war nur ein joke ;-) doch der bericht ist gut!
Kommentar: Der Markt und die bösen Mächte
Von Thomas Fricke, Berlin
Für politische Feinheiten hat die globale Finanzwelt in der Regel wenig übrig. Doch ein Land wie China boomt - und da auch ohne Demokratie.
Und doch legen die Erfahrungen der vergangenen Jahre den Schluss nahe, dass politisch korrupte Regime von Finanzkrisen besonders häufig betroffen sind. Beispiel Thailand oder Indonesien. Fast scheint es, als folge der Markt am Ende einer Art Political Correctness, nach westlicher Vorstellung.
Die Diagnose an sich stimmt, und doch könnte der Rückschluss auf das politische Gewissen der Märkte trügen, wie eine spannende neue Studie der beiden Ökonomen Shang-Jin Wei und Yi Wu vermuten lässt. Die beiden Wissenschaftler gehen darin einer viel schlichteren, ökonomischen Erklärung für die hohe Krisenanfälligkeit der vermeintlich bösen Buben nach. Und sie vermuten, dass diese ganz einfach mit Art und Struktur jener Kapitalströme aus dem Ausland zusammenhängt, die sich für diese Länder als typisch erweisen.
Die Frage, warum korrupte Staaten krisenanfälliger sind als andere, ist ökonomisch von Bedeutung. Seit in Mexiko im Jahre 1994/95 die Währung abstürzte, streiten die Fachleute heftig über die Ursachen derartiger Finanzdebakel. Es folgten Turbulenzen in Asien und Russland, zuletzt in Argentinien. Und nach wir vor stehen sich zwei höchst unterschiedliche Erklärungsmuster gegenüber.
Streit über die Ursachen
Die einen sagen, dass die Länder selbst schuld seien und der Markt eben korrupte Regime und eine falsche Wirtschaftspolitik bestrafe. Die anderen vermuten die eigentlichen Ursachen der Turbulenzen in einer grundsätzlichen Instabilität des weltweiten Finanzsystems. Entsprechend unterschiedlich fallen die Rezepte aus, die seitdem zur Vermeidung künftiger Krisen entworfen wurden.
Was Shang-Jin Wei und Yi Wu jetzt über Korruption und Währungskrisen herausfanden, könnte zur Lösung des Dilemmas beitragen. Zunächst trugen sie anhand von Umfragen bei internationalen Firmen zusammen, wie korrupt es in einzelnen Ländern zugeht. Dann untersuchten sie, wie sich ausländische Kapitalgeber je nach Korruptionsgrad verhalten.
Das Ergebnis wirkt nahe liegend: In korrupten Ländern schrecken Geldgeber vor allem vor längerfristigen Engagements in Firmen, Maschinen oder Anlagen zurück. In Thailand, wo laut Umfragen Bestechungsgelder gängig sind, fallen die Direktinvestitionen relativ niedrig aus, im tugendhafteren Singapur umso höher (siehe Grafik).
Entsprechende ökonometrische Berechnungen der beiden Wissenschaftler für rund 100 Länder ergaben, dass der Zusammenhang selbst unter Abzug anderer Einflussfaktoren wie unterschiedlicher Besteuerungssätze oder Direkthilfen für ausländische Investoren gilt. Würde ein Land vom Korruptionsniveau in Singapur auf das deutlich höhere mexikanische Level wechseln, würde dies die ausländischen Engagements laut Modellrechnung ähnlich stark beeinträchtigen wie eine Anhebung der Grenzsätze zur Unternehmensbesteuerung im Land um 50 Prozentpunkte.
Überraschend ist, dass die vermeintlich bösen Länder deswegen nicht unbedingt auch insgesamt weniger Geld aus dem Ausland bekommen. Im Gegenteil: Die Höhe der Bankkredite steigt den Tests zufolge sogar, je korrupter das betreffende Land ist. In Thailand lagen die Kreditengagements Mitte der 90er Jahre fünfmal so hoch wie die Direktinvestitionen im Land. In Singapur lag die Quote bei lediglich 44 Prozent.
Das Phänomen scheint erklärbar. Ausländische Investoren scheuen längerfristige Realinvestitionen, da sie in korrupten Ländern erfahrungsgemäß stärker als anderswo befürchten müssen, dass ihr Betrieb verstaatlicht wird. Umgekehrt können Banken ihre Kreditengagements leichter wieder zurückziehen. Und, so vermuten Shang-Jin Wei und Yi Wu: Die Kreditgeber zählen aus Erfahrung offenbar darauf, dass Organisationen wie der Internationale Währungsfonds oder westliche Regierungen im Krisenfall mit Geld aushelfen - wie etwa in Mexiko 1995. Dies animiere dazu, selbst in korrupten Ländern und bei hohen Risiken kräftig mitzumischen.
