Das Kapital: Die Börse hat die Margenerosion noch nicht erkannt
An der Börse zählt nur eins: Was unter dem Strich herauskommt. Ob Telefonaktien eine gute Anlage sind, hängt nicht nur davon ab, ob UMTS ein Erfolg wird. Nein, die Frage ist, ob sich damit Geld verdienen lässt.
Die Signale über den Fortgang der Wirtschaft waren zuletzt so gemischt, wie sie nur sein konnten. Schwache Auftragseingänge und Einkaufsmanagerindizes hüben und drüben des Atlantik einerseits. Steigende OECD-Frühindikatoren für die USA, Kanada und Frankreich andererseits. Der aggregierte Indikator für den gesamten OECD-Raum ist im Juni zum ersten Mal seit Mai 2000 wieder angezogen. Dazu kommt der Juli-Arbeitsmarktbericht in den Staaten, der leicht besser ausgefallen ist als befürchtet. An der Börse sind die Chip-Aktien angesprungen. Und da diese in vielen Endprodukten eingesetzt werden, sehen das einige Analysten als Vorboten eines breiten Kursaufschwungs.
Doch wie es mit der Wirtschaft auch weitergehen mag: die Schatten sind mächtig. Die Gewinnmargen der US-Unternehmen fallen seit Mitte 1997 und sind im ersten Halbjahr 2001 regelrecht eingebrochen. Der Anteil der Gewinne am BIP ist wieder auf das Niveau der 70er Jahre gefallen. Nach der jüngsten Revision der BIP-Zahlen sind die Vorsteuergewinne im vergangenen Jahr nur noch mit 5,7 statt mit 10,3 Prozent gewachsen. Morgan Stanley hat berechnet, dass die Gewinne im S&P 500 zwischen 1995 und 2000 nur um fünf statt um neun Prozent gestiegen wären, wenn die Firmen ihre Mitarbeiter nicht mit Aktienoptionen bezahlt hätten und der starke Aktienmarkt keine Gewinne aus Pensionsmitteln beschert hätte. Interessant ist zudem, dass viele Technologiefirmen Investmentgewinne im vergangenen Jahr noch als operativ ausgewiesen haben, von dieser Praxis aber heute nichts mehr wissen wollen.
Die Daten dieser Woche werden zeigen, dass die Produktivität weit weniger gestiegen ist, als bisher vermutet wurde. Viel spricht dafür, dass aus dem unterstellten Trendwachstum von 2,5 Prozent nichts wird. Die Commerzbank sagt, dass das Produktivitätswachstum immer dann nachlässt, wenn der Anteil der Gewinne am BIP sinkt. Das wäre insofern einleuchtend, als die Firmen auch weniger Geld für Investitionen haben.
Gleichzeitig sind die Stundenlöhne im Juli mit 4,4 Prozent so stark geklettert wie seit April 1998 nicht mehr. Dazu kommen hohe Fixkosten wie Abschreibungen, Zinsen und Mieten sowie das Öl und der starke Dollar. Der Wettbewerb unterdessen bleibt hart.
Die Börse hat das immer noch nicht ganz erkannt. Im Verhältnis zum BIP war der S&P 500 in den 70er und 80er Jahren nie so hoch bewertet wie heute - nicht annähernd.
Comroad
Endlich eine Firma am Neuen Markt, die liefert! Oder wird sich vielleicht doch alles als Luftbuchung herausstellen? Telematik-Spezialist Comroad legt Quartalszahlen vor, als ob die Nachfrageschwäche in der Neuen Ökonomie eine Erfindung sei: Umsatz mehr als verdoppelt auf 19,6 Mio. Euro, Gewinn mehr als verdreifacht auf 3,3 Mio. Euro. Wer sonst kann eine Nettomarge von 17 Prozent vorweisen? Hält die Firma nur annähernd das erwartete Wachstumstempo - 70 Prozent über die nächsten drei Jahre -, ist die Aktie mit einem laufenden KGV von 17 spottbillig.
