Telekomausrüster: Zwischen Hoffen und Bangen

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Telekomausrüster: Zwischen Hoffen und Bangen

 
27.11.01 17:24

Telekomausrüster: (Teil 1)


Zwischen Hoffen und Bangen

von Michael Heimrich  

Die Telekomausrüster stecken in ihrer schwersten Krise. Dramatisch sinkende Aufträge, riesige Verluste im operativen Geschäft und geplatzte Fusionen ließen viele Börsenstars von gestern rasch zu Sanierungsfällen verkommen. Obendrein lastet die durch riskante Investitionen, schwache Wachstumsraten und Margenverfall im Kerngeschäft gekennzeichnete Telekommunikationsbranche wie Blei auf den Aktienkursen. Zwar haben sich die Papiere der Telekomausrüster von ihren Tiefständen inzwischen wieder erholt. Dennoch fragen sich viele Anleger besorgt: Drohen Konkurse? Oder gibt es einen Silberstreif am Horizont?

Klar ist auf jeden Fall eines: Es wird sich so manches ändern müssen in der Branche. Wie eine neue Studie von Gartner Dataquest jetzt ergab, wird für Ausrüster in Zukunft die Notwendigkeit bestehen, sich auf bestimmte Kunden und Segmente zu spezialisieren, um zu überleben. Die Studie rechnet mit einer gravierenden Veränderung bei der Ausrichtung des Produkt-Portfolios und des Marktfokuses, auch wenn die Ausrüster prinzipiell dieselben bleiben.




Die Krise hat einen Namen: UMTS


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Die zentrale Erklärung für die Branchenkrise hat vier Buchstaben: UMTS. Den schwer angeschlagenen Telekomausrüstern mangelt es auf der einen Seite an Aufträgen für Techniken der dritten Mobilfunkgeneration. Zum anderen erweist sich die Finanzierung als außerordentlich schwierig. Telekommunikationsfirmen wie Deutsche Telekom DTE.ETR, France Telecom PFTE.PSE FTE.FSE oder Vodafone VOD.ISE VOD.FSE müssen heute feststellen, dass ihre Finanzierungslücken im Zusammenhang mit dem UMTS-Standard immer größer werden. Hohe Schulden für Lizenzgebühren, milliardenschwere Investitionen in den Netzaufbau und in die Entwicklung neuer mobiler Internetdienste nehmen die Telkos daher jetzt zum Anlass, die Infrastrukturhersteller massiv unter Druck zu setzen. Aufträge werden knapp gehalten, mitunter gar storniert und oft nur noch nach Vorkasse ausgeführt, oder es werden Hardwarekooperationen mit Wettbewerbern geschlossen.




Nortel und JDS Uniphase auf Restrukturierungskurs


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Das Dilemma einer ganzen Branche lässt sich an einigen Beispielen eindrucksvoll beziffern: So fuhr der Telekomgigant Nortel Networks NT.TOR NT.NYS NNT.FSE aufgrund von Goodwillabschreibungen allein im zweiten Quartal 2001 einen Verlust von $19,4 Mrd. ein. Nortel ist mit seinen Kabel- und Glasfaser-Produkten vor allem im Festnetz-Bereich tätig und deshalb von der Investitionszurückhaltung der Telekombranche besonders betroffen. Und: Es besteht kaum Aussicht auf Besserung. Denkbar sei nun eine Übernahme durch Konkurrent Cisco, meint Oliver Caspari, Analyst vom Bankhaus Lampe. Während einige Experten sogar einen Konkurs nicht ausschließen wollen, hat Wachovia Securities Nortel deutlich von „Market Perform“ auf „Strong Buy“ heraufgestuft: Das Unternehmen lege die nötige Flexibilität für Veränderungen in der Industrie an den Tag. Nach Einschätzung der Wachovia-Analysten dürfte die Nachfrage unter anderem durch den Zwang der Telekom-Unternehmen zur Aufrechterhaltung der Netzwerke getrieben werden. Diese Entwicklung könne langfristig zusammen mit den notwendigen Restrukturierungen sogar zu einem Margenanstieg von über 30% führen. Wachovia hat die Umsatzprognose für das erste Quartal 2002 von $ 14,9 Mio. auf $ 14,5 Mio. zwar leicht gesenkt, die Gewinnschätzung jedoch positiv von $ -0,20 auf $ -0,19 reduziert.

