Internet
Telekom ändert Strategie für das Breitband-Internet
09. Februar 2004 Die Deutsche Telekom hat ihre Strategie im Geschäft mit breitbandigen DSL-Anschlüssen offenbar geändert: Wer bisher einen schnellen DSL-Internet-Anschluß haben wollte, hatte zum T-DSL-Angebot der Deutschen Telekom in den meisten Regionen Deutschlands keine Alternative. Zugangsanbieter wie AOL oder United Internet waren - zähneknirschend - gezwungen, den DSL-Anschluß für die Telekom mit zu vermarkten. Jetzt scheint sich die Telekom zu öffnen.
Den Zugangsanbietern liegen Angebote der Telekom vor, den T-DSL-Anschluß bei der Telekom zu mieten, um dann das Komplettprodukt aus DSL-Anschluß und -Zugang aus einer Hand anzubieten. Die Telekom kassiert in diesem Modell dann nur noch im Hintergrund die Mieteinnahmen, taucht aber gegenüber dem Kunden nicht mehr auf. Noch ist allerdings nicht klar, ob sich der Wettbewerb auf diese Weise verschärfen wird. Die T-Online-Konkurrenten prüfen das Angebot der Telekom zur Zeit. Noch erscheint es den Wettbewerbern als nicht attraktiv genug. Der Abschlag für den Wiederverkäufer des DSL-Anschlusses beträgt nach Angaben aus Branchenkreisen nur 6,7 Prozent, was von den Interessenten als völlig indiskutabel bezeichnet wird.
Vorteil: Festnetzsparte T-Com
Sollten sich die Telekom und ihre Wettbewerber allerdings einigen, läge der Vorteil dieser Konstruktion bei der Telekom-Festnetzsparte T-Com: Zugangsdienste wie AOL und Freenet werden aller Voraussicht nach die neue Freiheit nutzen, um mit großem Marketingeinsatz das Breitband-Internet in Deutschland voranzubringen. Im Hintergrund kassiert T-Com einen hohen Anteil an jedem verkauften DSL-Anschluß, ohne sich selbst anstrengen zu müssen. Den Nachteil hätte aber T-Online: Die Konkurrenten wie AOL, United Internet und Freenet könnten ihren Kunden dann DSL-Produkte zu günstigen Preisen anbieten und den Konkurrenzdruck auf T-Online weiter erhöhen. Schon heute verkaufen die T-Online-Konkurrenten zusammen mehr DSL-Zugänge als der Platzhirsch. In der T-Online-Zentrale in Darmstadt läuten inzwischen die Alarmglocken. T-Online-Chef Thomas Holtrop sah sich deshalb schon gezwungen, seine DSL-Tarife zum 1. Februar zu senken. Allerdings waren die Senkungen eher kosmetischer Natur (siehe F.A.Z. vom 12. Januar).
Die Diskussion um das Breitband-Internet hat aber noch eine weitere Facette, die Internet-Telefonie. Über den DSL-Datenkanal lassen sich inzwischen Telefongespräche in hoher Qualität führen. Die T-Online-Konkurrenten könnten in Zukunft zusätzlich zum Internet-Zugang auch Sprachtelefonie anbieten. T-Online bliebe dieser Schritt aus Rücksicht auf die Schwestersäule T-Com, deren Kerngeschäft die Festnetztelefonie ist, wohl verwehrt.
Neuer Schwung nötig
In diesen Verhandlungen geht es um viel Geld, denn das Breitband-Internet gehört zu den wichtigsten Wachstumstreibern in der Telekommunikationsbranche. Nach Schätzungen des Telekom-Regulierungspräsidenten Matthias Kurth ist ein Anstieg der DSL-Anschlüsse von heute rund 4,7 Millionen auf bis zu 17 Millionen Anschlüsse in den nächsten Jahren möglich.
Deutschland hat neuen Schwung für das Breitband-Internet auch nötig. Da es weder einen ernsthaften Wettbewerb zwischen den Breitband-Techniken DSL und Fernsehkabel auf der Technikebene noch zwischen der Deutschen Telekom und anderen Telefongesellschaften im DSL-Anschlußgeschäft gibt, sind die Breitbandzuwächse in Deutschland eher gering. "Breitband würde sich schneller durchsetzen, wenn es in Deutschland Wettbewerb zwischen den Plattformen DSL und Fernsehkabel gäbe. Zur Zeit ist das Risiko für einen Kabelinvestor aber sehr hoch", dämpft Brigitte Preissl vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) die Hoffnung auf Besserung im Technologiewettbewerb.
Nach einer Untersuchung der Unternehmensberatung Arthur D. Little gibt es einen klaren Zusammenhang zwischen Technologiewettbewerb und Breitbandwachstum: Länder wie Japan, Singapur oder die Schweiz, in denen ein harter Wettbewerb zwischen DSL und Kabel tobt, haben im vergangenen Jahr die höchsten Wachstumsraten in der Breitbandanschlußdichte erzielt. Die deutsche Wachstumsrate liegt im internationalen Vergleich ganz am Ende.