Die Tugendlosen trifft es schneller
Gerade hierin könnte auch die Erklärung dafür liegen, dass korrupte Regime am Ende dann doch stärker krisengefährdet sind als andere. Den Tests der beiden Ökonomen zufolge sind Kreditgeber untreue Gesellen; ausländische Kreditengagements schwankten im Durchschnitt der Jahre 1980 bis 1996 weltweit etwa dreimal so stark wie Direktinvestitionen. Und die Erfahrungen mit Währungskrisen wie dem Asiendebakel 1997/98 haben gezeigt, dass diese Engagements in der Not am schnellsten abgezogen werden. Sprich: Die Gefahr abrupter Krisen war gerade in jenen Ländern besonders hoch, die wie Thailand stärker von Kreditgebern als von Direktinvestoren abhingen. Und das gilt auch heute noch.
Der Befund könnte die hitzigen Debatten um die tieferen Ursachen von Finanzkrisen voranbringen. Denn er führt die bisher konkurrierenden Erklärungen womöglich zusammen - jene vom Eigenverschulden der Länder und jene von den Fehlern im globalen System.
Die Studie von Shang-Jin Wei und Yi Wu lässt kaum Zweifel daran, dass korrupte Regime besonders krisenanfällig sind. Da aber auch tugendhaftere Länder wie etwa Südkorea von Währungskrisen getroffen wurden, liegt die Vermutung nahe, dass die tieferen Ursachen dennoch woanders liegen, etwa in der Instabilität globaler Märkte. Darauf deuten auch die kaum mehr nachvollziehbaren Kapriolen von Euro, Yen oder Dollar in den vergangenen Jahren - allesamt immerhin Währungen höchst demokratischer Staaten.
Vieles spricht für die These, dass auch Tugendhaftigkeit nicht gegen Krisen schützt. Nur werden korrupte Länder eben etwas schneller zum Opfer von Währungsturbulenzen als jene Länder, in denen sich ausländische Direktinvestoren auf längere Sicht engagiert haben.
Mit Political Correctness hat dies allerdings wenig zu tun. Eher mit dem weit schnöderen ökonomischen Kalkül von Investoren und Kreditgebern
Kommentar: Der Markt und die bösen Mächte
Von Thomas Fricke, Berlin
Für politische Feinheiten hat die globale Finanzwelt in der Regel wenig übrig. Doch ein Land wie China boomt - und da auch ohne Demokratie.
Und doch legen die Erfahrungen der vergangenen Jahre den Schluss nahe, dass politisch korrupte Regime von Finanzkrisen besonders häufig betroffen sind. Beispiel Thailand oder Indonesien. Fast scheint es, als folge der Markt am Ende einer Art Political Correctness, nach westlicher Vorstellung.
Die Diagnose an sich stimmt, und doch könnte der Rückschluss auf das politische Gewissen der Märkte trügen, wie eine spannende neue Studie der beiden Ökonomen Shang-Jin Wei und Yi Wu vermuten lässt. Die beiden Wissenschaftler gehen darin einer viel schlichteren, ökonomischen Erklärung für die hohe Krisenanfälligkeit der vermeintlich bösen Buben nach. Und sie vermuten, dass diese ganz einfach mit Art und Struktur jener Kapitalströme aus dem Ausland zusammenhängt, die sich für diese Länder als typisch erweisen.
Die Frage, warum korrupte Staaten krisenanfälliger sind als andere, ist ökonomisch von Bedeutung. Seit in Mexiko im Jahre 1994/95 die Währung abstürzte, streiten die Fachleute heftig über die Ursachen derartiger Finanzdebakel. Es folgten Turbulenzen in Asien und Russland, zuletzt in Argentinien. Und nach wir vor stehen sich zwei höchst unterschiedliche Erklärungsmuster gegenüber.
Streit über die Ursachen
Die einen sagen, dass die Länder selbst schuld seien und der Markt eben korrupte Regime und eine falsche Wirtschaftspolitik bestrafe. Die anderen vermuten die eigentlichen Ursachen der Turbulenzen in einer grundsätzlichen Instabilität des weltweiten Finanzsystems. Entsprechend unterschiedlich fallen die Rezepte aus, die seitdem zur Vermeidung künftiger Krisen entworfen wurden.
