Stagnation oder Rezession in D?

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Stagnation oder Rezession in D?

 
22.11.01 13:33
22. Nov,12:01 DPA-AFX  

Streit der Volkswirte - Stagnation oder Rezession in Deutschland

FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Volkswirte der großen Banken sind nach der Veröffentlichung der schwachen Konjunkturdaten im 3. Quartal übereinstimmend der Auffassung, dass sich Deutschland in einer "ernsten ökonomischen Situation befindet". Auch das Bundesfinanzministerium räumt nach dem Rückgang des Bruttoinlandsproduktes (BIP) im dritten Quartal um 0,1 Prozent ein, "dass die Risiken für die Konjunkturentwicklung größer geworden sind". Strittig ist bei den Ökonomen derzeit, ob sich die Bundesrepublik bereits in einer Rezession befindet. Für den Chef-Volkswirt der Dresdner Bank, Klaus Friedrich, ist die Lage eindeutig: "Wir sind mitten in der Rezession." Bereits das zweite Quartal habe eine rote Null aufgewiesen, im dritten Vierteljahr sei die gesamtwirtschaftliche Leistung gesunken und für das Schlussquartal 2001 sei ebenfalls eine Schrumpfung des BIP zu erwarten, betonte Friedrich. Der oberste Ökonom der Dresdner Bank lehnt sich dabei an die anglo-amerikanische Definition, wonach von Rezession gesprochen werden kann, wenn in zwei aufeinanderfallenden Quartalen das BIP im Vergleich zu den vorangegangenen drei Monaten abnimmt. COMMERZBANK-CHEFVOLKSWIRT SIEHT NOCH KEINE REZESSION Commerzbank-Chefvolkswirt Ulrich Ramm interpretiert die aktuelle Situation vorsichtiger. "Bei Minusraten im Bagatell-Bereich kann man noch nicht von Rezession sprechen." Diese sei erst gegeben, wenn über eine längere Phase die Kapazitäten unterdurchschnittlich ausgelastet sind. "Das haben wir aber noch nicht." Die jüngsten Daten des Statistischen Bundesamtes zeigten aber, dass die schwache Weltkonjunktur nicht die entscheidende Ursache der Krise ist. Deutschland habe es mit fehlenden Reformen und schwacher Inlandsnachfrage versäumt, selbst als Konjunkturlokomotive Impulse für die Weltwirtschaft zu geben. Lichtblicke sieht Ramm derzeit lediglich in der starken Verringerung der Lagerhaltung. Wenn sich die Stimmung zum Positiven wende, führe dies sehr rasch zu einer effektiven Nachfrage. DEUTSCHE-BANK-ÖKONOMEN SIND VON NIEDRIGEM WACHSTUM BESORGT Für die Volkswirte der Deutschen Bank kommt es weniger auf den Streit um Worte an. Schon die Fakten seien Besorgnis erregend. "Die deutsche Wirtschaft wächst nicht mehr und die Ausrüstungsinvestitionen brechen ein", betonte der Leiter der volkswirtschaftlichen Abteilung, Axel Siedenberg. Auch das Schlussquartal und das erste Vierteljahr 2002 dürften nochmals schwächer ausfallen. Das entscheidende Problem sei die schwache Inlandsnachfrage. Die Außenwirtschaft habe die Konjunktur sogar gestützt. Für das Gesamtjahr 2001 rechnet die Deutsche Bank nur noch mit einem realen Wachstum von 0,5 Prozent. Sowohl Friedrich als auch Siedenberg sehen die aktuell prekäre Lage darin, dass erstmals seit Jahrzehnten in allen wichtigen Regionen - USA, Europa und Japan - gleichzeitig eine Krise herrscht. Die Hoffnungen richteten sich nun auf die USA, die mit massiven Zinssenkungen und Steuerentlastungen eine Lokomotivfunktion für die Weltwirtschaft übernehmen müsse. Eine starke Unterstützung gehe dabei von den gesunkenen Ölpreisen aus. FÜR DZ-BANK-VOLKSWIRT FEHLEN INNERE KRÄFTE, UM DYNAMIK ZU MOBILISIEREN Der Chefvolkswirt der DZ Bank, Michael Heise, sieht zumindest eine "rezessive Tendenz" in Deutschland. "Wir schaffen es nicht, die inneren Kräfte für die Wirtschaftsdynamik zu mobilisieren." Trotz massiver außenwirtschaftlicher Impulse noch vor den Terroranschlägen sei das BIP im Zeitraum Juli bis September zurückgegangen. Auch Heise erwartet einen weiteren Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Leistung im vierten Quartal und in den ersten drei Monaten 2002. Die entscheidenden Impulse zur Besserung könnten nur von den USA kommen. "Es muss schon mit dem Teufel zugehen, wenn die einzigartige Mischung von Notenbank- und Haushaltspolitik keine positive Wirkung zeigt." Der Chef der volkswirtschaftlichen Abteilung der DGZ-Deka Bank, Ulrich Kater, erwartet erst einen positiven Trend in der Jahresmitte 2002. "Wir befinden uns in einer Phase zwischen Stagnation und Rezession." Vor diesem Hintergrund und weiter sinkenden Inflationsraten gebe es für die Europäische Zentralbank (EZB) noch genügend Spielraum, die Leitzinsen weiter zu senken./pa/DP/fn  
 

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