Auch der Hersteller von Glasfaserkomponenten JDS Uniphase JDSU.NAS UNS.FSE musste aufgrund von Goodwillabschreibungen einen horrenden Jahresfehlbetrag von $ 50,6 Mrd. verbuchen. Die Restrukturierung kommt jedoch inzwischen gut voran. Obendrein verfügt JDS Uniphase über ausreichend hohe liquide Mittel. Trotz eines überraschend schlechten Ergebnisses im abgelaufenen Quartal hat Roth Capital in einer Ersteinschätzung JDS Uniphase mit einem "Buy"-Rating versehen.




Lucent: Weniger Sparten – Cash für die Rettung?


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Noch im vorigen Jahr schien der Bedarf an Bandbreite für den explosionsartig gestiegenen Datentransfer nahezu unbegrenzt. Doch nachdem der Internethype zum raschen Ausbau weltumspannender Verbindungen geführt hatte, bleibt inzwischen angesichts hoher Überkapazitäten bei Hochgeschwindigkeitsnetzen ein Großteil des Leistungsvermögens ungenutzt. Ein weiteres Problem der Branche: In der jüngeren Vergangenheit haben sich für einige Telekomausrüster sogenannte Lieferantenkredite als sehr problematisch herausgestellt.

So geriet der einstige Börsenliebling Lucent Technologies LU.NYS LUC.FSE aufgrund hohen Abschreibungsbedarfs in eine bedrohliche Schieflage. Das US-Unternehmen hatte einigen hoch verschuldeten Kunden einen Kreditrahmen von $ 6,7 Mrd. eingeräumt. Rund ein Viertel dieser Kredite stellte sich bis zum Stichtag 30. Juni jedoch als "faul" heraus. Dann scheiterte auch noch eine Fusion mit dem ebenfalls schwer angeschlagenen französischen Telekomausrüster Alcatel PCGE.PSE CGE.FSE. Beide Unternehmen antworteten auf den geplatzten Merger mit Massenentlassungen. Obendrein musste Lucent wegen der Konjunkturflaute seine Glasfasersparte für $ 2,3 Mrd. an die japanische Furukawa Electric FKA.FSE verkaufen. Veräußerungen weiterer Sparten dürften folgen. Der Grund: Für eine Rettung benötigt Lucent dringend Liquidität, da das Unternehmen Verbindlichkeiten in Höhe von mehr als $ 3 Mrd. drücken.

Doch neben viel Schatten ist auch ein wenig Licht: So betätigt sich Lucent inzwischen stärker als Mobilfunkausrüster. Die jüngsten Quartalszahlen machen allerdings wenig Mut. So musste der US-Telekomausrüster aufgrund von Restrukturierungskosten bei einem Umsatz von $ 5,2 Mrd. einen Verlust von $ 8,8 Mrd. bilanzieren. Dennoch empfiehlt, Paul Sagawa, Analyst der Investmentbank Berstein, seinen Kunden, sich aus dem Investment Nortel Networks zurückzuziehen und das Kapital lieber in Lucent anzulegen. Seine Begründung: Die Lucent-Aktie habe nahezu das doppelte prozentuale Kurspotential. Laut Sagawa dürfte das Unternehmen aus Murray Hill, New Jersey auch zu einem früheren Zeitpunkt wieder zu sequentiellem Umsatzwachstum zurückfinden, da es zum Beispiel im nordamerikanischen CDMA-Wireless-Markt stärker engagiert sei. Und Paul Silverstein, Analyst beim US-Investmenthaus Robertson Stephens, bescheinigt Lucent, mit der Restrukturierung ein gutes Stück vorangekommen zu sein.




Alcatel und Marconi: Lohnt jetzt der Einstieg?


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Die Beispiele Lucent und Alcatel belegen: Die einst so hoch eingeschätzte Branche der Telekomausrüster ist inzwischen zum Jobkiller geworden. Doch mit einer Verringerung des Personalbestandes allein lässt sich die Kostenschere offenbar noch nicht weit genug schließen. So will sich Alcatel neben 34.500 Mitarbeitern auch von einer Vielzahl seiner Produktionsstätten trennen. Goldman Sachs hält die Aktie nun für ausreichend bezahlt, zumal sich durch die für 2002 abgegebenen Prognosen ein Abwärtsrisiko ergebe. Das von Goldman Sachs angewendete ROCE ("Return On Capital Employed")-Modell suggeriere selbst dann einen fairen Wert von € 14 pro Aktie, wenn von einer deutlichen Abnahme beim eingesetzten Kapital ausgegangen werde und Umstrukturierungspläne berücksichtigt würden.

