Steigende Energiepreise sind eine enorme Belastung für den Standort Deutschland
Teurer Strom vertreibt Industrie
Von Jürgen Flauger, Handelsblatt
Der steigende Strompreis wird für die deutsche Industrie zunehmend zur Belastung. „Wenn die Preisentwicklung so weitergeht, werden zahlreiche Unternehmen Werke schließen oder ihre Standorte verlagern“, sagte Alfred Richmann, Geschäftsführer des Verbands der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK), dem Handelsblatt, „Was wir jetzt in der Aluminiumbranche erleben, ist erst der Anfang.“
DÜSSELDORF. Durch hohe Großhandelspreise, Netzentgelte und staatliche Abgaben würden die Unternehmen im Wettbewerb klar benachteiligt. „In Deutschland gibt es für Großkunden beim Strom praktisch keinen Mengenrabatt – im Ausland schon“, sagt Richmann.
Betroffen sind neben der Aluminiumindustrie, die mit der Schließung von Werken droht, vor allem die Branchen Stahl, Chemie, Zement, Glas und Papier, die besonders viel Strom verbrauchen. Zum Teil liegt der Anteil der Strom- an den Gesamtkosten bei über einem Drittel.
Im europaweiten Vergleich der Industriepreise landet Deutschland regelmäßig in der Spitzengruppe. Das Fachblatt „Energie Informationsdienst“ hat im April für verschiedene Abnahmemengen Vergleichswerte erhoben. Bei einer großen Abnahmeleistung von rund 50 Megawatt müssen nur die Schweizer und Italiener mehr bezahlen als die deutschen Großkunden. Mit 6,10 Cent je Kilowattstunde liegen die Kosten um etwa 1,6 Cent höher als beispielsweise in Frankreich.
Industriekunden handeln die Preise dabei individuell mit den Versorgern aus. Laufzeiten und Preisklauseln schwanken stark. Vereinbarten die Unternehmen vor fünf Jahren – als die Preise niedrig waren – vor allem langfristige Verträge mit Festpreisen, wählen sie heute kurze Laufzeiten mit flexiblen Preisen. An den Strombörsen sind die Notierungen schließlich auf Höchststände geklettert. An der Leipziger European Energy Exchange (EEX) stieg der Preis für Lieferungen im Jahr 2006 seit Anfang des Jahres um 22 Prozent auf über 41 Euro. Die Versorger begründen dies mit hohen Rohstoffkosten für die Kraftwerke und dem Handel mit Emissionsrechten. Es handele sich dabei nicht um ein deutsches Phänomen, betont der Vorstandschef von Eon Energie, Johannes Teyssen: „Deutschland liegt weder vom Niveau noch von der Preisdynamik an der Spitze.“ Der Strommarkt funktioniere und setze die notwendigen Signale.
Das bezweifelt VIK-Geschäftsführer Richmann: „Ein Markt kann nur so gut sein wie sein Umfeld.“ In Deutschland werde die Stromproduktion aber von den vier Konzernen Eon, RWE, Vattenfall Europe und Energie Baden-Württemberg (EnBW) beherrscht und ein Austausch mit anderen Märkten sei wegen der fehlenden Leitungskapazitäten kaum möglich: „Der Preis ist mit den Kosten der Erzeuger nicht zu rechtfertigen.“ Umso problematischer sei es, dass die EEX-Preise fast eins zu eins als Referenz in den Verträgen herangezogen werden und es keine Mengenrabatte gebe.
Die Versorger halten sich zu Preisklauseln bedeckt. Hinter vorgehaltener Hand bestätigen Energiemanager aber, dass es keine Mengenrabatte gebe. Der Strommarkt sei eben mit dem Finanzmarkt vergleichbar, wo große Verbraucher sogar Risikozuschläge bezahlen müssten, heißt es. Rabatte, die etwa in Spanien gewährt würden, seien nur durch staatliche Eingriffe möglich.
Der Großhandelspreis sei nur ein Faktor, ergänzt Richmann. Hinzu kämen die Entgelte für die Nutzung des Stromnetzes, die in Deutschland besonders hoch seien, und die hohen staatlichen Abgaben. Es gebe zwar Härtefallregelungen, diese wirkten aber nur bedingt.