Übliche Navigationssysteme sagen einem, wie man von Flensburg nach Garmisch kommt. Der Autofahrer in Comroads Telematik-Welt kommuniziert jedoch mit einer Zentrale, die einen Paketboten zum Kunden schickt oder die nächste Baustelle ankündigt. Comroad stattet seine jetzt 36 Partner, die die Telematik-Zentralen betreiben, mit der notwendigen Infrastruktur nebst Endgeräten aus. Die Partner wiederum sollen die Geräte an Taxi-Firmen, Autovermieter, Spediteure und künftig vor allem Private verkaufen; Comroad streicht dafür Lizenzerlöse ein. Damit fangen die Probleme an.
Die Firma ist im Frühjahr ins Gerede gekommen. Scheinumsätze sollen die Zahlen aufblähen. Die Unsicherheit ist noch nicht beseitigt. Comroad macht bislang über 90 Prozent der Erlöse mit den Partnern. Deren Namen verrät Comroad meist nicht, um sie angeblich vor den Wettbewerbern zu schützen. Und die man kennt, haben zwar ehrgeizige Pläne, aber kaum Geld. Im ersten Quartal sind die Umsätze um 14 Mio. Euro gestiegen, die Forderungen um 13 Mio. Euro. Finden die Partner keine Kunden, wird auch Comroad leer ausgehen. Bei der britischen Skynet hat Großvermieter Avis einen Auftrag storniert. Von den geplanten 13.000 Endgeräte-Verkäufen ist Skynet weit entfernt. Fallen mehr Partner aus, dürfte sich Comroads Geldpolster von fast 50 Mio. Euro rasch aufzehren.
Der langfristige Erfolg hängt an den Autobauern. Statten sie ihre Autos mit Telematik aus, weil die Autofahrer das auch tatsächlich wollen, bedeutet das den Durchbruch. Bislang wartet man so gespannt wie vergeblich, dass Comroad hier einen Fuß in die Tür bekommt. Solange müssen Anleger Comroads geheimbündlerischen Art, Geschäfte zu machen, vertrauen. Oder auch nicht.
An der Börse zählt nur eins: Was unter dem Strich herauskommt. Ob Telefonaktien eine gute Anlage sind, hängt nicht nur davon ab, ob UMTS ein Erfolg wird. Nein, die Frage ist, ob sich damit Geld verdienen lässt.
Die Signale über den Fortgang der Wirtschaft waren zuletzt so gemischt, wie sie nur sein konnten. Schwache Auftragseingänge und Einkaufsmanagerindizes hüben und drüben des Atlantik einerseits. Steigende OECD-Frühindikatoren für die USA, Kanada und Frankreich andererseits. Der aggregierte Indikator für den gesamten OECD-Raum ist im Juni zum ersten Mal seit Mai 2000 wieder angezogen. Dazu kommt der Juli-Arbeitsmarktbericht in den Staaten, der leicht besser ausgefallen ist als befürchtet. An der Börse sind die Chip-Aktien angesprungen. Und da diese in vielen Endprodukten eingesetzt werden, sehen das einige Analysten als Vorboten eines breiten Kursaufschwungs.
Doch wie es mit der Wirtschaft auch weitergehen mag: die Schatten sind mächtig. Die Gewinnmargen der US-Unternehmen fallen seit Mitte 1997 und sind im ersten Halbjahr 2001 regelrecht eingebrochen. Der Anteil der Gewinne am BIP ist wieder auf das Niveau der 70er Jahre gefallen. Nach der jüngsten Revision der BIP-Zahlen sind die Vorsteuergewinne im vergangenen Jahr nur noch mit 5,7 statt mit 10,3 Prozent gewachsen. Morgan Stanley hat berechnet, dass die Gewinne im S&P 500 zwischen 1995 und 2000 nur um fünf statt um neun Prozent gestiegen wären, wenn die Firmen ihre Mitarbeiter nicht mit Aktienoptionen bezahlt hätten und der starke Aktienmarkt keine Gewinne aus Pensionsmitteln beschert hätte. Interessant ist zudem, dass viele Technologiefirmen Investmentgewinne im vergangenen Jahr noch als operativ ausgewiesen haben, von dieser Praxis aber heute nichts mehr wissen wollen.