Obwohl die Krise auch Marconi MONI.ISE MY2.FSE hart getroffen hat, gingen die Aktien des britischen Telekomausrüsters jüngst auf Klettertour. Die Rallye dürfte niemanden überraschen, denn die Anteilsscheine hatten zuvor mit einem Minus von 99% die Grenze zum Totalverlust erreicht. Dem mit rund € 7 Mrd. hoch verschuldeten und von der Börse noch immer mit rund € 1,7 Mrd. bewerteten Unternehmen gelang zwar nach einer Phase schwerer Verluste im dritten Quartal der Sprung in die Gewinnzone. Dennoch ist für den Telekomausrüster noch kein Land in Sicht. Allerdings werden die Briten inzwischen als potentieller Übernahme- und Turnaroundkandidat gehandelt. Unternehmen wie Marconi, Lucent, Nortel, Ericsson ERIC-B.SSE ERCB.FSE oder Siemens SIE.ETR (Netzsparte) haben angesichts der Krise sogar ihre Führungsspitzen neu besetzt. Ob Siemens und Motorola MOT.NYS MTL.FSE ihre Mobilfunkgeschäfte nun noch wie geplant zusammenlegen werden, ist derzeit ungewisser denn je.
multexinvestor


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Telekomausrüster: Zwischen Hoffen und Bangen

 
28.11.01 19:31

Telekomausrüster: (Teil 2)



Zwischen Hoffen und Bangen
 
von Michael Heimrich  

Im ersten Teil unseres Telekomausrüster-Überblicks nahmen wir führende Netzwerkkomponenten-Hersteller wie Nortel, Cisco und JDS Uniphase unter der Lupe. Heute schließen wir unseren Branchenbericht mit einem Blick auf die Mobilfunkgiganten Ericsson und Nokia ab.




Hoffnungsträger Mobilfunk?


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Mit Investitionen ist auf absehbare Zeit lediglich im Mobilfunksektor zu rechnen. So streiten derzeit die Titanen der Branche - Ericsson ERIC-B.SSE ERCB.FSE und Nokia NOK1V.HSE NOA3.ETR - um die Vorherrschaft beim "m-Commerce". Anlageprofis glauben an den Erfolg des mobilen Shoppings. "Nicht nur bei den Endgeräten, auch als Systemlieferant wird Europa das mobile Internet künftig maßgeblich prägen", ist Andreas Wölfer, Geschäftsführer der Fondsgesellschaft Activest, überzeugt. Von neuen Techniken wie GPRS, das den weniger erfolgreichen Vorgänger WAP vergessen machen soll, versprechen sich Unternehmen wie Anleger einen höheren Umsatz pro Kunde - und damit höhere Gewinnmargen. Einen weiteren Indikator für eine Trendwende zum Besseren sehen die Analysten der HypoVereinsbank in der Reduzierung der Kosten für die Gewinnung neuer Kunden.

Nach jahrelangem starken Wachstum ist der Markt für Mobiltelefone allerdings erstmals weltweit deutlich zurückgegangen. Im dritten Quartal wurden nach einer Studie von Gartner Dataquest mit 94,36 nach 104,60 Mio. Stück rund 10% weniger Mobiltelefone abgesetzt als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Unangefochtener Marktführer ist nach wie vor Nokia mit einem von 30,6 auf 33,4% gestiegenen Marktanteil. Gartner begründet den Rückgang zum einen mit den wiederholten Verzögerungen bei der Verfügbarkeit von GPRS-Endgeräten und zum anderen mit dem weltweiten Wirtschaftsabschwung. Hauptursache sei aber die Entwicklung des europäischen Marktes gewesen. Entgegen allen Trends in der Vergangenheit seien die Absätze vom zweiten auf das dritte Quartal 2001 in Westeuropa gesunken. Von den "Top 5" gelang es nur Motorola MOT.NYS MTL.FSE und Samsung SSUN.FSE, ihre Verkaufszahlen anzukurbeln. Siemens SIE.ETR hatte dagegen mit schweren Einbrüchen zu kämpfen: Der Absatz sank von 8,97 auf 6,77 Mio. Handys.




