Ken Fisher - "Die Krise abhaken"
Anders als viele Experten, die bereits einen mehrjährigen Bärenmarkt ausgerufen haben, ist der amerikanische Vermögensverwalter Ken Fisher der Meinung, die letzte Phase des Bullenmarktes vor sich zu sehen, in dem sich weiterhin gutes Geld verdienen lässt. Im Interview mit dem manager-magazin spricht der Anlageprofi über falsche Börsenmythen, überzogene Crash-Ängste und warum seines Erachtens die Hausse nach erfolgter Korrektur wieder Fahrt aufnehmen wird. Optimistische Worte in taffen Zeiten ist man geneigt zu meinen.
mm: Mr. Fisher, die Stimmung an den Märkten ist alles andere als gut ist. Es herrscht Angst, Angst vor den Folgen der Hypothekenkrise in den USA, Angst davor, dass die Konjunktur kollabiert - zuerst in den USA und dann im Rest der Welt.
Fisher: Es stimmt, wir sind mitten in einer Korrektur, und der Großteil der Anleger neigt im Moment dazu, nur den negativen Teil der Nachrichten zu sehen und die positiven Dinge auszublenden.Wenn etwa die Zahlen der US-Arbeitsmarktstatistik schlechter ausfallen als erwartet, sinken die Kurse an der Wall Street, auch wenn die Zahl der Beschäftigten tatsächlich gestiegen ist. So wird es noch eine Weile weitergehen.
mm: Wie lange wird diese Hängepartie noch dauern?
Fisher: Ich weiß es nicht, es kann in einem Monat oder erst in sechs oder acht Monaten vorüber sein. Irgendwann aber werden die Anleger von dem Lamentieren über fallende Hauspreise und faule Hypothekenkredite so übersättigt sein, dass sie das Interesse an den ganzen Katastrophengeschichten verlieren.
Erinnern Sie sich noch an das Gerede über die Vogelgrippe und die daraus abgeleiteten Crash-Szenarien? Diese Geschichte wurde so lange zu Markte getragen, bis sie jede Relevanz für die Kurse verloren hatte.
Die Anleger werden die Subprime-Krise auf ganz ähnliche Weise abhaken, und spätestens dann werden die Kurse wieder steigen. Am Ende werden wir auch 2008 Kursanstiege an den weltweit wichtigsten Aktienmärkten sehen.
mm: Ganz so glimpflich dürfte es wohl kaum ausgehen. Die Banken müssen Milliarden abschreiben, sie können deshalb weniger Kredite vergeben, was viele Unternehmen in Schwierigkeiten bringen könnte. Von da an ist es nicht mehr weit zu Rezession und fallenden Kursen.
Fisher: Ich habe diese Argumente schon zigmal gehört. Jeder kennt sie, wer noch nie etwas von ihnen gehört hat, muss irgendwo am Amazonas leben und völlig von der Zivilisation abgeschnitten sein. Die Argumentationskette wird allerdings auch bei der tausendsten Wiederholung nicht besser.
Das Einzige, was an dem ganzen Gerede stimmt, ist, dass sich die Kreditkonditionen für kleine und mittelgroße Firmen verschlechtert haben. Deshalb stehen wir aber weder vor einer Rezession noch vor dem Ende der gegenwärtigen Börsenhausse.
mm: Wenn die Banken kleinere und mittlere Unternehmen nicht mehr so großzügig finanzieren wie bisher, dann drehen sie ausgerechnet den Firmen den Geldhahn zu, deren Kurse seit 2003 am kräftigsten gestiegen sind. Damit ist doch das Ende des gegenwärtigen Bullenmarktes absehbar.
