19.01.2007 12:01:00
Prof. Otte-Kolumne: PRIVATINVESTOR-Interview mit Michael Greve
Michael Greve gründete im Jahr 1995 mit seinem Bruder Matthias das Internetportal WEB.DE entwickelte es in wenigen Jahren vom ersten kommerziellen deutschen Internetverzeichnis zum führenden nationalen Internetportal. Im Jahr 2005 verkauften die Gründer das Portalgeschäft WEB.DE an die United Internet AG. Bruder Matthias ging gleich mit und verantwortet nun als Vorstand bei 1&1 das gesamte Portalgeschäft der United Internet.
Die ehemalige WEB.DE AG firmiert jetzt als ComBOTS AG (WKN:
CMBT11 ) und ist ein mit über 500 Mio. Euro Kriegskasse gut kapitalisiertes Start-Up, das mit einer neuen Idee für die sichere und einfache Kommunikation im Internet – den ComBOTS – erneut Internetgeschichte schreiben will. Zuzutrauen ist es Michael Greve schon: Nach dem Vordiplom brach er sein Studium der Elektrotechnik an der Universität in Karlsruhe ab und war danach ausschließlich unternehmerisch tätig. Als technischer Geschäftsführer der Cinetic GmbH und als CTO der WEB.DE AG hat er mit den Produkten die er mit seinen Teams entwickelt hat, zahlreiche internationale Technologiepreise gewonnen.
Im großen PRIVATINVESTOR-Interview stellt sich Michael Greve den Fragen von Prof. Dr. Max Otte.
PRIVATINVESTOR: Herr Greve, was hat Sie dazu veranlasst, ein gut gehendes und etabliertes Portal zu verkaufen und es noch einmal mit einer neuen Geschäftsidee zu versuchen?
Michael Greve: Der Zeitpunkt war genau richtig. Es war ein sehr gutes Geschäft für das Unternehmen. Mit 1&1 (United Internet) ist der neue Marktführer entstanden und die ComBOTS AG profitiert ganz extrem vom dem 10-prozentigen Paket an der United Internet AG.
PRIVATINVESTOR: …aber Sie müssen ja auch neben dem Super-Geschäft, das Sie gemacht haben, auch noch etwas anderes im Kopf gehabt haben, sonst hätten Sie ja auch ComBOTS liquidieren können. Also, es muss bei Michael Greve noch eine weitere Motivation gegeben haben.
Michael Greve: Absolut. Natürlich. Ich bin Unternehmer, genau wie mein Bruder. Es geht uns darum, Produkte auf den Markt zu bringen und ein Unternehmen aufzubauen. Der Verkauf des Portals brachte für uns – vor allem für mich – die Möglichkeit, sich ganz auf das meines Erachtens wichtige und zukunftsweisende Kommunikationsgeschäft zu konzentrieren. Zudem schafft der Deal natürlich auch die nötige Finanzkraft, um sich auf die Entwicklung eines neuen Produktes konzentrieren zu können.
PRIVATINVESTOR: Nun kommen Sie mit ComBOTS auf den Markt, nach Ihrer Aussage ein revolutionäres Produkt für die Kommunikation im Internet. Was genau ist daran revolutionär?
Michael Greve: Die heutige Kommunikationswelt ist extrem diversifiziert und komplex. Wenn ich als Anwender die ganze Leistungsfähigkeit der neuen Technologien nutzen möchte, muss ich eine Vielzahl von Anwendungen nutzen: e-Mail, Instant Messaging, File Transfer, Photosharing, Skype. Wenn ich das dann noch auf mobile Geräte bringen will, wird es wirklich kompliziert.
ComBOTS will die extreme Leistungsfähigkeit der modernen Technologien auf eine sehr einfache Art und Weise nutzbar machen. Zudem möchten wir Kommunikation auch emotionaler gestalten. Momentan ist Kommunikation aus unserer Sicht der rein textliche Austausch von Informationen. Kommunikation zwischen Menschen ist aber viel mehr. Und genau diese Emotionalität und den Spaß soll ComBOTS zurückbringen.