Nach den Worten von Heinz-Peter Schlüter, Vorstandschef des Aluminiumherstellers Trimet Aluminium AG ist dies sogar der entscheidende Wettbewerbsnachteil: Sein Unternehmen müsse allein 2005 rund 7,5 Mill. Euro für Ökosteuer und ähnliche Vorschriften bezahlen. „Als mittelständische Firma haben wir keine Chance, den Standort ins Ausland zu verlagern“, sagt Schlüter, „um so mehr treffen uns die politisch gewollten Lasten.“
HANDELSBLATT, Dienstag, 21. Juni 2005, 08:59 Uhr
Teurer Strom vertreibt Industrie
Von Jürgen Flauger, Handelsblatt
Der steigende Strompreis wird für die deutsche Industrie zunehmend zur Belastung. „Wenn die Preisentwicklung so weitergeht, werden zahlreiche Unternehmen Werke schließen oder ihre Standorte verlagern“, sagte Alfred Richmann, Geschäftsführer des Verbands der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK), dem Handelsblatt, „Was wir jetzt in der Aluminiumbranche erleben, ist erst der Anfang.“
DÜSSELDORF. Durch hohe Großhandelspreise, Netzentgelte und staatliche Abgaben würden die Unternehmen im Wettbewerb klar benachteiligt. „In Deutschland gibt es für Großkunden beim Strom praktisch keinen Mengenrabatt – im Ausland schon“, sagt Richmann.
Betroffen sind neben der Aluminiumindustrie, die mit der Schließung von Werken droht, vor allem die Branchen Stahl, Chemie, Zement, Glas und Papier, die besonders viel Strom verbrauchen. Zum Teil liegt der Anteil der Strom- an den Gesamtkosten bei über einem Drittel.
Im europaweiten Vergleich der Industriepreise landet Deutschland regelmäßig in der Spitzengruppe. Das Fachblatt „Energie Informationsdienst“ hat im April für verschiedene Abnahmemengen Vergleichswerte erhoben. Bei einer großen Abnahmeleistung von rund 50 Megawatt müssen nur die Schweizer und Italiener mehr bezahlen als die deutschen Großkunden. Mit 6,10 Cent je Kilowattstunde liegen die Kosten um etwa 1,6 Cent höher als beispielsweise in Frankreich.
Industriekunden handeln die Preise dabei individuell mit den Versorgern aus. Laufzeiten und Preisklauseln schwanken stark. Vereinbarten die Unternehmen vor fünf Jahren – als die Preise niedrig waren – vor allem langfristige Verträge mit Festpreisen, wählen sie heute kurze Laufzeiten mit flexiblen Preisen. An den Strombörsen sind die Notierungen schließlich auf Höchststände geklettert. An der Leipziger European Energy Exchange (EEX) stieg der Preis für Lieferungen im Jahr 2006 seit Anfang des Jahres um 22 Prozent auf über 41 Euro. Die Versorger begründen dies mit hohen Rohstoffkosten für die Kraftwerke und dem Handel mit Emissionsrechten. Es handele sich dabei nicht um ein deutsches Phänomen, betont der Vorstandschef von Eon Energie, Johannes Teyssen: „Deutschland liegt weder vom Niveau noch von der Preisdynamik an der Spitze.“ Der Strommarkt funktioniere und setze die notwendigen Signale.
Das bezweifelt VIK-Geschäftsführer Richmann: „Ein Markt kann nur so gut sein wie sein Umfeld.“ In Deutschland werde die Stromproduktion aber von den vier Konzernen Eon, RWE, Vattenfall Europe und Energie Baden-Württemberg (EnBW) beherrscht und ein Austausch mit anderen Märkten sei wegen der fehlenden Leitungskapazitäten kaum möglich: „Der Preis ist mit den Kosten der Erzeuger nicht zu rechtfertigen.“ Umso problematischer sei es, dass die EEX-Preise fast eins zu eins als Referenz in den Verträgen herangezogen werden und es keine Mengenrabatte gebe.
Die Versorger halten sich zu Preisklauseln bedeckt. Hinter vorgehaltener Hand bestätigen Energiemanager aber, dass es keine Mengenrabatte gebe. Der Strommarkt sei eben mit dem Finanzmarkt vergleichbar, wo große Verbraucher sogar Risikozuschläge bezahlen müssten, heißt es. Rabatte, die etwa in Spanien gewährt würden, seien nur durch staatliche Eingriffe möglich.
Der Großhandelspreis sei nur ein Faktor, ergänzt Richmann. Hinzu kämen die Entgelte für die Nutzung des Stromnetzes, die in Deutschland besonders hoch seien, und die hohen staatlichen Abgaben. Es gebe zwar Härtefallregelungen, diese wirkten aber nur bedingt.
Nach den Worten von Heinz-Peter Schlüter, Vorstandschef des Aluminiumherstellers Trimet Aluminium AG ist dies sogar der entscheidende Wettbewerbsnachteil: Sein Unternehmen müsse allein 2005 rund 7,5 Mill. Euro für Ökosteuer und ähnliche Vorschriften bezahlen. „Als mittelständische Firma haben wir keine Chance, den Standort ins Ausland zu verlagern“, sagt Schlüter, „um so mehr treffen uns die politisch gewollten Lasten.“
HANDELSBLATT, Dienstag, 21. Juni 2005, 08:59 Uhr