Telekomdienstleister in Erklärungsnot

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Telekomdienstleister in Erklärungsnot

 
13.02.02 22:29
Die Ermittlungen von Börsenaufsicht und Bundespolizei gegen den US-Glasfaserbetreiber Global Crossing lassen unter Anlegern und Investoren weltweit die Furcht wachsen, von Telekom-Dienstleistern durch kreative Buchführung über den Geschäftsverlauf getäuscht zu werden.

Nicht zu Unrecht wie Jim Crowe, Chef des Netzbetreibers Level 3, meint: "Wir werden auf Fälle stoßen von Unternehmen, die sich selbst und ihre Investoren mit leeren Tauschgeschäften an der Nase herumgeführt haben."

Am Mittwoch war es allerdings Crowe selbst, der unter Erklärungszwang stand. Level 3, das ein transatlantisches Glasfasernetz zur Übertragung großer Datenmengen betreibt, teilte mit, einen Teil des Umsatzes dadurch zu generieren, dass es Übertragungskapazitäten an Konkurrenten verkauft, von denen es selbst Leitungen mietet. Crowe bestritt allerdings, dass es sich dabei um Scheingeschäfte, so genannte "Hollow Swaps", gehandelt habe, wie sie dem Netzbetreiber Global Crossing unterstellt werden. Auch wenn mitunter kein Geld geflossen sei, sei der Tausch werthaltig gewesen und ordnungsgemäß verbucht worden, so Crowe. "Wir haben nur kleine und gute Swaps gemacht", sagte Deutschland-Chef Uwe Nickl. Tauschgeschäfte sollen rund zwei Prozent des Level-3-Umsatzes ausgemacht haben.

Furcht der Anleger wächst

Dass die Firmen aneinander Kapazitäten vermieten, ist nicht ungewöhnlich, da nicht jeder überall Kabel verlegt hat. Global Crossing wird allerdings vorgeworfen, durch Scheingeschäfte die Umsatz- und Ergebniszahlen künstlich aufgeblasen zu haben. Dabei sollen Übertragungskapazitäten an Konkurrenten langfristig "verkauft" worden sein, von denen aber im Gegenzug Kapazitäten zum gleichen Preis zurückgemietet wurden. Während der vermeintliche Verkauf aber sofort und voll als Einnahme verbucht wurde, wurden die Kosten für die Anmietung auf mehrere Jahre verteilt abgeschrieben. "Bei demjenigen, der die Bilanz dann liest, wird der Eindruck erweckt, dass die Umsätze und Erträge höher sind, als sie es tatsächlich sind", erklärt Frank Rothauge, Telekom-Analyst bei Sal. Oppenheim, der von einem "Missbrauch der Buchhaltungsregeln" sprach.

Erleichtert werden die Tricks dadurch, dass es in der Branche üblich ist, langfristige Mietpreise bei Vertragsschluss zu zahlen. Zumeist können diese sofort verbucht werden. Die US-Buchhaltungsregeln verbieten aber, dass Tauschgeschäfte als Einnahmen verbucht werden. Daher wird gegen Global Crossing und denGeschäftspartner Qwest ermittelt. Beide sollen miteinander Kapazitäten über 100 Mio. $ gehandelt haben.

Vertrauensverlust

Die durch Preisverfall und Pleiten gebeutelte Branche gerät weiter unter Druck. Die Mehrzahl der Unternehmen ist wie Level 3 darum hektisch bemüht, ihre Bilanzen offenzulegen und Geschäftsabläufe zu erklären. Andere wie Colt oder Worldcom erklärten, noch nie Tauschgeschäfte gemacht zu haben. Denn die Folgen des Vertrauensverlustes sind drastisch: Weltweit befinden sich Telekom-Aktien auf Talfahrt. Das Papier der britischen Cable & Wireless sackte am Mittwoch auf ein Zehn-JahresTief, nachdem das Unternehmen gestand, seinen Umsatz durch Tauschgeschäfte um 600 Mio. Euro gesteigert zu haben. Der Aktienkurs von KPNQwest, die 15 Prozent des Umsatzes mit Konkurrenten macht, von denen sie auch Leitungen mietet, sackte um zehn Prozent ab. Der angeschlagene Dienstleister Carrier One musste laut Vorstandschef Mike McTighe vor allem deswegen Konkurs anmelden, weil der Vertrauensverlust jedenr Rettungsversuch zum Scheitern verurteilt hatte.

ftd.de
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