Mit High-Tech-Innovationen die Krise meistern


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Dennoch liegt die Zukunft im mobilen Bereich. Um die Branchenkrise meistern, lassen sich die Telekomausrüster deshalb auch allerlei einfallen. So wollen Nokia und Ericsson verstärkt auf margenträchtige High-Tech-Handys statt billiger Massenprodukte setzen. Die neueste Kreation aus Finnland ist eine Kreuzung aus Handy und Kamera. Sie soll Mobilfunkanbietern lange vor dem Start der UMTS-Netze neue Einnahmequellen durch bunte Bildchen erschließen. Ericsson tüftelt im Joint Venture mit dem japanischen Elektronikmulti Sony SON.SQ1 SON1.FSE an teuren, multimediafähigen Mobilfunkgeräten der nächsten Generation. Schon im nächsten Jahr sollen die ersten Produkte auf den Markt kommen. Neben High End-Handys baut das Duo aus Europas Norden verstärkt auf das lukrative Netzwerkgeschäft.

Doch trotz einiger positiver Signale bleiben die Aussichten für die Branche vorerst trübe. So fährt Ericsson mit dem weltweiten Handyverkauf immer höhere Verluste ein. Der viertgrößte Mobilfunkhersteller der Welt erwartet zudem, dass die wirtschaftlichen Bedingungen für Telekomausrüster auch im nächsten Jahr schwierig bleiben. "Ich denke wir sind nicht zu pessimistisch, aber wir sehen kein wirkliches Wachstum im Sektor“, so CEO Kurt Hellstrom. Vielmehr sei 2002 sogar ein weiterer Abschwung möglich.

Aber es könne auch sein, dass sich die Situation verbessert. Die Analysten der Credit Suisse First Boston (CSFB) geben sich sehr zurückhaltend gegenüber dem Kommentar des Ericsson-CEO. Nach Angaben der schweizer-amerikanischen Bank ist im Kurs der Aktie eine eventuelle Markterholung bereits enthalten. CSFB sieht einen nennenswerten Aufschwung jedoch vor dem vierten Quartal 2002. Das Rating für Ericsson bleibe weiter auf "hold".

Morgan Stanley hat als Reaktion auf die 3Q-Zahlen die Gewinnprognosen gesenkt. Analystin Angela Dean erwartet nun für 2002 einen Verlust von SEK 0,19 je Aktie (SEK 1 = € 0,11 = DM 0,21). Für 2003 hat sie ihre Prognose um 38% auf SEK 0,79 nach unten reduziert. Die operative Marge werde 2002 voraussichtlich nur bei 0,6% liegen statt der geplanten 5%. Dean behält deshalb ihre Einschätzung "Underperformer" bei.




Nokia bleibt für Analysten die erste Wahl


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Das britische Unternehmen Carphone Warehouse CPW.ISE verbreitete kürzlich die Hiobsbotschaft, der Handymarkt könne im Weihnachtsgeschäft nur etwa 40% von dem erreichen, was im vergangenen Jahr erzielt worden sei. Die Experten der CSFB befürchten deshalb, dass das Vorzeigeunternehmen Nokia Mitte Dezember seine Umsatzprognose für das vierte Quartal reduzieren könnte. Sie bleiben aber bei ihrem 24-Monats-Kursziel von € 30.

Nokia sei angesichts eines steigenden Marktanteils und gesunder Margen die Top-Empfehlung in seinem Sektor. Analyst Tim Luke von Lehman Brothers erwartet, dass die Finnen in Kürze die Umsatz- und Gewinnziele für 2002 ebenso wie die Schätzungen für den UMTS-Markt präzisieren werden. Robertson Stephens rechnet mit einem Anstieg von 32 Prozent Marktanteil Ende 2000 auf 35 Prozent Ende 2002. Ende 2003 dürften 38 Prozent Marktanteil erreicht werden, hieß es.

Offenbar ist sich Tomi Ahonen, Chefberater für UMTS bei Nokia, jedoch nicht so sicher, ob die Technologie der dritten Generation die Mobilfunkwelt im Sturm erobern kann. Deshalb mischen die im Gegensatz zu Ericsson profitabel wirtschaftenden Finnen vorsichtshalber auch im Markt für WLAN-Produkte mit. Mit Hilfe dieser Technik kommt das Internet auch ohne UMTS per Funk auf das Handy, den Laptop oder auf den PC. Damit erweist sich Nokia auch aufgrund seiner Weitsicht als Branchenprimus in einer ansonsten von Gejammer gekennzeichneten Branche.

Auch wenn zahlreiche Telekomausrüster Milliarden an Firmenwerten verloren haben, gelten derzeit die wenigsten von ihnen als Pleitekandidaten. Vielmehr dürften zahlreiche der noch vor zwei Jahren als Protagonisten einer neuen Wirtschaftsordnung gefeierten Unternehmen vor einer Renaissance stehen - und dann dürften auch deren Aktienkurse ihren Aufwärtstrend fortsetzen.

multexinvestor



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