Screening-Unternehmen im Aufwind

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Screening-Unternehmen im Aufwind

 
14.03.03 17:52
Schläfers Bruder

Von Lutz C. Kleveman, New York

Von der Terror-Furcht der Amerikaner profitieren derzeit vor allem so genannte Screening-Firmen. Die Privatschnüffler ermitteln im Auftrag von Regierung und Unternehmen, ob sich unter den Mitarbeitern nicht vielleicht der eine oder andere gefährliche Schläfer befindet.
Screening-Unternehmen im Aufwind 971888
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EPA/DPA
GroßbildansichtABC-Experten bei Anthrax-Check: Jeder ist verdächtig
New York - Boombranchen gibt es in den USA derzeit nur wenige. Während der Großteil der Wirtschaft daniederliegt, hat Jim Francis keinen Grund zur Klage. "Unser Geschäft läuft prächtig, gerade seit den jüngsten Terrorwarnungen", sagt der Manager von Kroll Security Services in New York. "Nach den Anschlägen vom 11. September hat sich die Zahl unserer Aufträge verzehnfacht."

Das Beratungsunternehmen Kroll überprüft für öffentliche und private Arbeitgeber die Vergangenheit von deren Mitarbeiter. Auch Job-Bewerber werden unter die Lupe genommen. Kroll und anderen Unternehmen, die ein so genanntes Background Screening anbieten, bescheren neue Sicherheits-Gesetze und die Angst vor "Schläfern" gegenwärtig einen kräftigen Boom.

"Unsere Auftraggeber wollen wissen, wer ihre Mitarbeiter und Zulieferer wirklich sind", erläutert Francis. Zu Krolls Kunden gehören vor allem große, international tätige Konzerne. "Sie fragen sich, ob sie nicht Gefahr durch die Hintertür lassen." Krolls Detektive überprüfen deshalb alle Daten, die ein Mitarbeiter in seinem Lebenslauf angegeben hat. In den Archiven von Amtsgerichten suchen die Screener nach eventuell verschwiegenen Vorstrafen, von zur Auskunft verpflichteten Kreditkartenfirmen erfahren sie, wie ein Mitarbeiter mit Geld umgeht oder ob er Schulden hat.

Schon lange sind Hintergrund-Checks in den USA weitaus üblicher als in Europa. Viele Personalchefs trauen den eingereichten Lebensläufen nicht. Verständlich, denn nach Erfahrung der Screener schwindelt fast ein Drittel aller Bewerber, um sich in ein besseres Licht zu rücken. Ein Zehntel verschweigt gar Haftstrafen. Seit den Terroranschlägen hat sich der Schwerpunkt der Checks allerdings auf die mögliche kriminelle Vergangenheit von Mitarbeitern verlagert.

Zugang zu Regierungs-Datenbanken

  
Screening-Unternehmen im Aufwind 971888IN SPIEGEL ONLINE
 
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· Terror-Versicherung: "Wir schießen ins Dunkle" [€] (15.11.2002)
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Die Bush-Regierung erleichtert den Schnüfflern die Arbeit, indem sie Screening-Firmen neuerdings Zugang zu bislang vertraulichen Daten gewährt. "Die Einwanderungsbehörde lässt uns jetzt ihre Datenbanken und Suchlisten nutzen", sagt Francis. "Da steht zum Beispiel drin, wem schon einmal ein Visum in die USA verweigert wurde, was für uns sehr hilfreich ist."

Der "Patriot Act", das im Oktober hastig vom Kongress verabschiedete Anti-Terror-Gesetz, hat Screening-Firmen ebenfalls neue lukrative Aufgaben beschert. Laut dem Act sind US-Banken neuerdings verpflichtet, Mitarbeiter und neue Kunden einem Hintergrund-Check zu unterziehen. Auch Chemie-Labors müssen alle Angestellten prüfen lassen. Denn wer mit heiklen Substanzen zu tun hat, könnte ja möglicherweise Kampfstoffe für einen Terroranschlag entwickeln. "Aber viele unserer Kunden treten freiwillig an uns heran, weil sie einfach besorgt sind", berichtet Francis. "Kürzlich haben wir einer Universität geholfen, alle ihre ausländischen Studenten zu durchleuchten."

Geldsegen durch Homeland Security

"Nun hoffen die Screening-Unternehmen darauf, dass viel Geld aus dem Budget des neu geschaffenen Ministeriums für Homeland Security zu ihnen durchsickert", sagt Julia Vance, Analystin von Economy.com. Sie schätzt, dass die Branche inzwischen jährlich einen dreistelligen Millionenbetrag umsetzt. Auch in weiteren Bereichen der inneren Sicherheit, etwa im Küstenschutz, werde die Regierung zukünftig Privatunternehmen engagieren. "Keiner kann sagen, wie stark dieser Sektor wachsen wird, aber eines steht fest: er wird wachsen."

Araber werden durchleuchtet

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"Wir haben gesehen, was terroristische Schläferzellen in unserem Land angerichtet haben", sagt Renee Svec, Sprecherin der Screening-Firma HireCheck. "Das darf nicht wieder passieren." Das in Florida ansässige, 200 Mann starke Tochterunternehmen des US-Konzerns First American Corporation baut derzeit eine private Datenbank auf, die die Vorstrafen aller US-Bürger zusammentragen will. Bislang verfügt nur das FBI über eine derartige zentrale, allerdings nicht öffentliche Informationsquelle. "Wir bekommen die Daten von Firmen, die von Gericht zu Gericht fahren und Kopien der Archive aufkaufen", erzählt Svec. Trotz der Wirtschaftskrise habe HireCheck so sein Geschäft im vergangenen Jahr ausgebaut und 26 Millionen Dollar erwirtschaftet.

Besonders Bewerber und Mitarbeiter arabischer Herkunft lassen Auftraggeber von HireCheck prüfen, berichtet Svec. "Wir raten unseren Kunden, gerade bei Menschen aus dem Mittleren Osten sehr vorsichtig zu sein." Um sich gegen mögliche Klagen wegen rassistischer Diskriminierung abzusichern, sollten Firmen zugleich auch Menschen anderer ethnischer Zugehörigkeit durchleuchten. Dass diese Praxis möglicherweise Bürgerrechte verletzt, räumt Svec unumwunden ein. "Tatsächlich zeigen Statistiken, dass Muslime am Arbeitsplatz viel seltener Gewalt anwenden als weiße Männer. Eigentlich ist es ja unfair, jemanden zu prüfen, nur weil er Mohammed heißt. Aber die Entscheidung überlassen wir unseren Kunden."

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