Die Daten dieser Woche werden zeigen, dass die Produktivität weit weniger gestiegen ist, als bisher vermutet wurde. Viel spricht dafür, dass aus dem unterstellten Trendwachstum von 2,5 Prozent nichts wird. Die Commerzbank sagt, dass das Produktivitätswachstum immer dann nachlässt, wenn der Anteil der Gewinne am BIP sinkt. Das wäre insofern einleuchtend, als die Firmen auch weniger Geld für Investitionen haben.
Gleichzeitig sind die Stundenlöhne im Juli mit 4,4 Prozent so stark geklettert wie seit April 1998 nicht mehr. Dazu kommen hohe Fixkosten wie Abschreibungen, Zinsen und Mieten sowie das Öl und der starke Dollar. Der Wettbewerb unterdessen bleibt hart.
Die Börse hat das immer noch nicht ganz erkannt. Im Verhältnis zum BIP war der S&P 500 in den 70er und 80er Jahren nie so hoch bewertet wie heute - nicht annähernd.
Comroad
Endlich eine Firma am Neuen Markt, die liefert! Oder wird sich vielleicht doch alles als Luftbuchung herausstellen? Telematik-Spezialist Comroad legt Quartalszahlen vor, als ob die Nachfrageschwäche in der Neuen Ökonomie eine Erfindung sei: Umsatz mehr als verdoppelt auf 19,6 Mio. Euro, Gewinn mehr als verdreifacht auf 3,3 Mio. Euro. Wer sonst kann eine Nettomarge von 17 Prozent vorweisen? Hält die Firma nur annähernd das erwartete Wachstumstempo - 70 Prozent über die nächsten drei Jahre -, ist die Aktie mit einem laufenden KGV von 17 spottbillig.
Übliche Navigationssysteme sagen einem, wie man von Flensburg nach Garmisch kommt. Der Autofahrer in Comroads Telematik-Welt kommuniziert jedoch mit einer Zentrale, die einen Paketboten zum Kunden schickt oder die nächste Baustelle ankündigt. Comroad stattet seine jetzt 36 Partner, die die Telematik-Zentralen betreiben, mit der notwendigen Infrastruktur nebst Endgeräten aus. Die Partner wiederum sollen die Geräte an Taxi-Firmen, Autovermieter, Spediteure und künftig vor allem Private verkaufen; Comroad streicht dafür Lizenzerlöse ein. Damit fangen die Probleme an.
Die Firma ist im Frühjahr ins Gerede gekommen. Scheinumsätze sollen die Zahlen aufblähen. Die Unsicherheit ist noch nicht beseitigt. Comroad macht bislang über 90 Prozent der Erlöse mit den Partnern. Deren Namen verrät Comroad meist nicht, um sie angeblich vor den Wettbewerbern zu schützen. Und die man kennt, haben zwar ehrgeizige Pläne, aber kaum Geld. Im ersten Quartal sind die Umsätze um 14 Mio. Euro gestiegen, die Forderungen um 13 Mio. Euro. Finden die Partner keine Kunden, wird auch Comroad leer ausgehen. Bei der britischen Skynet hat Großvermieter Avis einen Auftrag storniert. Von den geplanten 13.000 Endgeräte-Verkäufen ist Skynet weit entfernt. Fallen mehr Partner aus, dürfte sich Comroads Geldpolster von fast 50 Mio. Euro rasch aufzehren.
Der langfristige Erfolg hängt an den Autobauern. Statten sie ihre Autos mit Telematik aus, weil die Autofahrer das auch tatsächlich wollen, bedeutet das den Durchbruch. Bislang wartet man so gespannt wie vergeblich, dass Comroad hier einen Fuß in die Tür bekommt. Solange müssen Anleger Comroads geheimbündlerischen Art, Geschäfte zu machen, vertrauen. Oder auch nicht.