Fisher: Nein, weil es gleichzeitig für die großen kapitalstarken Unternehmen einfacher und billiger geworden ist, sich Geld von der Bank zu leihen. Die sogenannten Big-Caps werden die Mid- und Small-Caps in den kommenden Jahren als Treiber der Hausse ablösen. Sie werden ihren größer gewordenen Spielraum beispielsweise dazu nutzen, kleinere Konkurrenten aufzukaufen. Die Übernahmewelle wird also nicht deswegen abebben, weil es für die Private-Equity-Industrie schwieriger geworden ist, ihre Deals zu finanzieren.
mm: Warum sind Sie sich so sicher, dass die Hausse weitergeht?
Fisher: Weil die Hauptantriebskraft des Kursaufschwungs noch immer intakt ist. Seit Anfang 2003 liegen die Gewinnrenditen der Unternehmen in den wichtigsten Aktienmärkten weltweit über den Renditen zehnjähriger Anleihen. Deshalb sind Aktien im Vergleich zu langfristigen Zinspapieren so billig wie seit 25 Jahren nicht mehr. Damit sich diese Konstellation umkehrt, müssten die Unternehmensgewinne im Schnitt um etwa 60 Prozent fallen - das wäre ein Rückgang, der weit schlimmer wäre als das, was man mit einer gewöhnlichen Rezession in Verbindung bringt.
mm: Wie sieht Ihr Szenario für die kommenden Jahre aus?
Fisher: Wir befinden uns am Anfang der letzten Phase des gegenwärtigen Bullenmarktes - die Situation ist ganz gut mit den Jahren zwischen 1996 und 1998 vergleichbar. Die großen Konzerne werden wie damals die Märkte dominieren, und Wachstumsunternehmen werden besser abschneiden als Substanzwerte.
Anders als während des vergangenen Aktienbooms werden allerdings nicht Technologieaktien, sondern Unternehmen aus den Schwellenländern die Hauptgewinner sein, aber auch europäische Titel. Die werden sich besser entwickeln als US-Werte.
mm: Risiken gibt es in dieser Welt anscheinend nicht?
Fisher: Oh doch. Worüber ich mir ernsthaft Sorgen mache, ist die Art und Weise, wie der Börsenboom der vergangenen Jahre finanziert wurde. Hedgefonds und Aktienhändler haben sich in großem Stil Geld in Japan geliehen und die Summen anschließend in europäische, australische oder asiatische Aktien investiert. Diese sogenannten Carry Trades werfen risikolose Gewinne ab, solange die Zinsen in Japan niedrig sind und der Yen gegenüber den Währungen der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer billig ist.
Wenn aber die Zinsen in Japan steigen und der Yen sich stark verteuert, werden diese Deals zum Verlustgeschäft. Die Händler müssten ihre Aktien verkaufen, damit sie ihre Schulden zurückzahlen und ihre Verluste begrenzen können. In der Folge würden die Kurse weltweit ins Rutschen geraten, weil die Nachfrage nach Aktien schlagartig zurückgehen würde.
mm: Wie agiert ein Privatanleger in diesem Szenario, wenn er 100.000 Euro an den Aktienmärkten anlegen will?
Fisher: Die weniger riskante Version wäre ein Portfolio aus Indexfonds, das darauf setzt, dass sich die Aktienmärkte der Schwellenländer und Europas besser entwickeln als die US-Börse.
mm: Und die aggressivere Variante?
Fisher: Das wäre eine Wette darauf, dass die globalen Großkonzerne die Börsenentwicklung der kommenden Jahre dominieren werden. Dafür würde ich die 100.000 Euro gleichmäßig auf die 30 Unternehmen mit der weltweit höchsten Marktkapitalisierung verteilen.
Ken Fisher
Der Vermögensverwalter: Fisher steht für unkonventionelle Ansätze und hohe Renditen. Mit seiner Firma verwaltet er 42 Milliarden Dollar. In Deutschland kooperiert er mit dem Vermögensverwalter Thomas Grüner.
Die Person: Fisher ist der Sohn der US-Anlagelegende Philip Fisher und rangiert auf Platz 271 der 400 reichsten Amerikaner.
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