Nokias Markenmacht vor dem Ende?
Der Softwarekonzern Microsoft steht vor einem entscheidenden Schritt zur Eroberung des internationalen Mobilfunkmarktes. T-Mobile, die Mobilfunk-Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom, wird im Sommer erstmals ein Handy mit dem sogenannten Smartphone-Betriebssystem von Microsoft auf den Markt bringen. Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung umfasst der Vertrag zwischen T-Mobile und Microsoft auch die Einführung eines Kommunikationsdienstes, der unter dem Namen Pocket-MSN (Microsoft Network) die bisherigen MSN-Dienste Hotmail und den sogenannten MSN-Messenger auf das Handy bringt.
Angriff auf Nokia
Aus Unternehmenskreisen von T-Mobile hieß es dazu, dass die Geräte, die vom Hersteller High Tech Corporation (HTC) aus Taiwan gefertigt werden, beim Start in großen Stückzahlen „auf den wichtigsten europäischen Märkten“ angeboten werden sollen. Dazu gehören für T-Mobile zumindest Deutschland und Großbritannien.
Mit diesem Schritt greift Microsoft vor allem den Handy-Hersteller Nokia an. Die Finnen dominieren mit einem Anteil von rund 38 Prozent den Markt für Mobiltelefone. Sogar 80 Prozent Anteil hat Nokia - über das Gemeinschaftsunternehmen Symbian - am Markt für Handy-Betriebssysteme, der mit der kommenden dritten Mobilfunkgeneration UMTS eine wachsende Bedeutung erlangt. Der Vertrag zwischen T-Mobile und Microsoft lässt Nokia außen vor, da weder das Handy noch die Software von den Finnen stammen. „Nokia ist in ernsthafter Gefahr, seine Marktführerschaft bei Mobiltelefonen an Microsoft zu verlieren“, betonte daher jüngst Jochen Schiller, der an der FU Berlin die Entwicklung von Software für mobile Endgeräte erforscht.
Durch diese Kooperation schlägt Microsoft erstmals die direkte Brücke zwischen seinem dominanten PC-Betriebssystem Windows, seinem Internetdienst MSN und dem Mobiltelefon. Schon heute kooperiert der Softwarekonzern mit 22 Mobilfunkanbietern in Europa, um seine MSN-Dienste auch auf das Mobiltelefon zu leiten. Erst vor zwei Wochen wurde ein entsprechender Vertrag mit Vodafone geschlossen.
Die bisherigen Kooperationen verbinden das normale Mobiltelefon allerdings nur auf dem Weg der klassischen SMS (Short Message Service) mit den Microsoft-Angeboten im Internet. Bei der jetzt angekündigten Smartphone-Variante hingegen sind die Kommunikationsdienste von Pocket MSN direkt in das Betriebssystem und die Windows-Software integriert. Sie funktionieren nur mit den neuen Windows-Handys. Entsprechend bezeichnet Vassili le Moigne, der für MSN-Mobile in Europa zuständig ist, die jetzt mit T-Mobile unterzeichnete Vereinbarung als „nächste Phase“ des Markteintritts von Microsoft in das Mobilfunkgeschäft.
Das Ende der Marken-Handys?
In dieser engen Anbindung an Windows sehen Branchenbeobachter die ernste Gefahr für die Handy-Hersteller, die bisher den Mobilfunkmarkt bestimmt haben. Hinzu kommt, dass die Windows-Handys nicht mehr wie bisher unter dem Markennamen des Herstellers auf den Markt kommen werden. Wie auf den asiatischen Märkten schon heute üblich, werden die Geräte nur noch das Logo des Netzbetreibers - in diesem Fall T-Mobile - tragen. Auf diese Weise verlieren die Marken der Handy-Hersteller rapide an Bedeutung.
Die Abrechnung der MSN-Dienste wird nach Angaben von Nikesh Arora, dem Chief Marketing Officer von T-Mobile, vom Mobilfunkanbieter übernommen. Der Umsatz allerdings wird geteilt. „T-Mobile und Microsoft erhalten jeweils etwa die Hälfte des mit diesen Angeboten generierten Umsatzes“, sagte Arora dieser Zeitung.