PRIVATINVESTOR: Können Sie unseren Lesern erklären, wie das mit dem Spaß und der Emotionalität funktionieren soll?
Michael Greve: Ich bin als Teilnehmer durch eine Figur, die ich mir selbst wählen kann, repräsentiert. Das kann entweder eine abstrakte Figur, z. B. eine Glaskugel, sein oder aber auch eine Comicfigur, z. B. ein Roboter, ein Garfield oder SpongeBob. Damit bin ich auch auf dem Desktop meines Freundes oder meines Bekannten zu sehen – und der wiederum durch seine Figur auf meinem Desktop. Beide Figuren sind durch eine direkte 1:1-Verbindung miteinander verbunden und können extrem einfach miteinander kommunizieren. Ich kann zum Beispiel einfach eine Datei von meinem Desktop nehmen und auf die Figur ziehen – sie wird sofort übertragen. Wenn der andere nicht online ist, wird die Datei bei uns zwischengespeichert. Dies funktioniert auch mit großen Datenmengen, zum Beispiel hunderten von Fotos.
PRIVATINVESTOR: Wie ich verstanden habe, ist die Übertragung absolut sicher.
Michael Greve: Ja, die Übertragung ist verschlüsselt. Bei e-Mails und vielen anderen Kommunikationsformen ist das nicht so: diese werden im Klartext übers Internet übertragen und sind sehr anfällig. Bei uns dagegen bleibt die Privatsphäre der Nutzer gewahrt.
PRIVATINVESTOR: Viele Internet-Start-Ups der zweiten Generation – als solches kann man Sie ja fast bezeichnen - sind so erfolgreich, weil Sie die Nutzer aktiv einbeziehen (mySpace.com, iTubes, etc.). Ist so etwas auch bei ComBOTS geplant?
Michael Greve: Diese Portale bauen auf nutzergenerierte Inhalte. Sie haben eine Website, die von vielen Menschen besucht wird, um Inhalte abzurufen, die andere dort eingestellt haben. Das ist ein ganz anderes Geschäftsmodell, als wir es haben. Unser Fokus ist die private Kommunikation, und auch dort nicht "ich mit der ganzen Welt". Wir fokussieren uns auf den einzelnen Nutzer und seine Kommunikation mit seinen engsten fünf Freunden. Wir wollen die Kommunikation mit den wichtigsten Menschen im Leben auf ein neues Niveau heben.
PRIVATINVESTOR: …eine Art virtuelle Familie, sozusagen.
Michael Greve: Ja, genau. Die können Sie auf dem Desktop zusammenbauen. Und mit jedem Menschen auf dem Desktop sind Sie direkt verbunden. Sie können viele Sachen mit einem Klick machen: mit einem Klick anrufen, mit einem Klick eine Nachricht schreiben, mit einem Klick ein Dokument senden. Sie müssen sich keine e-Mail-Adressen mehr merken, keine Telefonnummern…
PRIVATINVESTOR: Ist der Kampf um die Aufmerksamkeit des Endkunden nicht der härteste Kampf überhaupt? Diesen Kampf gehen Sie noch einmal ein. Was macht Sie so zuversichtlich?
Michael Greve: Absolut. Das Vertrauen des Kunden ist das höchste Gut. Die Einladung zu ComBOTS wird ja von Nutzer zu Nutzer weitergegeben. Unsere Nutzer laden ihre Freunde ein. Wenn ich Sie zum Beispiel einladen wollte, würde ich Ihnen meine Figur schicken, und Sie könnten diese akzeptieren – oder auch nicht. Wenn Ihnen das gefällt, würden Sie Ihre Figur an Ihre wichtigsten Freunde weiterschicken. Man erhält ComBOTS also gar nicht von einem Unternehmen, sondern von einem seiner besten Freunde. Das ist eine starke Empfehlung. Deswegen sind wir uns ziemlich sicher, dass viele das Produkt zumindest einmal ausprobieren werden, und damit haben wir schon einmal die erste Hürde genommen.
PRIVATINVESTOR: …virales Marketing.
Michael Greve: Absolut!
PRIVATINVESTOR: Im September 2006 kam die öffentliche Beta-Version von ComBOTS heraus? Wie ist Ihr weiterer Fahrplan?
