von Prof. Dr. Max Otte, IfVB GmbH
Wir Deutschen sind das am höchsten versicherte Volk. Das hängt damit zusammen, dass Deutsche keinerlei Risiko eingehen wollen.
Der Holländer Geert Hofstede hat die Risikobereitschaft von IBM-Angestellten in verschiedenen Ländern untersucht. Sie können sich vielleicht denken, dass Amerikaner oft risikofreudiger sind als Deutsche. Aber auch Engländer, Holländer oder Schweden sind es!
Im Moment laufen bei den Finanzzeitungen Themen gut, die mit "Sicherheit" zu tun haben. Das ist verständlich. Der Mensch ist ein Herdentier, und in der Krise überwiegen die Sorgen, genauso, wie vor drei Jahren die Euphorie überwogen hat. Die gegenwärtige Lage ist auch durchaus dazu angetan, sich Sorgen zu machen. Aber nicht zu viele! Eine rationale Anlagestrategie ist an den Anlageinstrumenten und Zielen ausgerichtet, nicht an der gegenwärtigen Stimmungslage.
Eine Konsequenz unseres Sicherheitsdenkens ist die hohe Zahl von Lebensversicherungen, die wir abschließen. Eigentlich brauchte zumindest in der Vergangenheit bei dem guten deutschen Sozialsystem kaum ein Deutscher eine Lebensversicherung. Dennoch steckt ein größerer Teil unseres Geldes in Versicherungen (21 Prozent) als in Wertpapieren (15 Prozent).
Versicherungen leben gut von unserem Sicherheitsdenken
Eine Risikolebensversicherung ist gewiss sinnvoll, um bestimmte Fälle abzusichern. Die Versicherungsunternehmen verkaufen aber lieber kapitalbildende Lebensversicherungen, bei denen Sie im Erlebensfalle eine bestimmte Summe ausbezahlt bekommen. Das ist nicht anderes als ein Sparplan - und das können Sie auch selber. Nur müssen Sie dann nicht die hohen Gebühren zahlen, die oft zehnmal höher als bei einer Risikolebensversicherung liegen. Denn von diesen hohen Gebühren leben die Gesellschaften fürstlich.
Die Versicherungen machen es auch nicht anders, als Sie es machen würden: sie legen das Geld in Aktien und Immobilien an. Eine gute Lebensversicherung brachte in der Vergangenheit sechs bis sieben Prozent Rendite. Einfache DAX-Werte kamen da im Schnitt auf neun bis 10 Prozent. Vom Sicherheitsgefühl der deutschen Bevölkerung lebten hingegen die Versicherungen sehr gut. Das brachte den Bund der Versicherten dazu, die Lebensversicherung als "institutionalisierten Betrug" zu bezeichnen. Die Versicherungsindustrie klagte dagegen - und verlor. Der Bund der Versicherten darf diese Bezeichnung also weiter verwenden.
Wer sind die solidesten?
Nun wackeln die Renditen vieler Lebensversicherer, da die Aktienportfolios zusammengeschmolzen sind. Bei der Hannoverschen Lebensversicherung haben sogar grobes Missmanagement und Spekulationsgeschäfte das ganze Unternehmen in eine Schieflage gebracht. Zunächst spekulierte das Management an der Börse, und als die Talfahrt des Portfolios nicht mehr zu stoppen war, lösten Sie die stillen Reserven auf und verkauften alle Immobilien. Als dann immer noch Löcher in der Bilanz waren, umgingen Sie die Auflagen des Aufsichtsamts, indem sie in hochspekulative Wertpapiere investierten. Mittlerweile mussten die Vorstände zurücktreten.
Glücklicherweise gibt es eine funktionierende Aufsicht in Deutschland. Aber die früher als ach so solide geltenden Lebensversicherungen wackeln. Nach eine Analyse von Fitch Ratings können die Mannheimer Lebensversicherung, die Familienfürsorge und die Öffentliche Versicherung Braunschweig ihre Gewinnbeteiligung weniger als ein Jahr aus ihren Reserven finanzieren. Bei vielen anderen Versicherungen sind es weniger als achtzehn Monate: HUK-Coburg, Vereinigte Post, DEVK Allgemeine, Quelle, Stuttgarter, Saarland, Inter, Deutsche Ärzteversicherung, Universa, Hannoversche Leben, Provinzial Nord, SV Sachsen, SV Hessen-Nassau-Thüringen, Aspecta.
Die solidesten Lebensversicherungen sind (geordnet nach Rang):
1. Assatel (6,73 Jahre)
2. Lebensversicherung von 1871 (5,73)
3. BHW (5,25)
4. WWK (5,23)
5. Hamburg-Mannheimer (4,79)
6. Europa (4,69)
7. Allianz (3,95)
Die Situation unserer Lebensversicherer zeigt einmal mehr: es gibt keine absolute Sicherheit. Wenn jemand das verspricht, ist irgendwo bestimmt ein Haken. Mit Augenmaß, Realismus und einer guten Strategie lassen sich Risiken minimieren. Es ist allerdings wichtig, dass Sie diese Strategie selber entwickeln und vertreten. Ihr Geld ist Chefsache - Ihre eigene!
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