Im Korruptionsskandal bei Siemens haben interne Ermittler überall im Konzern zahlreiche Hinweise auf Korruption gefunden. Das Fehlverhalten hatte offenbar System: Fast alle Sparten in vielen Ländern sind betroffen. Siemens will nun Ansprüche auf Schadenersatz gegen ehemalige Top-Manager prüfen.
Im Siemens-Korruptionsskandal haben interne Ermittler quer durch den Konzern zahlreiche Verstöße gegen Anti-Korruptionsvorschriften gefunden. Siemens will nun Schadensersatzansprüche gegen ehemalige Vorstandsmitglieder prüfen, berichtete das Unternehmen nach einer Aufsichtsratssitzung.
Nach Untersuchungen der Anwaltskanzlei Debevoise & Plimpton in sechs Siemens-Bereichen seien „in nahezu allen untersuchten Geschäftsbereichen und in zahlreichen Ländern Belege für Fehlverhalten im Hinblick auf in- und ausländische Anti-Korruptionsvorschriften“ gefunden worden, meldete der Konzern.
Die gefundenen Belege umfassten nicht nur „direkte Korruptionsvorfälle, sondern vielfach auch Verletzungen von Vorschriften, die sich auf die internen Kontrollen und die Korrektheit der Dokumentationen beziehen“. Untersucht wurden demnach Entwicklungen solcher Geschäftsvorfälle zwischen 1999 und 2006 und „das Verhalten des Managements bei diesen Geschäftspraktiken“.
Vorgehen gegen frühere Vorstände möglich
Wie es weiter hieß, gelangte der Aufsichtsrat im Hinblick auf einzelne frühere Vorstände zu der Überzeugung, "dass konkrete Schlussfolgerungen derzeit noch nicht möglich und Konsequenzen für Einzelpersonen noch nicht entscheidungsreif sind“. Es sei ein Gebot der Rechtstaatlichkeit, Fairness und Fürsorge vorschnelle Zuordnungen und Schlüsse zu vermeiden, hieß es.
Die Arbeit des früheren Vorstands sei in den vergangenen Wochen besonders untersucht worden. Es habe "unterschiedliche Arten und Grade von Wissen, verantwortungsbewusstem Verhalten und konkreten Handlungen oder Unterlassungen von einzelnen früheren Vorständen gegeben“, berichteten die internen Ermittler.
Zwischen korrektem Verhalten, dem Abschieben von Verantwortung, Nicht-Reaktion oder nicht ausreichendem oder schnellem Reagieren bis zu möglicher Mitwirkung an Compliance-widrigen Aktivitäten gebe es „ein weites Spektrum und mannigfache Schattierungen“.
Der für Anti-Korruptionsregeln zuständige Ausschuss habe den Auftrag erhalten, Schadensersatzansprüche gegen ehemalige Vorstandsmitglieder zu prüfen, teilte Siemens mit. Dem Unternehmen entstand durch die Korruptionsaffäre nach eigenen Angaben bisher ein Schaden von etwa 1,6 Milliarden Euro.
Amnestieprogramm brachte viele Hinweise
Bei ihren internen Ermittlungen bekamen die US-Anwälte den Angaben zufolge zahlreiche Hinweise durch das Ende Februar ausgelaufene Amnestie-Programm des Unternehmens. Die Ermittler nahmen demnach bisher die Kommunikationsparte COM, die Kraftwerksparte (PG), das Geschäft mit Energieverteilung (PTD), mit Verkehrstechnik (TS), die Medizinsparte und das Geschäft mit Industriedienstleistungen unter die Lupe. Auch die Staatsanwaltschaft am Konzernsitz München ermittelt in diesen Bereichen.
Der Mitteilung zufolge entlasteten die internen Ermittler den Prüfungsausschuss des Aufsichtsrates. Laut den US-Anwälten seien Informationen an das Gremium „teilweise in wesentlicher Hinsicht unvollständig oder irreführend“ gewesen.
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Laut Siemens ermitteln Staatsanwaltschaften in vielen Ländern gegen die Siemens AG und aktive oder ehemalige Mitarbeiter wegen des Vorwurfs der Bestechung, Untreue, Korruption, Geldwäsche und Steuerhinterziehung. Auch die US-Börsenaufsicht SEC und das US-Justizministerium haben den Konzern im Visier. Gespräche über einen Vergleich dürften sich "viele Monate hinziehen“, hieß es.
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