Nach Angaben von le Moigne sind die bisherigen Erfahrungen von Microsoft mit der Nutzung der SMS-basierten Dienste sehr gut. „Wer sich einmal registriert hat - und dies sind mehrere hunderttausend Anwender in Europa -, nutzt diese Angebote sehr intensiv“, sagte er dieser Zeitung.
Diese zweite Phase des Markteintritts von Microsoft erfolgt just zu dem Zeitpunkt, an dem die Technik für einen schnelleren Datenverkehr in den Mobilfunknetzen zur Verfügung steht. Diese Möglichkeiten werden sich mit dem europaweiten Start von UMTS im Verlauf dieses Jahres noch verbessern. Vor allem E-Mail und andere Kommunikationsdienste werden hier nach Erwartungen der britischen Marktforscher von Ovum für Umsatz sorgen. Mehr als 55 Milliarden Dollar werden die Kunden international nach Ansicht von Ovum im Jahr 2007 für die mobile Datenkommunikation ausgeben. „Wir glauben, dass Nachrichtenübermittlung und Unterhaltung die beiden großen Tendenzen in der mobilen Kommunikation sein werden“, betont Arora. T-Mobile und Microsoft setzen mit ihrer Initiative vor allem auf die hohen Nutzerzahlen der MSN-Dienste. So betreut der E-Mail-Service MSN-Hotmail international rund 100 Millionen Kunden, davon fast 20 Millionen in Europa. Der MSN-Instant-Messenger, eine Art Internet-Telegramm-Dienst, wird international von 74 Millionen Kunden genutzt, von denen fast 15 Millionen in Europa leben. MSN selber hat international rund 300 Millionen Kunden. T-Mobile bietet für die Kooperation eine Kundenzahl von international rund 82 Millionen Kunden auf, von denen mehr als 24 Millionen auf Deutschland entfallen.
Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 17.02.2003
Bildmaterial: dpa
Der Softwarekonzern Microsoft steht vor einem entscheidenden Schritt zur Eroberung des internationalen Mobilfunkmarktes. T-Mobile, die Mobilfunk-Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom, wird im Sommer erstmals ein Handy mit dem sogenannten Smartphone-Betriebssystem von Microsoft auf den Markt bringen. Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung umfasst der Vertrag zwischen T-Mobile und Microsoft auch die Einführung eines Kommunikationsdienstes, der unter dem Namen Pocket-MSN (Microsoft Network) die bisherigen MSN-Dienste Hotmail und den sogenannten MSN-Messenger auf das Handy bringt.
Angriff auf Nokia
Aus Unternehmenskreisen von T-Mobile hieß es dazu, dass die Geräte, die vom Hersteller High Tech Corporation (HTC) aus Taiwan gefertigt werden, beim Start in großen Stückzahlen „auf den wichtigsten europäischen Märkten“ angeboten werden sollen. Dazu gehören für T-Mobile zumindest Deutschland und Großbritannien.
Mit diesem Schritt greift Microsoft vor allem den Handy-Hersteller Nokia an. Die Finnen dominieren mit einem Anteil von rund 38 Prozent den Markt für Mobiltelefone. Sogar 80 Prozent Anteil hat Nokia - über das Gemeinschaftsunternehmen Symbian - am Markt für Handy-Betriebssysteme, der mit der kommenden dritten Mobilfunkgeneration UMTS eine wachsende Bedeutung erlangt. Der Vertrag zwischen T-Mobile und Microsoft lässt Nokia außen vor, da weder das Handy noch die Software von den Finnen stammen. „Nokia ist in ernsthafter Gefahr, seine Marktführerschaft bei Mobiltelefonen an Microsoft zu verlieren“, betonte daher jüngst Jochen Schiller, der an der FU Berlin die Entwicklung von Software für mobile Endgeräte erforscht.