Michael Greve: Wir machen die öffentliche Beta-Version, um Erfahrungen mit dem Produkt zu sammeln. Es kommen auch jede Woche Nutzer dazu, aber vor allem, um Erfahrungen mit dem Produkt zu sammeln, das wir kontinuierlich weiterentwickeln. Alle zwei Wochen kommen Updates mit neuen Funktionen dazu. In absehbarer Zeit werden wir wesentlich mehr Leute hinzulassen, so dass die virale Verbreitung beginnen kann. Momentan ist die Verbreitung dahingehend eingeschränkt, dass nur ein bestimmter Kreis von Leuten überhaupt andere einladen darf.
PRIVATINVESTOR: …und da können Sie noch nicht sagen, wann es soweit ist?
Michael Greve: Nein, das können wir noch nicht sagen. Wir arbeiten natürlich mit allem Kräften darauf hin und wollen so schnell wie möglich starten. Auf der anderen Seite wollen wir noch die Kleinigkeit ausmerzen, die es auszumerzen gilt. Wenn Sie ComBOTS von einem Freund erhalten, dann muss das Produkt sofort komplett überzeugen.
PRIVATINVESTOR: Im Moment verbrauchen Sie das Geld Ihrer Aktionäre, als ob es den Zusammenbruch der New Economy nie gegeben hätte. In den ersten drei Quartalen des Jahres 2006 weisen Sie einen operativen Verlust von 34 Millionen Euro aus. Wann ist damit zu rechnen, dass das Unternehmen Gewinne schreibt?
Michael Greve: Wir investieren zur Zeit, das ist ganz klar. Wir haben eins der modernsten Rechenzentren Europas gebaut und bereiten uns darauf vor, dass wir wirklich mit einer großen Anzahl Kunden umgehen. Dafür sind natürlich Investitionen notwendig. Wir haben fast das gesamte Unternehmen WEB.DE inklusive Personalwesen, Controlling und den anderen Funktionen an United Internet verkauft. Das muss natürlich auch erstmal neu aufgebaut werden. Der Business Plan sieht vor, dass wir ab 2008 eine schwarze Null schreiben.
PRIVATINVESTOR: Als Unternehmer muss man Visionär sein und sich auch über Widrigkeiten hinwegsetzen können. Das haben Sie ja bereits mehrfach gezeigt. Gäbe es für Sie eine persönliche Reißleine, bzw. eine Verlustschwelle, bei der Sie Ihre jetzige Geschäftsidee nicht weiter verfolgen würden? Gibt es einen solchen "mentalen Stop-Loss".
Michael Greve: Momentan konzentrieren wir uns darauf, das Produkt erfolgreich zu machen und zu fragen: "Woran wollen wir den Erfolg messen?". Und der Erfolg wird sich an den folgenden Fragen messen lassen: 1. Wie viele Leute setzen das Produkt ein? 2. Verbreitet sich das Produkt? 3. Und schließlich: machen wir signifikanten Umsatz mit dem Produkt? Das liegt aber noch in der Zukunft. Wir machen uns keine Gedanken über das Scheitern, sondern darüber, wie wir das Produkt besonders erfolgreich machen können.
Natürlich kann es sein, dass man mit dem ersten Wurf nicht ganz richtig liegt. Dann muss man das machen, was wir derzeit machen oder auch bei WEB.DE schon immer gemacht haben: auf die Nutzer hören. Was müssten wir den Eurer Meinung nach verbessern? Es muss auf jeden Fall nach e-Mail und Messaging irgendetwas Weiterführendes kommen. Und daran arbeiten wir. Es ist notwendig, einen Schritt nach vorne zu machen. Wir haben sehr gute Karten, dass ComBOTS das Produkt ist. Und wir haben die notwendigen Mittel, auch einmal einen Rückschlag wegstecken zu können.
PRIVATINVESTOR: Im Moment sind Ihre liquiden Mittel von 520 Millionen Euro mehr als 20 Prozent höher als Ihre Börsenkapitalisierung von 420 Millionen Euro. Die Combots-Aktie ist also extrem billig zu haben. Womit erklären Sie sich das?