Was Shang-Jin Wei und Yi Wu jetzt über Korruption und Währungskrisen herausfanden, könnte zur Lösung des Dilemmas beitragen. Zunächst trugen sie anhand von Umfragen bei internationalen Firmen zusammen, wie korrupt es in einzelnen Ländern zugeht. Dann untersuchten sie, wie sich ausländische Kapitalgeber je nach Korruptionsgrad verhalten.
Das Ergebnis wirkt nahe liegend: In korrupten Ländern schrecken Geldgeber vor allem vor längerfristigen Engagements in Firmen, Maschinen oder Anlagen zurück. In Thailand, wo laut Umfragen Bestechungsgelder gängig sind, fallen die Direktinvestitionen relativ niedrig aus, im tugendhafteren Singapur umso höher (siehe Grafik).
Entsprechende ökonometrische Berechnungen der beiden Wissenschaftler für rund 100 Länder ergaben, dass der Zusammenhang selbst unter Abzug anderer Einflussfaktoren wie unterschiedlicher Besteuerungssätze oder Direkthilfen für ausländische Investoren gilt. Würde ein Land vom Korruptionsniveau in Singapur auf das deutlich höhere mexikanische Level wechseln, würde dies die ausländischen Engagements laut Modellrechnung ähnlich stark beeinträchtigen wie eine Anhebung der Grenzsätze zur Unternehmensbesteuerung im Land um 50 Prozentpunkte.
Überraschend ist, dass die vermeintlich bösen Länder deswegen nicht unbedingt auch insgesamt weniger Geld aus dem Ausland bekommen. Im Gegenteil: Die Höhe der Bankkredite steigt den Tests zufolge sogar, je korrupter das betreffende Land ist. In Thailand lagen die Kreditengagements Mitte der 90er Jahre fünfmal so hoch wie die Direktinvestitionen im Land. In Singapur lag die Quote bei lediglich 44 Prozent.
Das Phänomen scheint erklärbar. Ausländische Investoren scheuen längerfristige Realinvestitionen, da sie in korrupten Ländern erfahrungsgemäß stärker als anderswo befürchten müssen, dass ihr Betrieb verstaatlicht wird. Umgekehrt können Banken ihre Kreditengagements leichter wieder zurückziehen. Und, so vermuten Shang-Jin Wei und Yi Wu: Die Kreditgeber zählen aus Erfahrung offenbar darauf, dass Organisationen wie der Internationale Währungsfonds oder westliche Regierungen im Krisenfall mit Geld aushelfen - wie etwa in Mexiko 1995. Dies animiere dazu, selbst in korrupten Ländern und bei hohen Risiken kräftig mitzumischen.
Die Tugendlosen trifft es schneller
Gerade hierin könnte auch die Erklärung dafür liegen, dass korrupte Regime am Ende dann doch stärker krisengefährdet sind als andere. Den Tests der beiden Ökonomen zufolge sind Kreditgeber untreue Gesellen; ausländische Kreditengagements schwankten im Durchschnitt der Jahre 1980 bis 1996 weltweit etwa dreimal so stark wie Direktinvestitionen. Und die Erfahrungen mit Währungskrisen wie dem Asiendebakel 1997/98 haben gezeigt, dass diese Engagements in der Not am schnellsten abgezogen werden. Sprich: Die Gefahr abrupter Krisen war gerade in jenen Ländern besonders hoch, die wie Thailand stärker von Kreditgebern als von Direktinvestoren abhingen. Und das gilt auch heute noch.
Der Befund könnte die hitzigen Debatten um die tieferen Ursachen von Finanzkrisen voranbringen. Denn er führt die bisher konkurrierenden Erklärungen womöglich zusammen - jene vom Eigenverschulden der Länder und jene von den Fehlern im globalen System.
Die Studie von Shang-Jin Wei und Yi Wu lässt kaum Zweifel daran, dass korrupte Regime besonders krisenanfällig sind. Da aber auch tugendhaftere Länder wie etwa Südkorea von Währungskrisen getroffen wurden, liegt die Vermutung nahe, dass die tieferen Ursachen dennoch woanders liegen, etwa in der Instabilität globaler Märkte. Darauf deuten auch die kaum mehr nachvollziehbaren Kapriolen von Euro, Yen oder Dollar in den vergangenen Jahren - allesamt immerhin Währungen höchst demokratischer Staaten.
Vieles spricht für die These, dass auch Tugendhaftigkeit nicht gegen Krisen schützt. Nur werden korrupte Länder eben etwas schneller zum Opfer von Währungsturbulenzen als jene Länder, in denen sich ausländische Direktinvestoren auf längere Sicht engagiert haben.
Mit Political Correctness hat dies allerdings wenig zu tun. Eher mit dem weit schnöderen ökonomischen Kalkül von Investoren und Kreditgebern