Durch diese Kooperation schlägt Microsoft erstmals die direkte Brücke zwischen seinem dominanten PC-Betriebssystem Windows, seinem Internetdienst MSN und dem Mobiltelefon. Schon heute kooperiert der Softwarekonzern mit 22 Mobilfunkanbietern in Europa, um seine MSN-Dienste auch auf das Mobiltelefon zu leiten. Erst vor zwei Wochen wurde ein entsprechender Vertrag mit Vodafone geschlossen.
Die bisherigen Kooperationen verbinden das normale Mobiltelefon allerdings nur auf dem Weg der klassischen SMS (Short Message Service) mit den Microsoft-Angeboten im Internet. Bei der jetzt angekündigten Smartphone-Variante hingegen sind die Kommunikationsdienste von Pocket MSN direkt in das Betriebssystem und die Windows-Software integriert. Sie funktionieren nur mit den neuen Windows-Handys. Entsprechend bezeichnet Vassili le Moigne, der für MSN-Mobile in Europa zuständig ist, die jetzt mit T-Mobile unterzeichnete Vereinbarung als „nächste Phase“ des Markteintritts von Microsoft in das Mobilfunkgeschäft.
Das Ende der Marken-Handys?
In dieser engen Anbindung an Windows sehen Branchenbeobachter die ernste Gefahr für die Handy-Hersteller, die bisher den Mobilfunkmarkt bestimmt haben. Hinzu kommt, dass die Windows-Handys nicht mehr wie bisher unter dem Markennamen des Herstellers auf den Markt kommen werden. Wie auf den asiatischen Märkten schon heute üblich, werden die Geräte nur noch das Logo des Netzbetreibers - in diesem Fall T-Mobile - tragen. Auf diese Weise verlieren die Marken der Handy-Hersteller rapide an Bedeutung.
Die Abrechnung der MSN-Dienste wird nach Angaben von Nikesh Arora, dem Chief Marketing Officer von T-Mobile, vom Mobilfunkanbieter übernommen. Der Umsatz allerdings wird geteilt. „T-Mobile und Microsoft erhalten jeweils etwa die Hälfte des mit diesen Angeboten generierten Umsatzes“, sagte Arora dieser Zeitung.
Nach Angaben von le Moigne sind die bisherigen Erfahrungen von Microsoft mit der Nutzung der SMS-basierten Dienste sehr gut. „Wer sich einmal registriert hat - und dies sind mehrere hunderttausend Anwender in Europa -, nutzt diese Angebote sehr intensiv“, sagte er dieser Zeitung.
Diese zweite Phase des Markteintritts von Microsoft erfolgt just zu dem Zeitpunkt, an dem die Technik für einen schnelleren Datenverkehr in den Mobilfunknetzen zur Verfügung steht. Diese Möglichkeiten werden sich mit dem europaweiten Start von UMTS im Verlauf dieses Jahres noch verbessern. Vor allem E-Mail und andere Kommunikationsdienste werden hier nach Erwartungen der britischen Marktforscher von Ovum für Umsatz sorgen. Mehr als 55 Milliarden Dollar werden die Kunden international nach Ansicht von Ovum im Jahr 2007 für die mobile Datenkommunikation ausgeben. „Wir glauben, dass Nachrichtenübermittlung und Unterhaltung die beiden großen Tendenzen in der mobilen Kommunikation sein werden“, betont Arora. T-Mobile und Microsoft setzen mit ihrer Initiative vor allem auf die hohen Nutzerzahlen der MSN-Dienste. So betreut der E-Mail-Service MSN-Hotmail international rund 100 Millionen Kunden, davon fast 20 Millionen in Europa. Der MSN-Instant-Messenger, eine Art Internet-Telegramm-Dienst, wird international von 74 Millionen Kunden genutzt, von denen fast 15 Millionen in Europa leben. MSN selber hat international rund 300 Millionen Kunden. T-Mobile bietet für die Kooperation eine Kundenzahl von international rund 82 Millionen Kunden auf, von denen mehr als 24 Millionen auf Deutschland entfallen.
Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 17.02.2003
Bildmaterial: dpa