Technische Hilfe für den Börsenerfolg
Von Alex Halperin
Software macht das Anlegen interessanter |
Blicken wir den Tatsachen doch ins Auge: Investitionen bergen immer gewisse Risiken. Es gibt einfach keine todsichere Methode, um den Markt oder die Leitindizes zu übertreffen. Dennoch glauben genügend Leute, daß ein Newsletter oder eine Internetseite über der Weisheit letzter Schluß verfügen könnte.
Es gibt zudem mehr und mehr neue Techniken, die Anleger für ihre Analysen oder ihre Anlageentscheidungen heranziehen können. Diese Anwendungen verschaffen nicht unbedingt einen großen Vorteil. Aber sie können vielleicht zu einer neuen Perspektive auf das Portfolio oder die Daten verhelfen, die für die Aktienanalyse verwendet werden. Einige Techniken machen es auch nur leichter zu verstehen, was sich an den Märkten gerade so abspielt.
Man könnte leicht den Eindruck gewinnen, daß es genauso viele Wege gibt, etwas über eine Aktie zu erfahren, wie Aktienwerte zur Auswahl stehen. Im Folgenden werden Technologien vorgestellt, die bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen vermögen, wann eine Aktie am besten zu kaufen oder verkaufen ist, um Hochs und Tiefs zu verfolgen oder das eigene Portfolio näher unter die Lupe zu nehmen. Diese vermögen dem Börsengeschäft ein gewisses technologisches Flair zu verleihen, aber nicht über die Grenzen hinwegtäuschen können, was Wissenschaft für Investoren tatsächlich zu leisten vermag.
„Knallharte“ Mathematik von Maplesoft
Die Firma Maplesoft verkauft die Softwareanwendung Maple 10, die von anspruchsvollen Fondsgesellschaften und Finanzinstituten für Anlageentscheidungen verwendet wird. Daneben wird das Programm von Ingenieuren und Designern eingesetzt. Alles in allem dient die Anwendung dazu, komplexe mathematische Berechnungen wie Differentiationen, Optimierungen, Faktorzerlegungen oder Sensitivitätsanalysen in die Anlagemodelle der Finanzhäuser zu integrieren, so die Erklärung von Maplesoft-Geschäftsführer Jim Cooper.
„Alles, was ein Mathematiker kann, kann auch Maple, aber eben viel, viel schneller,“ fügt Cooper hinzu. Um ein sehr einfaches Beispiel zu geben: Die Anwendung könnte die Kursentwicklung einer Aktie in den letzten Jahrzehnten überblicken, um exakt zu messen, wie die Jahreszeit den Kurs beeinflußt hat. „Ein Modell versucht immer irgendwie die Zukunft vorherzusagen,“ so Cooper weiter. Für Privatanwender kostet Maple 10 rund 2000 Dollar pro Lizenz. Für einige wenige Investoren dürfte das Programm von Maple jedenfalls eine sehr vielversprechende Nachricht sein.
XBRL
Das Programm eXtensible Business Reporting Language ist ein „interaktives“ Format, mit dem die Daten innerhalb der Berichterstattung eines Unternehmens genau bestimmt werden können. Es läßt sich außerdem leicht in Anwendungen von Finanzsoftware integrieren, um damit die von verschiedenen Unternehmen gemeldeten Zahlen zu vergleichen. Während XBRL in erster Linie von Regulierungsstellen genutzt wird - so verlangt etwa die Federal Deposit Insurance Corporation von ihren Mitgliedsbanken, daß sie ihre Berichte in der XBRL-Sprache einreichen -, gibt es durchaus auch einige Anwendungsmöglichkeiten für Anleger.
Die amerikanische Börsenaufsicht SEC ermutigt börsennotierte Unternehmen dazu, ihre Zahlen ebenfalls in XBRL zu veröffentlichen. Laut ihren Angaben nehmen unter anderem General Electric und Pepsi an einem entsprechenden freiwilligen Programm teil. Der Softwarehersteller UBmatrix hat unter dem Namen xBReeze ein Open-Source-Programm entwickelt, das einfach heruntergeladen werden kann. Sobald mehr Unternehmen mit an Bord seien, würde Anlegern und Analysten damit ein Instrument zur Verfügung stehen, um das vergleichen zu können, was man zuvor als Äpfel und Birnen bezeichnet habe.
