Dienstag, 21. März 2000, 10:54 Uhr
Satellitenregen nach derIridium-Pleite
Washington (dpa) - Selten ließ sich eine Firmenpleite so klar am Sternenhimmel ablesen. 74 Satelliten des gescheiterten weltweiten Mobilfunkprojekts Iridium kreisen zurzeit praktisch sinnlos im Orbit umher und warten auf ihr Ende. Vermutlich wird der riesige Schwarm demnächst nach und nach in einem Satellitenregen auf die Erde niedergehen. Bei der NASA kann sich niemand an ein ähnlich großes «Deorbiting» erinnern.
An klaren Tagen ist jetzt schon von der Erde aus ein kurzes Aufblitzen zu sehen, wenn sich in den großen Reflektoren der Satelliten das Sonnenlicht verfängt. Demnächst könnten die Satelliten-Schar noch sichtbarer werden. Das Pleite gegangene Firmenkonsortium mit dem Mobilfunk-Riesen Motorola an der Spitze will die Satelliten wahrscheinlich abstürzen und in der Atmosphäre verglühen lassen. Vorher sollen sie nach einem Bericht der «Washington Post» noch in eine niedrigere Umlaufbahn gebracht werden.
Bei Motorola hat man sich offiziell noch nicht endgültig über das weitere Vorgehen entschieden. Ein Sprecher erklärte der Nachrichtenagentur dpa, man wolle über das weitere Vorgehen noch beraten und werde demnächst eine Entscheidung treffen. Die Entscheidung dürfte den Motorola-Bossen allerdings auf den Fingern brennen, denn die Kosten für die nutzlose Satellitenschar am Himmel belaufen sich nach Expertenschätzungen auf zehn Millionen Dollar (20 Millionen Mark) im Monat.
Außerdem könnten die teuren Ruinen eine Gefahr für andere, funktionierende Satelliten darstellen. Beim North American Aerospace Defence Command (NORAD), wo alle etwa 9 000 künstlichen Himmelskörper im All verfolgt werden, nimmt man diese Sorge allerdings nicht so Ernst. Die Gefahr eines Zusammenstoßes im All sei sehr gering, sagte ein Sprecher. Doch vermutlich will Motorola einfach kein Risiko eingehen.
Aber auch die Zerstörung der 66 in Erdnähe stationierten Telekommunikations- und der acht Ersatzsatelliten wird nicht ganz billig. Die «New York Times» bezifferte die Kosten auf etwa 50 Millionen Dollar (100 Millionen Mark). Die Satelliten müssten umprogrammiert werden, und in die Atmosphäre gejagt werden. Einige würden vermutlich erst in zwei Jahren auf die Erde stürzen.
Das wäre dann das spektakuläre Ende eines ehrgeizigen fünf Milliarden Dollar teuren Projekts. Die Iridium-Manager hatten universelle Erreichbarkeit auch in den abgelegendsten Punkten der Erde versprochen und auf Millionen Kunden gehofft. Am Ende waren es aber nur etwa 55 000 Kunden, die sich die unhandlichen und teuren Mobilfunkgeräte anschafften. Die sind jetzt ähnlich nutzlos wie die Satelliten.