Michael Greve: Es ist genauso, wie Sie es gesagt haben. Ich habe keine Erklärung dafür. Die Zahlen lassen sich relativ einfach ausrechnen, allein die liquiden Mittel liegen 100 Millionen Euro über der aktuellen Marktkapitalisierung. Der Wert des Produkts ist noch gar nicht mit eingerechnet. Wenn wir ein normales Start-up wären, dann hätten wir irgendeinen Wert, nicht einen Wert von Null.
PRIVATINVESTOR: Derzeit haben Sie so gesehen sogar einen negativen Wert!
Michael Greve: Ja, wir haben einen negativen Wert. Wir nutzen die Situation, indem wir unsere eigenen Aktien zurückkaufen. Für uns ist das ein prima Deal. Wenn das Produkt einmal in der Breite da ist, wird der Wert der Aktie sich anpassen. Wir können derzeit nur unsere Geschichte erzählen, den Nutzern draußen erklären, wo die Reise hingehen soll und die Fakten darlegen. Der Markt, wie Sie selber wissen, hat immer Recht. Dem können wir nicht sagen, dass es anders sein muss.
PRIVATINVESTOR: Der Verkauf des Portalgeschäfts WEB.DE an United Internet war ja finanziell ein voller Erfolg. Sie erhielten Aktien und einen 10-prozentigen Anteil an United Internet. Der Wert Ihres Anteils an United Internet ist um 110 Prozent von 354 Millionen Euro auf 524 Millionen Euro gestiegen? Warum erwerben Sie nicht noch mehr Aktien von United Internet?
Michael Greve: Wir kaufen lieber unsere eigenen Aktien, denn die sind deutlich unterbewertet. Damit schaffen wir ja auch für jeden einzelnen Investor Wertsteigerung. Der Deal ist meines Erachtens sogar noch besser für unsere Investoren.
PRIVATINVESTOR: Es gibt wohl wenige Menschen in Deutschland die besser qualifiziert wären, einen Blick in die Zukunft des Internet zu werfen. Derzeit sprechen wir über Web 2.0 Wo stehen wir in zehn Jahren, Herr Greve?
Michael Greve: Wo wir genau stehen, kann ich Ihnen nicht sagen, aber ich habe eine klare Vorstellung davon, wo der Trend hingeht. Ein großer Trend wird sein, dass das Internet absolut mobil werden wird. Was wir jetzt in Ansätzen sehen – z.B. UMTS – ist noch extrem teuer, da gibt es z.B. noch keine Flatrate. Unsere Autos werden Internetzugang haben. Eine ganz interessante Entwicklung wird auch das digitale Papier sein. eBooks, also elektronische Bücher, die ich mit mir herumtragen kann, werden einen noch größeren Einfluss haben als derzeit die MP3 Player. Und der Trend geht ganz klar zur Einfachheit. Wir und andere Firmen arbeiten daran, dass wir diese Kompliziertheit hinter uns lassen. Viele von den Web 2.0 Anwendungen haben sich ja auch die Einfachheit auf die Fahne geschrieben. Die Anwendungen sind dann extrem einfach – sie haben eine Sache, die sie extrem gut machen. Einfachheit und Leistungsfähigkeit kombinieren, das ist der Trend.
PRIVATINVESTOR: Und das zeichnet ja nach Ihren Aussagen auch ComBOTS aus.
Michael Greve: Absolut!
PRIVATINVESTOR: Herr Greve, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
Disclaimer: Das Interview mit Herrn Michael Greve wurde ausschließlich zu Informationszwecken geführt und stellt keine Bewertung seitens PRIVATINVESTOR zum Kauf oder Verkauf der Aktie der ComBOTS AG dar.
Prof. Dr. Max Otte ist Herausgeber des PRIVATINVESTOR (www.privatinvestor.de) und Geschäftsführender Gesellschafter der IFVE Institut für Vermögensentwicklung GmbH. Ziel des Instituts ist die Aktienanalyse und die Entwicklung von Aktienstrategien für Privatanleger.
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Quelle:AKTIENCHECK.DE