Starke Mägen gefragt

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Starke Mägen gefragt

 
31.08.01 01:55

Starke Mägen gefragt


Von Johannes Reich

Bayer, MG Technologies, die Deutsche Telekom oder MAN. Nach den vielen Skandalnachrichten, mit denen uns Unternehmen des Neuen Markts bereits seit Monaten malträtieren, wird auch die Liste mit großen deutschen Unternehmen länger, die ihre Aktionäre mit Hiobsbotschaften schockieren.

Nicht nur, dass die schwache Konjunktur die Unternehmensergebnisse unter Druck bringt. Hausgemachte Probleme kommen hinzu. Bei Bayer ist es der schreckliche Lipobay-Fall, bei der Deutschen Telekom der Ausverkauf der Aktien durch ehemalige Voicestream-Aktionäre. Bei der MG wird der Streit zwischen Vorstandschef Neukirchen und Großaktionär Happel öffentlich ausgetragen, und MAN deckt Bilanzfälschungen bei der britischen Tochter ERF auf.

Wann kommt die nächste Horrornachricht? Welche Aktie wird als nächste "geschlachtet", fragen sich die Anleger. Viel wichtiger für sie ist aber die Frage: Sind solche "Schlachtfestpreise" Kauf-Gelegenheiten? Es kommt darauf an - lautet die einzig seriöse Antwort! Nur eines ist sicher: Auch solche Schreckensmeldungen gehören zum Börsen-Alltag. In Zeiten wirtschaftlicher Verunsicherung und hypersensibilisierter, nervöser Investoren wirken sie sich jedoch offenbar stärker negativ auf die Aktienkurse aus als in guten Zeiten.

Es kommt auf den Einzelfall an

Die Vermutung drängt sich auf, dass die Aufnahme und Verarbeitung solcher Nachrichten stark von den Wahrnehmungsbedingungen abhängt. Und diese Bedingungen sind gegenwärtig nun einmal nicht die Besten. Was soll man den Anlegern also raten? Wie gesagt - die Antworten werden von Fall zu Fall und von Anleger zu Anleger (je nach "Verdauungsapparat") unter-schiedlich ausfallen. Die Kurse von "geschlachteten" Aktien immer als Kaufkurse zu sehen und sich sogleich über die "Schlachtplatte" herzumachen wäre genauso falsch wie grundsätzlich zu rufen: "Vorsicht - du verdirbst dir den Magen!"

Auch wenn es banal klingen mag: Es kommt auf den Einzelfall und den "Magen" an. Allerdings - und dies darf im Hinblick auf künftige Mahlzeiten durchaus als Hoff-nungszeichen verstanden werden - Zeiten von Konjunkturpessimismus und Börsen-Baisse sind auch Zeiten negativ verzerrter Wahrnehmungen und Befindlichkeiten. Viele haben sich schon den Magen verdorben, und die Wahrscheinlichkeit, dass es negative Übertreibungen gibt, dürfte in vielen Fällen mittlerweile recht groß sein. Der Appetit auf Deftiges wird wieder kommen.

Johannes Reich ist Aktienstratege beim Bankhaus Metzler

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