Bisher ist noch nicht abzusehen, wann dieser Zeitpunkt erreicht sein wird. Sunir Kapoor, Geschäftsführer von UBmatrix, weist jedoch darauf hin, daß einige Mid-Cap-Unternehmen, die gerne von Analysten beobachtet werden würden, einen deutlichen Anreiz hätten, dieses praktischere Format zu übernehmen.
Baumdiagramme von Panopticon
Panopticon Software bietet eine Anwendung, die Investoren ganz neue Blickwinkel auf viele unterschiedliche Arten von Daten - einschließlich ihrer Aktienportfolios - gewähren soll. Das System verwendet Baumdiagramme, bei denen ein rechteckiges Feld mit kleineren Rechtecken gefüllt ist, von denen jedes einen Datenpunkt darstellt. Je größer das jeweilige Rechteck ist, umso mehr Kapital steht dahinter.
Die Anwender können die Charts in ihrem Portfolio mit aktuellen Aktieninformationen synchronisieren, wobei die Rechtecke ihre Farbe verändern, je nachdem in welche Richtung die Entwicklung geht. Auf dem Monitor entsteht so eine aufregende - oder auch beunruhigende - Kollage, die aber Anleger dabei unterstützen kann, den optimalen Zeitpunkt für den Kauf oder Verkauf einer Aktie genau zu bestimmen. Panopticon bietet eine kostenlose Downloadversion der Software an, während die großen Finanzhäuser kostenpflichtige Versionen nutzen.
AlphaTrade
Von AlphaTrade erhalten Abonnenten Marktinformationen für höchste Ansprüche direkt auf ihren Rechner oder ihre mobilen Geräte. Das Unternehmen versendet personalisierte Handelsinformationen wie „Market Movers“ oder Quoten in Echtzeit, die auf kostenfreien Internetportalen wie Yahoo! Finance nicht erhältlich sind. So kann man beispielsweise für eine Aktie die bestimmenden Faktoren recherchieren oder erhält ständig aktualisierte Unternehmensnachrichten, während man eigentlich beim Eröffnungsspiel der WM zuschaut. (Lassen Sie sich nur nicht erwischen!)
AlphaTrade hat sehr viele Konkurrenten. Geschäftsführerin Penny Perfect zählt jedoch die sehr geringe Zeitverzögerung bei der Übertragung der Echtzeit-Informationen auf mobile Geräte sowie die mehrsprachigen Angebote als entscheidende Vorteile des Unternehmens.
Das Risikoanalyseprogramm von E*Trade
Die Online-Handelsplattform E*Trade Financial hat für ihre Kunden ein kostenloses Analyseprogramm zur Bestimmung von Aktienrisiken herausgebracht. Auf der Internetseite können Kunden Aktientitel eingeben, um zu sehen, wo sie auf einer Leiste zwischen Risiko und Rendite stehen. Das Risiko wird dabei mit der Volatilität in der Vergangenheit gemessen. Alles in allem bietet das neue Programm eine schnelle Methode, um zu überprüfen, ob eine derzeit unterhalb des Radars fliegende Technologieaktie zu halten wert ist, oder ob die Blue Chips im Portfolio noch die volle Leistung zeigen.
Das Risikoanalyseprogramm beinhaltet außerdem einige spannende Extras wie einen Streßtest und einen Mechanismus, um zu verfolgen, wie ein Portfolio während bestimmter Marktrückgänge der Vergangenheit abgeschnitten hätte. So kann man das eigene Portfolio beispielsweise während des 11. Septembers oder der Asienkrise beobachten. Zu sagen, daß das Spaß macht, ist vielleicht übertrieben. Aber das Austauschen verschiedener Einflußfaktoren ist für viele Investoren sicherlich faszinierend. Halten wir also fest, daß neue Technologien Ihre Anlagen sicherlich nicht profitabler machen, aber bestimmt interessanter.
Die in dem Beitrag geäußerte Einschätzung gibt die Meinung des Autors und nicht die der F.A.Z.-Redaktion wieder.Text: @mho
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