mit 81 Passagieren und elf Crew-Mitgliedern wurde gekidnappt. Kurz danach eine zweite Entführung: eine AA-Boeing 757, die vom Flughafen Washington Dulles gestartet war. An Bord: 58 Passagiere, sechs Crew-Mitglieder. Beide Maschinen, die eigentlich nach Los Angeles fliegen sollten, nahmen Kurs auf New York.
Gegen neun Uhr erreichten die Flugzeuge New York, steuerten auf das World Trade Center zu. CNN-Vizepräsident Sean Murtada sah die Katastrophe kommen: "Das eine Flugzeug kam tief rein, und es sah so aus, als ob es leicht schräg auftraf." Es donnerte in den Nordflügel eines der beiden Zwillingstürme. Die Maschine riss ein riesiges Loch in das obere Viertel des Wolkenkratzers. Es brach sofort ein Feuer aus. Die Trümmer flogen fünf Kilometer weit.
Explosionen erschüttern die Gebäude
Kurz danach ereignete sich eine gigantische Explosion im zweiten Zwillingsturm: Die andere entführte Maschine schlug in das Gebäude ein.
Zahlreiche Explosionen erschütterten die Gebäude. Menschen flohen in Panik. Rauchwolken stiegen in den Himmel, Flammen schlugen aus der Fassade des 110 Stockwerke hohen Gebäudes. "Ich wurde von einem riesigen Knall aus dem Schlaf gerissen", sagte die Französin Véronique Dupont, die gegenüber dem World Trade Center wohnt. "Um mich herum regnete es Metall."
Eine andere Zeugin berichtete: "Wir hörten einen Riesenknall, und dann war überall Rauch, und Menschen sprangen aus den Fenstern."
Morgan Stanley Dean Witter größter Mieter
Eine Stunde später stürzte ein Zwillingsturm ein und begrub Teile von Süd-Manhattan unter sich. 30 Minuten später brach auch der zweite Turm ein - die schlimmste Terror-Katastrophe in der Geschichte der USA. Die Behörden rechnen mit Tausenden von Toten. Man müsse sich auf "einen schrecklichen Verlust von Menschenleben" einstellen, sagte Polizeichef Howard Safir.
Wieviele Personen sich im World Trade Center aufhielten, ist noch nicht bekannt. Es öffnete um neun Uhr für den Publikumsverkehr. Bis zu 50.000 Menschen können sich dort aufhalten. In den Türmen befinden sich auch Büros sowie Hotels. Die Investmentbank Morgan Stanley Dean Witter ist der größte Mieter, gefolgt von der Hafenbehörde.
Kurz nach dem Drama in New York folgten die nächsten Anschläge. Ein drittes Flugzeug stürzte auf das Verteidigungsministerum in Washington. Es brach Feuer aus. Teile des Gebäudes stürzten ein. 20.000 Menschen wurden evakuiert.
Die Herkunft des Flugzeuges steht noch nicht eindeutig fest. Es könnte sich aber um eine Maschine der Fluggesellschaft United Airlines handeln, die als vermißt gilt. Nach Informationen des Fernsehsenders CBS versuchten Terroristen, ein zweites Flugzeug auf das Pentagon zu stürzen. Abfangjägern gelang es jedoch, die Maschine nahe Camp David "herunter zu bringen". Vor dem Außenministerium und dem Capitol explodierten Autobomben.
In Pittsburg stürzte eine weiteres Flugzeug ab. Ob dies in Zusammenhang mit der Terrorwelle geschah, stand zunächst nicht fest.
Weißes Haus evakuiert
In New York brach nach dem Terror-Akt eine Panik aus. Die Behörden begannen damit, eine Million Menschen aus Süd-Manhattan herauszubringen.
Im ganzen Land wurden Regierungsgebäude geräumt, darunter das Weiße Haus, das Capitol und die Ministerien. Die Behörden sperren alle Flughäfen sowie die Grenzen zu Mexiko und Kanada. Die Nationalgarde und das Militär wurden in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Abfangjäger kreisten über Washington.
Wer hinter dem Anschlag steht, ist noch nicht bekannt. Die Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) und die radikal-islamische Hamas stritten eine Beteiligung ab. In US-Sicherheitskreisen wurde die Vermutung laut, dass hinter der Terrorwelle der saudi-arabische Millionär Osama bin Laden stecken könnte. Der 44jährige Terroristenführer zählt zu den zehn am meisten gesuchten Männern in den USA. Er hatte nach Angaben des Chefredakteurs der arabischen Zeitung "El Kuds" vor drei Wochen einen "entscheidenden Angriff" gegen die USA angekündigt.
Sicher ist jedoch: Der Terror-Anschlag war sehr professionell geplant. Dafür spricht ausser der gleichzeitigen Entführung mehrerer Passagier-Flugzeuge auch der weitere Ablauf. Nach Ansicht von Terror-Experten wurden die Maschinen von eigens dafür ausgebildeten Piloten geflogen - und zwar weit unterhalb der Radarerfassung.
US-Präsident George W. Bush sprach von einem "offenkundigen Terroranschlag auf unser Land. Wir erleben heute eine nationale Tragödie." Bush kündigte umfassende Untersuchungen an. Die, die für diesen Anschlag verantwortlich seien, würden gejagt. Aus Geheimdienstkreisen verlautete, die Urheber seien nicht bekannt. Es handele sich aber sicher um Terror. "Das war nicht das Werk eines schlecht ausgerüsteten Feindes. Aber es ist noch zu früh, um etwas zu sagen."
Weltweit Krisenstäbe einberufen
Weltweit beriefen Regierungen Krisenstäbe ein; Israel schloß alle diplomatischen Vertretungen. Es wird befürchtet, dass der Terror-Akt in den USA der Auftakt für eine weltweite Anschlagsserie sein könnte.
Das Auswärtige Amt hat eine Not-Telefonnummer eingerichtet: 01888 - 174600
Bereits im Jahre 1993 hatten moslemische Fundamentalisten einen Bombenanschlag im World Trade Center verübt. Sechs Menschen starben, 1000 wurden verletzt. Es entstand Millionen-Sachschaden.
© 2001 Financial Times Deutschland , © Illustration: AP